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Allgemeine Geschäftsbedingungen: AGB-Kontrolle
Wie prüft man AGB auf ihre Geltung?
Nicht jede Klausel, die ein Unternehmen in seinen AGB formuliert, ist entspricht billigerweise den Wertungen des Gesetzgebers, insbesondere mit Blick auf den Verbraucherschutz. Deshalb gibt es eine gesetzliche Kontrolle der AGB, die in drei Schritten erfolgt.
Zuerst muss überhaupt festgestellt werden, ob es sich bei den verwendeten Bedingungen um AGB handelt. Nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind das für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Partei der anderen bei Vertragsschluss stellt. Relevant ist hier auch der Maßstab der AGB-Kontrolle, also insbesondere § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB.
Steht fest, dass AGB vorliegen, folgt die Einbeziehungskontrolle nach § 305 Abs. 2 BGB, also die Frage, ob die AGB überhaupt Vertragsbestandteil geworden sind.
Sind die AGB wirksam einbezogen, folgt die Inhaltskontrolle. Dabei prüft man, ob die Klauseln nach §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, die verschiedene Klauselverbote enthalten.
Merk dir also gut: AGB werden in drei Schritten geprüft – ob es sich überhaupt um AGB handelt, ob sie wirksam einbezogen wurden und ob ihr Inhalt unzulässig ist.
Prüfungsreihenfolge
- Vorliegen von AGB, §§ 305 I 1, 310 III Nr. 1 BGB
- Einbeziehungskontrolle, §§ 305 II, 305c I BGB
- Inhaltskontrolle, §§ 309, 308, 307
Welche Rechtsfolge hat es, wenn AGB nicht einbezogen oder unwirksam sind?
Stell dir vor, du schließt einen Handyvertrag ab und bemerkst später, dass die AGB eine Mindestlaufzeit von drei Jahren vorsehen. Das erscheint dir ungewöhnlich lang – und das zurecht. Die Klausel ist unwirksam, denn § 309 Nr. 9 lit. a BGB erlaubt eine maximale Vertragslaufzeit von nur zwei Jahren. Was passiert nun mit deinem Vertrag? Wird die Klausel einfach auf die zulässigen zwei Jahre reduziert?
Zentral ist hier das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion. Eine unwirksame Klausel wird nicht einfach durch Auslegung auf das zulässige Maß reduziert, denn sonst könnte der Verwender ohne Risiko unangemessene Klauseln formulieren, in der Hoffnung, dass sie vielleicht durchgehen, weil der Rechtsverstoß vom Verbraucher unentdeckt bleibt. Die Mindestlaufzeit im Beispiel wird also nicht einfach auf die maximal zulässigen zwei Jahre angepasst.
Stattdessen greift das dispositive Gesetzesrecht, sofern der Vertrag im Übrigen bestehen bleibt. Das bedeutet, dass an die Stelle der unwirksamen Klausel die gesetzlichen Regelungen treten, die ohne die AGB-Klausel gelten würden, so wie es § 306 Abs. 1 und 2 BGB vorsehen. Allerdings gibt es eine Grenze: Kann der Vertrag ohne die unwirksamen Klauseln nicht mehr sinnvoll aufrechterhalten werden und würde eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei entstehen, ist der gesamte Vertrag nach § 306 Abs. 3 BGB nichtig.
Eine Ausnahme gilt auch wenn die Klausel teilbar ist – also in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil zerlegt werden kann, ohne dass der Sinn der verbleibenden Regelung verloren geht. In diesem Fall bleibt der wirksame Teil bestehen, während der unwirksame Teil gestrichen wird. Hier wird der sogenannte Blue-Pencil-Test angewendet: Man kann sich bildlich vorstellen, dass der unzulässige Teil einfach mit einem blauen Stift durchgestrichen wird, und der verbleibende darauf geprüft wird, ob für sich alleine bestehen bleiben kann.
Die Unwirksamkeit einer Klausel wirkt grundsätzlich nur zugunsten des Verbrauchers. Ein Unternehmer kann sich nicht darauf berufen, um sich aus einem Vertrag zu lösen oder sich Vorteile zu verschaffen. Zusätzlich kann dem Verbraucher gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn er durch die Verwendung unwirksamer AGB einen Schaden erlitten hat.
Unwirksame AGB-Klauseln werden also grundsätzlich nicht auf das zulässige Maß angepasst, sondern durch dispositive gesetzliche Regelungen ersetzt – es sei denn, sie sind teilbar oder machen den gesamten Vertrag unzumutbar.
Rechtsfolge nicht einbezogener oder unwirksamer Klauseln
- Verbot der geltungserhaltenden Reduktion für unwirksame Klausel: Unwirksame Klauseln werden nicht so ausgelegt, dass sie im zulässigen Rahmen bestehen bleiben, sonst kein Risiko für Verwender (der den anderen Teil durch unzulässige Klausel benachteiligt); z.B. einmonatige Frist kann nicht auf drei Monate verlängert werden
- Stattdessen gilt dispositives Gesetzesrecht bei Wirksamkeit des Vertrages im Übrigen, § 306 I, II BGB
- Vertrag aber im Ganzen nichtig, wenn sich ohne AGB unzumutbare Härte ergibt, § 306 III BGB
- Ausnahme bei teilbaren Klauseln („blue-pencil-test“): Wenn Klausel sprachlich und inhaltlich teilbar in wirksamen und unwirksamen Teil, bleibt wirksamer Teil erhalten; wenn ein Teil gestrichen werden kann und restlicher Teil dadurch rechtmäßig wird („blue-pencil-test“); z.B. bei zweistufiger Ausschlussfrist im Arbeitsrecht, wenn nur zweite Frist zu kurz bemessen ist (dadurch Wirksamkeit erster Frist nicht berührt)
- Unwirksamkeit wirkt immer nur zugunsten des Verbrauchers: Unternehmer kann sich nicht darauf berufen
- Ggf. Schadensersatzanspruch des Verbrauchers wegen des Verwendens unwirksamer AGB
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