- Zivilrecht
- Schuldrecht Allgemeiner Teil
- Beteiligung Dritter am Schuldverhältnis
Abtretung, § 398 BGB
Kann der Gläubiger seine Forderung an einen anderen übertragen?
Ein Gläubiger kann seine Forderung an einen anderen übertragen. Dieser Vorgang wird als Abtretung oder Zession bezeichnet und ist in § 398 S. 1 BGB geregelt. Dabei wird die Forderung von einem bisherigen Gläubiger auf einen neuen Gläubiger durch Vertrag übertragen. Das bedeutet, dass der ursprüngliche Gläubiger seine Rechtsstellung verliert und der neue Gläubiger an seine Stelle tritt.
Ein wichtiges Prinzip bei der Abtretung ist der Bestimmbarkeitsgrundsatz. Die Forderung muss bei ihrer Entstehung hinreichend bestimmbar sein. Das bedeutet, dass klar sein muss, welche Forderung abgetreten wird. Dies spielt insbesondere bei einer antizipierten Abtretung eine Rolle, also wenn eine Forderung bereits vor ihrer Entstehung abgetreten wird.
Mit der Forderung werden auch Nebenrechte automatisch mitübertragen, wie es in § 401 BGB geregelt ist. Dazu gehören beispielsweise Hypotheken, Pfandrechte oder Bürgschaften, die zur Sicherung der Forderung bestehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass durch Abtretung eine Forderung durch Vertrag auf einen neuen Gläubiger übertragen wird, wobei auch Nebenrechte mit übergehen.
Abtretung / Zession, § 398 1 BGB: Übertragung einer Forderung von einem auf einen anderen Gläubiger durch Vertrag
- Bestimmbarkeitsgrundsatz: Forderung muss bei ihrer Entstehung hinreichend bestimmbar sein (insb. relevant bei antizipierter Abtretung)
- Nebenrechte wie Hypothek, Pfandrecht und Bürgschaft mitübertragen, § 401 BGB
Wie nennt man den alten und den neuen Gläubiger einer Forderung?
Bei einer Abtretung nach § 398 BGB gibt es zwei zentrale Beteiligte: den alten Gläubiger der Forderung und den neuen Gläubiger, an den die Forderung übergeht. Diese beiden Personen werden als Zedent und Zessionar bezeichnet.
Der Zedent ist der alte Gläubiger. Er ist derjenige, der seine Forderung an eine andere Person abtritt. Das bedeutet, dass er seine bisherige Rechtsposition als Forderungsinhaber aufgibt und die Forderung auf den neuen Gläubiger überträgt.
Der Zessionar ist der neue Gläubiger. Er erhält die Forderung vom Zedenten und tritt dadurch an dessen Stelle. Das bedeutet, dass er nun die Forderung gegen den Schuldner geltend machen kann und beispielsweise eine Zahlung verlangen darf.
Um sich die Begriffe besser einzuprägen, gibt es zwei Eselsbrücken. Erstens: „Der Zedent - flennt, der Zessionar - schreit Hurra!“ Damit kannst du dir merken, dass der Zedent etwas verliert, während der Zessionar sich über den Erwerb der Forderung freut. Zweitens: „Der Zedent ist gebend.“ Das hilft dir, denjenigen zu identifizieren, der die Forderung abtritt.
Kurz gesagt: Der Zedent tritt die Forderung ab, der Zessionar erhält sie.
Beteiligte
- Zedent: Alter Gläubiger, Abtretender der Forderung,
- Zessionar: Neuer Gläubiger, an den abgetreten wurde
- Eselsbrücke zur Unterscheidung von Zedent und Zessionar: „Der Zedent - flennt, der Zessionar - schreit Hurra!“
- Eselsbrücke: „Der Zedent ist gebend“
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Was versteht man unter einer Legalzession?
Eine Forderung kann auf verschiedene Weise von einer Person auf eine andere übergehen. In vielen Fällen erfolgt dies durch eine vertragliche Abtretung, also durch eine rechtsgeschäftliche Einigung zwischen dem bisherigen Gläubiger und dem neuen Gläubiger. Doch es gibt auch Fälle, in denen das Gesetz selbst die Übertragung der Forderung anordnet. Dies wird als Legalzession oder Legalabtretung bezeichnet, lateinisch „cessio legis“. Die Legalzession ist also eine Übertragung von Forderungen kraft Gesetzes.
Legalzession / Legalabtretung (lat.: „cessio legis“): Übertragung von Forderungen kraft Gesetz (nicht rechtsgeschäftlich durch Vertrag)
Unter welchen Voraussetzungen ist eine Abtretung wirksam?
Die Abtretung nach § 398 BGB ist ein zentraler Mechanismus im Zivilrecht, um eine Forderung von einem Gläubiger auf einen anderen zu übertragen. Damit eine Abtretung wirksam ist, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein.
Erstens muss ein Vertrag über die Abtretung vorliegen. Nach § 398 S. 1 BGB erfolgt die Abtretung durch eine Einigung zwischen dem bisherigen Gläubiger, dem sogenannten Zedenten, und dem neuen Gläubiger, dem Zessionar.
Zweitens ist erforderlich, dass die Forderung besteht und bestimmbar ist. Eine Abtretung kann nur erfolgen, wenn es überhaupt eine Forderung gibt, die auf den neuen Gläubiger übergehen soll. Zudem muss die Forderung hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Eine unbestimmte oder nicht existierende Forderung kann grundsätzlich nicht wirksam abgetreten werden.
Drittens muss der Zedent zur Abtretung berechtigt sein. Entscheidend ist, dass er tatsächlich Inhaber der Forderung ist. Anders als im Sachenrecht gibt es bei der schuldrechtlichen Forderungsabtretung keinen gutgläubigen Erwerb. Das bedeutet: Wenn jemand eine fremde Forderung abtritt, obwohl er gar nicht der Forderungsinhaber ist, dann erwirbt der Zessionar die Forderung nicht, selbst wenn er gutgläubig war. Der Grund ist, dass es keinen Rechtsscheinträger gibt, auf den sich der Zessionar verlassen könnte.
Viertens darf die Forderung nicht unabtretbar sein. Grundsätzlich sind Forderungen abtretbar, doch es gibt auch unabtretbare Forderungen. Ein Ausschluss der Abtretung kann sich zum Beispiel aus § 399 BGB oder § 400 BGB ergeben.
Eine einfache Eselsbrücke für die Prüfung der Abtretung ist „ABBA“: Abtretungsvertrag, Bestehen der Forderung, Berechtigung des Zedenten und Abtretbarkeit.
Voraussetzungen
- Vertrag über die Abtretung, § 398 1 BGB
- Bestehen der Forderung und Bestimmbarkeit
- Berechtigung des Zedenten: Insb. kein gutgläubiger Forderungserwerb, da kein Rechtsscheinträger
- Abtretbarkeit der Forderung: Keine unabtretbare Forderung, § 399 BGB
- Eselsbrücke: ABBA (Abtretungsvertrag, Bestehen der Forderung, Berechtigung des Zedenten, Abtretbarkeit)
Kann eine Forderung mehrfach an verschiedene Dritte abgetreten werden? Können nachfolgende Zessionare die Forderung gutgläubig erwerben?
Stell dir vor, ein Gläubiger tritt dieselbe Forderung an mehrere verschiedene Personen ab. Wer kann nun die Forderung geltend machen?
Es gilt das Prioritätsprinzip. Sobald eine Forderung ein erstes Mal wirksam abgetreten wurde, gehen alle weiteren Abtretungen ins Leere. Entscheidend ist also, welche Abtretung zuerst wirksam vorgenommen wurde. Die späteren vermeintlichen Zessionare erhalten keine Rechte mehr an der Forderung.
Ein gutgläubiger Erwerb einer bereits abgetretenen Forderung ist grundsätzlich nicht möglich. Der Grund dafür liegt darin, dass Forderungen im Gegensatz zu Sachen keinen Rechtsscheinträger haben, aus dem sich die Berechtigung des Zedenten für den späteren Erwerber ergeben könnte. Anders als beim gutgläubigen Erwerb beweglicher Sachen, bei denen der Besitz als Rechtsscheinträger fungiert, oder beim gutgläubigen Erwerb von Grundstücken, bei dem das Grundbuch den Rechtsschein setzt, fehlt es bei Forderungen an einem vergleichbaren Mechanismus.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht jedoch § 405 BGB vor. Hat der ursprüngliche Gläubiger eine Urkunde über die Forderung ausgestellt, so kann ausnahmsweise ein gutgläubiger Erwerb in engen Grenzen möglich sein. Die Urkunde schafft in diesem Fall den nötigen Rechtsscheinträger, auf den sich der gutgläubige Erwerber verlassen kann.
Besonders sind Fälle der Vorausabtretung, also der antizipierten Abtretung künftiger Forderungen, die erst noch entstehen sollen. Problematisch ist hierbei, was geschieht, wenn dieselbe künftige Forderung mehrmals im Voraus abgetreten wurde. Grundsätzlich entfalten nämlich alle Vorausabtretungen erst dann Wirkung, wenn die Forderung tatsächlich entsteht, sodass sie eigentlich gleichzeitig wirksam werden. Nach ganz herrschender Meinung gilt jedoch trotzdem das Prioritätsprinzip, sodass nur die erste Vorausabtretung wirksam ist und alle späteren ins Leere gehen.
Bei mehrfacher Abtretung gilt also das Prioritätsprinzip. Ein gutgläubiger Erwerb ist grds. nicht möglich.
Bei mehrfacher Abtretung
- Prioritätsprinzip: Nach erster wirksamer Abtretung gehen alle weiteren ins Leere
- Kein gutgläubiger Forderungserwerb, da kein Rechtsscheinträger
- Urkunde über Forderung, § 405 BGB: Rechtsscheinträger besteht ⇨ gutgläubiger Erwerb ausnahmsweise möglich in engen Grenzen
- Besonderheiten bei Vorausabtretung: Antizipierte Abtretung künftiger Forderungen
- Bei mehrfacher Abtretung werden eigentlich alle Abtretungen erst mit Entstehung der Forderung gleichzeitig wirksam
- Aber nach g.h.M. gilt dennoch Prioritätsprinzip: Nur zeitlich erste Abtretung wirksam
Ist es möglich eine Forderung abzutreten, ohne dass der Schuldner davon weiß? Wie ist er dann geschützt, wenn er z.B. an den Zedenten leistet?
Es ist möglich, eine Forderung abzutreten, ohne dass der Schuldner davon erfährt. Dies nennt man stille Zession. Das bedeutet, dass die Abtretung im Hintergrund erfolgt und dem Schuldner nicht mitgeteilt wird. Die stille Zession ist sogar der Regelfall, insbesondere bei der Sicherungsabtretung. Sie ist häufig in der Praxis anzutreffen, zum Beispiel wenn eine Bank als Sicherheit für einen Kredit bestehende Forderungen eines Unternehmens übernimmt, ohne dass die Schuldner dieser Forderungen darüber informiert werden. Damit der Schuldner durch die stille Zession nicht unbillig benachteiligt wird, gibt es besondere Vorschriften zum Schutz des Schuldners in den §§ 404 ff. BGB.
§ 407 BGB regelt, dass der Schuldner weiterhin an den ursprünglichen Gläubiger, also den Zedenten, leisten kann, wenn er nichts von der Abtretung weiß. Das heißt, er kann seine Schuld dann immer noch durch Zahlung an den alten Gläubiger erfüllen, obwohl die Forderung bereits auf den neuen Gläubiger, den Zessionar, übergegangen ist.
§ 404 BGB bestimmt , dass der Schuldner gegenüber dem neuen Gläubiger dieselben Einwendungen geltend machen kann wie gegenüber dem bisherigen Gläubiger. Falls der Schuldner beispielsweise mit dem ursprünglichen Gläubiger eine Stundung vereinbart hatte, kann er sich auch gegenüber dem neuen Gläubiger darauf berufen.
Aus § 406 BGB ergibt sich, dass der Schuldner mit einer Forderung, die ihm gegen den ursprünglichen Gläubiger zusteht, auch gegenüber dem neuen Gläubiger aufrechnen kann. Wenn also der Schuldner noch eine Gegenforderung gegen den ursprünglichen Gläubiger hatte, kann er diese weiterhin nutzen, um seine eigene Verbindlichkeit zu tilgen.
Zentral ist also, dass der Schuldner trotz der Abtretung geschützt bleibt, indem er unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin an den bisherigen Gläubiger leisten, seine Einwendungen erheben und mit Gegenforderungen aufrechnen kann.
Stille Zession möglich: Schuldner wird Abtretung nicht mitgeteilt
- Regelfall, insb. bei Sicherungsabtretung
- Besondere Vorschriften zum Schutz des Schuldners, §§ 404 ff. BGB
- Erfüllung und andere Rechtshandlungen, § 407 BGB: Auch an Zedenten möglich
- Einwendungen, § 404 BGB: Auch ggü. Zessionar möglich
- Aufrechnung, § 406 BGB: Aufrechnung mit Forderung gegen Zedenten auch ggü. Zessionar möglich
Gibt es Forderungen, die nicht abgetreten werden können?
Nicht jede Forderung kann abgetreten werden. Für bestimmte Forderung, die sogenannten unabtretbaren Forderungen, ist die Abtretung ausgeschlossen.
Ein Ausschluss der Abtretung kann sich zunächst aus einer Inhaltsänderung der Forderung ergeben, § 399 Alt. 1 BGB. Das bedeutet, dass die Forderung so eng mit der Person des ursprünglichen Gläubigers verknüpft ist, dass eine Abtretung ihren Inhalt verändern würde. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der höchstpersönliche Anspruch auf Unterhalt.
Daneben kann die Abtretbarkeit auch vertraglich ausgeschlossen werden, § 399 Alt. 2 BGB. Wenn Gläubiger und Schuldner vereinbaren, dass eine Forderung nicht übertragen werden darf, ist eine Abtretung grundsätzlich unwirksam.
Ein weiterer Ausschlussgrund ergibt sich aus der Unpfändbarkeit der Forderung, § 400 BGB. Ist eine Forderung unpfändbar, kann sie auch nicht wirksam abgetreten werden.
Zusätzlich gibt es gesetzlich normierte Abtretungsverbote, beispielsweise in § 473 BGB für den Rückforderungsanspruch des Verpächters oder in § 1153 Abs. 2 BGB für bestimmte Forderungen aus Rechten an Grundstücken.
Wird eine unabtretbare Forderung dennoch abgetreten, geht die Abtretung ins Leere, da kein gutgläubiger Forderungserwerb existiert. Eine Ausnahme gilt jedoch für Kaufleute nach § 354a HGB.
Kurz gesagt: Eine Abtretung ist unwirksam, wenn sie den Forderungsinhalt ändert oder vertraglich ausgeschlossen ist, mit Ausnahme von Geldforderungen im Handelsverkehr.
Unabtretbare Forderung / Ausschluss der Abtretung, § 399 BGB: Wegen Inhaltsänderung oder Ausschluss der Abtretbarkeit
- Abtretung geht ins Leere, da kein gutgläubiger Forderungserwerb
- Ausnahme für Kaufleute, § 354a HGB
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