Logo

Allgemeine Geschäftsbedingungen: Inhaltskontrolle, §§ 307-309 BGB

InhaltskontrolleKlauselverboteUnangemessene BenachteiligungTransparenzgebotGeneralklausel
Aktualisiert vor 11 Tagen

Unter welchen inhaltlichen Voraussetzungen sind AGB-Klauseln unwirksam?

Damit Verbraucher und Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligt werden, unterliegen AGB auch einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB. Doch nach welchen Kriterien wird geprüft, ob eine Klausel wirksam ist oder nicht? Hierfür gibt es eine festgelegte Prüfungsreihenfolge.

Zunächst wird geprüft, ob die Klausel gegen die Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit nach § 309 BGB verstößt. Diese Vorschrift enthält eine Liste von Vertragsbestimmungen, die ohne weitere Abwägung unwirksam sind.

Danach folgt die Prüfung der Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit nach § 308 BGB. Diese Vorschrift enthält Klauseln, die nicht ausnahmslos verboten sind, sondern deren Zulässigkeit vom Einzelfall abhängt.

Im Anschluss erfolgt die letzte Stufe der Kontrolle nach § 307 BGB, nämlich die Prüfung der Generalklausel und des Transparenzgebots. Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine Vertragsklausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung liegt insbesondere dann vor, wenn die Klausel einseitig zum Vorteil des Verwenders wirkt, ohne die Interessen des anderen Vertragspartners ausreichend zu berücksichtigen oder einen angemessenen Ausgleich zu schaffen. Gemäß § 307 Abs. 2 BGB wird eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel angenommen, wenn die Klausel mit dem Grundgedanken einer gesetzlichen nicht mehr zu vereinbaren ist oder wenn darin wesentliche Rechte und Pflichten so einschränkt werden, dass der Vertragszweck gefährdet wird.

Ergänzend gilt das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach müssen AGB-Klauseln klar und verständlich formuliert sein, sonst liegt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung vor. Insbesondere verlangt das Bestimmtheitsgebot, dass Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben sind, dass keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume verbleiben. Dies dient dazu, um zu verhindern, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung seiner bestehenden Rechte abgehalten wird. Klauseln sind so klar und präzise wie möglich zu formulieren, sodass keine vermeidbaren Unklarheiten und Spielräume entstehen.

Prüfungstipp: Begriffe wie „unangemessene Benachteiligung“ musst du immer definieren. Und hier eine Eselsbrücke zur Prüfungsreihenfolge bei der Inhaltskontrolle: Sie ist umgekehrt zur Reihenfolge der gesetzlichen Normierung. Es beginnt mit § 309 BGB, dann folgt § 308 BGB und schließlich § 307 BGB. Merk dir also: Klauselverbote zuerst, Generalklausel zuletzt!

Merke

Prüfungsreihenfolge

  1. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, § 309 BGB
  2. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, § 308 BGB
  3. Generalklausel und Transparenzgebot, § 307 I, II BGB
    • Unangemessene Benachteiligung, § 307 I 1 BGB: Durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchgesetzt, ohne dessen Belange zu berücksichtigen und angemessenen Ausgleich zu gewähren
      • Im Zweifel anzunehmen, § 307 II BGB, wenn mit Grundgedanken einer gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren oder wesentliche Rechte oder Pflichten aus der Natur des Vertrags so eingeschränkt, dass Vertragszweck gefährdet
    • Transparenzgebot, § 307 I 2 BGB: Unangemessene Benachteiligung auch, wenn Regelung nicht klar und verständlich
      • Bestimmtheitsgebot: Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben sein, dass keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume, um zu verhindern, dass Vertragspartner von Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten
      • So klar und präzise wie möglich: Keine vermeidbaren Unklarheiten und Spielräume

    • Begriffe wie „unangemessene Benachteiligung“ immer definieren

  • Eselsbrücke: Prüfungsreihenfolge umgekehrt der Reihenfolge der gesetzlichen Normierung (erst § 309 BGB, dann § 308 BGB, dann § 307 BGB)
  • Im Assessorexamen (zweites Staatsexamen) viel mit Grüneberg arbeiten, nichts auswendig lernen

Welches sind die wichtigsten Verbote im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 309, 308 BGB?

Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB stellt sicher, dass Verbraucher und Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligt werden. Besonders die § 309 BGB enthält wichtige konkrete Klauselverbote, die für Transparenz und Fairness sorgen.

Ein zentrales Verbot betrifft die Einschränkung von Leistungsverweigerungsrechten wie gemäß § 309 Nr. 2 lit. a und lit. b BGB. Diese Regelung schützt Vertragspartner davor, dass ihnen beispielsweise das Recht genommen wird, eine fällige Zahlung zu verweigern, wenn die Gegenseite ihre Leistung nicht ordnungsgemäß erbringt und betrifft die Zurückbehaltungsrechte in den §§ 273 und 320 BGB. Ohne diese Vorschrift könnte sich ein Unternehmen in den AGB vorbehalten, trotz mangelnder Leistung weiterhin Zahlung zu verlangen.

Ein weiteres häufig vorkommendes, aber unzulässiges Verbot betrifft die Aufrechnung gemäß § 309 Nr. 3 BGB. Danach darf ein Kunde nicht daran gehindert werden, eigene Forderungen mit solchen des Vertragspartners zu verrechnen, wenn der Kunde eine unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderung gegen das Unternehmen hat.

Auch die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen unterliegt Beschränkungen. Gemäß § 309 Nr. 5 BGB darf der Verwender in seinen AGB nicht unbegrenzt festlegen, dass im Schadensfall eine fixe Summe als Entschädigung gezahlt werden muss. Eine solche Klausel könnte dazu führen, dass eine höhere Summe gezahlt werden muss, als es für den Schaden angemessen wäre.

Vertragsstrafen unterliegen ebenfalls einer Kontrolle. Nach § 309 Nr. 6 BGB darf einem Vertragspartner nicht pauschal eine Strafe auferlegt werden für den Fall der nicht erfolgten oder verspäteten Abnahme, des Zahlungsverzugs oder der Lösung vom Vertrag.

Besonders problematisch sind Klauseln, die eine Haftung vollständig ausschließen. Nach § 309 Nr. 7 lit. a und lit. b BGB darf die Haftung für Schäden an Leben, Körper und Gesundheit in AGB niemals ausgeschlossen werden. Ebenso unzulässig ist es, eine Haftung für mindestens grobes Verschulden auszuschließen. Ohne diese Regelung könnte ein Unternehmen sich beispielsweise von jeder Verantwortung für erhebliche Pflichtverletzungen freizeichnen, was dem Grundgedanken des Schadensersatzrechts widerspricht.

Auch der Versuch, gesetzliche Rücktritts- oder Kündigungsrechte auszuschließen, ist unzulässig. Nach § 309 Nr. 8 lit. a BGB muss es dem Vertragspartner weiterhin möglich bleiben, sich vom Vertrag zu lösen, wenn das Gesetz entsprechende Rechte einräumt. Ähnlich unzulässig kann die Einschränkung von Mängelrechten sein gemäß § 309 Nr. 8 lit. b BGB. Würde ein Verkäufer in den AGB festlegen, dass der Kunde trotz eines Mangels keine Ansprüche auf Nacherfüllung, Minderung oder Rücktritt hat, wäre dies eine erhebliche Benachteiligung.

Schließlich gibt es noch Beschränkungen hinsichtlich der Laufzeit von Dauerschuldverhältnissen. Nach § 309 Nr. 9 BGB darf ein Vertrag nicht übermäßig lange bindend sein, ohne dass der Vertragspartner die Möglichkeit hat, ihn zu beenden. Dies betrifft insbesondere die Mindeslaufzeiten von Abonnements oder langfristige Dienstleistungsverträge, etwa Handytarifverträge.

Merke

Beispiele unzulässiger Regelungen gem. §§ 309, 308 BGB

  • Einschränkung von Leistungsverweigerungsrechten gem. §§ 320, 273 BGB, § 309 Nr. 2 lit. a, lit. b BGB
  • Aufrechnungsverbot, § 309 Nr. 3 BGB
  • Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen, § 309 Nr. 5 BGB
  • Vertragsstrafe, § 309 Nr. 6 BGB
  • Haftungsausschluss, § 309 Nr. 7 lit. a, lit. b BGB: Soweit Haftung für Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder bei mindestens grobem Verschulden ausgeschlossen
  • Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen, § 309 Nr. 8 lit. a BGB: Soweit gesetzliche Rücktrittsrechte und Kündigungsrechte ausgeschlossen
  • Einschränkung von Mängelrechten, § 309 Nr. 8 lit. b BGB
  • Laufzeiten bei Dauerschuldverhältnissen, § 309 Nr. 9 BGB

Welchen inhaltlichen Voraussetzungen unterliegen AGB, die ggü. Unternehmern verwendet werden?

Während bei der Inhaltskontrolle bei Verbrauchergeschäften die strengen Klauselverbote der §§ 308 und 309 BGB Anwendung finden, sind diese Vorschriften gemäß § 310 Abs. 1 BGB bei Unternehmergeschäften, also wenn beide Vertragsparteien Unternehmer sind, nicht direkt anwendbar.

Das heißt aber nicht, dass Unternehmer schutzlos sind. Denn § 307 BGB gilt auch zwischen Unternehmern. Die in §§ 308 und 309 BGB geregelten Klauselverbote indizieren eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB. Eine Klausel, die nach § 309 BGB gegenüber Verbrauchern unzulässig wäre, wird daher auch im Unternehmergeschäft kritisch geprüft.

Allerdings gibt es hier eine wichtige Einschränkung: Wenn im Handelsverkehr geltende Gewohnheiten und Gebräuche gem. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB bestehen, die eine spezielle Vertragsgestaltung rechtfertigen, dann kann der Schutz reduziert sein.

Gegenüber Unternehmern gelten §§ 308 und 309 BGB also nicht direkt, sie können aber im Rahmen von § 307 BGB als Indizien herangezogen werden.

Merke

Unternehmergeschäfte, § 310 I 1 BGB

  • §§ 309, 308 gelten nicht ggü. Unternehmern, § 310 I 1 BGB: Nur § 307 BGB
  • Doch sie indizieren Verstöße im Rahmen des § 307 BGB auch ggü. Unternehmern, § 310 I 2 Hs. 1 BGB
  • Es sei denn im Handelsverkehr geltende Gewohnheiten und Gebräuche rechtfertigen geringeren Schutz, § 310 I 2 Hs. 2 BGB

Teste dein Wissen

Frage 1/1

Händler H verwendet beim Verkauf an Unternehmer U seine formularmäßigen „allgemeinen Verkaufsbedingungen“. Darin ist ein genereller Haftungsausschluss geregelt. U hält die Klausel für unwirksam gem. § 309 Nr. 7 lit. a, lit b BGB. Zu Recht?

§ 309 BGB gilt nur bei Verbrauchergeschäften.
Nein, weil U Unternehmer ist.
Die Abweichung von § 309 Nr. 7 lit. a, lit b BGB indiziert einen Verstoß gegen § 307 BGB.
Ja, die Klausel ist unwirksam gem. § 309 Nr. 7 lit. a, lit b BGB.
Logo

Deine Lernplattform für mehr Verständnis im Jurastudium

4.9 von 5 Sternen aus 60+ Google-Bewertungen

Lerne mit weiteren Inhalten aus dem Zivilrecht und zum Thema Schuldrecht Allgemeiner Teil.
Erlebe eine neue Lernerfahrung mit kompakten, verlinkten Inhalten in einer interaktiven Plattform.
Spare wertvolle Zeit
mit kompakten Inhalten im Zivilrecht, Strafrecht & Öffentlichen Recht
Entwickle Systemverständnis
durch interaktive Verlinkungen zwischen allen Themen
Trainiere effizient die Anwendung
mit Multiple-Choice-Fallfragen und Fallbeispielen
Lerne auch unterwegs
mit nahtlosem Wechsel zwischen allen Geräten

Das sagen unsere Nutzer

Die Struktur, das Design und der Inhalt der App sind hervorragend. Während meiner Recherche habe ich viele juristische Seiten besucht und sogar einen Kurs bei Jura Academy absolviert. Ehrlich gesagt gefällt mir deine Seite am besten.

Ziad T.

Jurastudent

Z
Lernkarten
2.000+
Nutzer
1.000+
Übungsfragen
2.800+