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Allgemeines und besonderes Schuldrecht

Allgemeines Leistungsstörungsrecht
Aktualisiert vor etwa 12 Stunden

Sind die Regeln des allgemeinen Schuldrechts (etwa über Rücktritt und Schadensersatz wegen Pflichtverletzung) direkt anwendbar, wenn es um einen Mangel bei einem Kauf- oder Werkvertrag geht?

Wenn bei einem Kaufvertrag etwas mit schiefgeht, stellt sich die Frage, ob das allgemeine Leistungsstörungsrecht – etwa zum Rücktritt oder zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung – anwendbar ist oder das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht.

Hierbei ist entscheidend, dass das Gesetz für bestimmte Vertragstypen speziellere Regelungen vorsieht, die Vorrang vor den allgemeinen Regeln haben. Beim Kaufvertrag oder Werkvertrag gibt es ein besonderes Mängelgewährleistungsrecht. Diese speziellen Regelungen verdrängen das allgemeine Schuldrecht. Das bedeutet, dass etwa die Vorschriften über den Schadensersatz wegen Pflichtverletzung aus §§ 280 ff. BGB oder über den Rücktritt aus §§ 346 ff. BGB nicht unmittelbar angewendet werden können. Stattdessen greifen vorrangig die sondergesetzlichen Vorschriften des jeweiligen Vertragstyps.

Allerdings verweist das spezielle Gewährleistungsrecht der einzelnen Vertragstypen oft auf die allgemeinen Regeln des Schuldrechts. So bestimmt beispielsweise § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB für das kaufrechtliche Mängelgewährleistungsrecht, dass die Regeln über den Rücktritt und den Schadensersatz aus dem allgemeinen Schuldrecht entsprechend gelten. Ebenso sieht § 634 Nr. 3 und Nr. 4 BGB für das werkrechtliche Mängelgewährleistungsrecht eine solche Verweisung vor. Dadurch werden die Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts über Pflichtverletzungen und deren Rechtsfolgen doch wieder herangezogen, allerdings nur in den ausdrücklich vorgesehenen Fällen.

Ein Gegenbeispiel ist das mietrechtliche Mängelgewährleistungsrecht in §§ 536 ff. BGB. Hier gibt es keine entsprechenden Verweise aufs allgemeine Schuldrecht, sodass die dortigen Regelungen nicht angewendet werden können. Das Gesetz regelt die Rechtsfolgen von Mängeln im Mietrecht eigenständig.

Zusätzlich zu diesen Verweisungen gibt es für bestimmte Vertragstypen auch inhaltlich abweichende Spezialvorschriften. Ein Beispiel dafür ist die Verjährung kaufrechtlicher Mängelansprüche. Während die allgemeine Verjährungsfrist grundsätzlich drei Jahre beträgt, gilt im Kaufrecht nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB eine verkürzte Frist von nur zwei Jahren.

Eine Verdrängung allgemeiner Normen durch speziellere Regelungen erfolgt nur insoweit, wie das Spezialgesetz tatsächlich Regelungen trifft. Das kaufrechtliche Mängelgewährleistungsrecht regelt zum Beispiel ausschließlich Ansprüche des Käufers wegen Mängeln der Kaufsache. Das bedeutet: Nur in Bezug auf Mängelansprüche des Käufers greift das speziellere Kaufrecht vorrangig. Andere Ansprüche, etwa des Verkäufers oder solche des Käufers, die sich nicht auf Mängel, sondern auf sonstige Pflichtverletzungen beziehen (z. B. verspätete Lieferung, Nebenpflichtverletzungen), unterfallen nicht dem speziellen Mängelgewährleistungsrecht, sondern den allgemeinen Vorschriften des Schuldrechts.

Zentral ist also: Die speziellen Regeln der einzelnen Vertragstypen sind vorrangig, soweit sie Regelungen enthalten, die vom allgemeinen Schuldrecht abweichen.

Merke

Allgemeines Leistungsstörungsrecht und besonderes Gewährleistungsrecht z.B. beim Kaufvertrag oder Werkvertrag

  • Speziellere Regelungen für besondere Vertragstypen verdrängen allgemeines Schuldrecht
  • Daher z.B. Regeln über Schadensersatz wegen Pflichtverletzung gem. §§ 280 ff. BGB oder Rücktritt gem. §§ 346 ff. BGB nicht direkt anwendbar
  • Aber teilweise ordnet spezielles Gewährleistungsrecht Anwendbarkeit allgemeiner Regeln ausdrücklich an durch Verweise aufs allgemeine Schuldrecht
    • z.B. Kaufrechtliches Mängelgewährleistungsrecht, kaufrechtlichem Mängelgewährleistungsrecht in § 437 Nr. 2, Nr. 3 BGB
    • z.B. werkrechtliches Mängelgewährleistungsrecht in § 634 Nr. 3, Nr. 4 BGB
    • Aber z.B. mietrechtliches Mängelgewährleistungsrecht, §§ 536 ff. BGB, enthält keine Verweise aufs allgemeine Schuldrecht
  • Daneben dann aber teilweise Spezialregelungen: z.B. Verjährung kaufrechtlicher Mängelansprüche schon nach zwei Jahren, § 438 I Nr. 3 BGB

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Frage 1/3

A kauft von Händler H ein Auto. Leider besteht ein Defekt an den Bremsen. Deshalb kommt es bei der ersten Fahrt zu einem Unfall. A fordert von H Ersatz der Heilbehandlungskosten. Auf welche Anspruchsgrundlage kann er sich berufen?

§§ 280 I, 433 BGB, wenn der Unfall sich nach der Übergabe des Fahrzeugs ereignet.
§§ 437 Nr. 3, 280 I, 433 BGB, wenn der Unfall sich nach der Übergabe des Fahrzeugs ereignet.
§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB, wenn der Unfall sich während einer Probefahrt vor dem Kauf ereignet.
§ 823 I BGB.
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