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- Deliktsrecht
§ 823 I BGB C: Weiterfressermangel als Eigentumsverletzung (Anwendbarkeit des Deliktsrechts)
Was versteht man unter einem sog. Weiterfressermangel?
Weiterfressermangel: Mangelhaftigkeit geringfügigen Teils führt zur Beschädigung der Gesamtsache; z.B. defekter Gaszug verursacht Totalschaden des Autos („Gaszugfall“), z.B. defekter Schalter verursacht durch Brand Zerstörung gesamter Anlage („Schwimmschalterfall“)
- Mangelfolgeschaden: Beschädigte Sache führt zur Beschädigung anderer Sache, z.B. Auto mit defekten Bremsen zerstört Garage
In welchen Fällen besteht ein Interesse, den Weiterfressermangel als Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 I BGB zu qualifizieren?
Weiterfressermangel als Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 I BGB
- Problem: Rechtlosstellung, wenn
- Kaufrechtliche Mängelrechte gem. § 438 BGB bereits verjährt (zwei Jahre ab Übergabe)
- Deliktische Ansprüche gem. § 194 ff. BGB noch nicht verjährt (zwei Jahre ab Kenntnis des Mangels)
- Abgrenzung
- §§ 434 ff. BGB schützen Äquivalenzinteresse: Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung
- §§ 823 ff. BGB schützen Integritätsinteresse: Unbeeinträchtigter Fortbestand des vorhandenen Eigentums
- Umstritten, ob Weiterfressermangel als Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 I BGB qualifiziert werden kann
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Kann ein Weiterfressermangel als Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 I BGB qualifiziert werden? Was spricht dafür und was dagegen?
Meinungsstreit über den Weiterfressermangel als Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 I BGB
- M.M.: Käufer von Anfang an mangelhaftes Eigentum verschafft, Resteigentum kann nicht selbständig verletzt werden
- Nicht einzusehen, dass mangelhafte Sache deliktisch weniger geschützt als mangelfreie
- h.L.: Stoffgleichheit als Kriterium nicht geeignet, da dann Hersteller einer von Anfang an unbrauchbaren Sache nicht gem. § 823 BGB haftet, dafür aber Hersteller einer funktionierender Sache mit kleinem Mangel („Je kleiner der Vorwurf desto größer die Haftung“)
- Je größer der Fehler des Produzenten, desto eher wäre Mangel während der Gewährleistungsfrist entdeckt worden
- Rspr.: Beschädigung mangelfreier Restsache ist Eigentumsverletzung, wenn später eingetretener Schaden nicht stoffgleich mit Mangel (Integritätsinteresse)
- Funktional abgrenzbares Einzelteil (z.B. Schalter zur Sicherung der Gesamtsache)
- Mangel wäre mit vertretbarem Aufwand zu beheben gewesen
- Ursprünglicher Mangelunwert verglichen mit späterer Schadenshöhe geringfügig
- Mangel selbst kein gem. § 823 I BGB ersatzfähiger Schaden (vertragliches Äquivalenzinteresse)
Kann ein Weiterfressermangel als Fehler i.S.d. § 1 I 2 ProdHaftG qualifiziert werden?
Weiterfressermangel in der Produzentenhaftung
- Fehler i.S.d. § 1 I 2 ProdHaftG
- Wortlaut „andere Sache“ nicht Beschädigung fehlerhafter Sache selbst
- Funktionell klar abgrenzbares Einzelteil (Teilprodukt) ist „andere Sache“ ⇨ „Weiterfressender Fehler“ möglich
- Einheitlichkeit der Rspr. zu § 823 I BGB und ProdHaftG
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Die Firma F kauft bei Großhändler G eine Reinigungsanlage. Nach der Inbetriebnahme gerät Schmutzöl in Brand, da ein verbauter kleiner Schwimmschalter defekt ist und die Heizdrähte nicht rechtzeitig abschaltet. Da die kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechte bereits verjährt sind, fragt F sich, ob ihr ein Anspruch aus § 823 I BGB zusteht.
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Ziad T.
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