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Anfechtung der Vollmachtserteilung
Was passiert, wenn die Vollmacht erfolgreich angefochten wird?
Die Anfechtung einer Vollmachtserteilung kann erhebliche Auswirkungen haben. Wird eine Vollmacht gemäß § 142 Abs. 1 BGB erfolgreich angefochten, ist sie von Anfang an als nichtig anzusehen.
Da die Anfechtung ex tunc wirkt entfällt die Vertretungsmacht nicht nur für zukünftige Rechtsgeschäfte, sondern auch für bereits abgeschlossene Verträge. Da es die Vollmacht rückwirkend rechtlich nie gegeben hat, konnte der Vertreter nicht wirksam für den Vertretenen handeln. Er war also in diesen Fällen bei erfolgreicher Anfechtung ein Vertreter ohne Vertretungsmacht nach den §§ 177 ff. BGB.
Ein Beispiel: Angenommen, A erteilt B eine Vollmacht, ein Auto für ihn zu kaufen. B schließt daraufhin einen Kaufvertrag mit dem Verkäufer V. Später stellt sich heraus, dass A die Vollmacht wegen eines Irrtums über die Qualifikation des B anfechten kann und dies auch tut. Die Anfechtung bewirkt, dass B niemals eine wirksame Vollmacht hatte. Damit hat er als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt.
Zentral ist also, dass durch die rückwirkende Anfechtung der Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt hat, was besondere Haftungsfolgen nach sich ziehen kann.
Rechtsfolge erfolgreicher Anfechtung gem. § 142 I BGB einer Vollmachtserteilung
- Vertretungsmacht erlischt ex tunc
- Da Anfechtung ex tunc rückwirkend sind auch bereits getätigte Geschäfte betroffen: Es bestand keine Vertretungsmacht
- Vertreter insoweit Vertreter ohne Vertretungsmacht, §§ 177 ff. BGB
Was passiert bei einer angefochtenen Innenvollmacht, wenn der Vertreter die Vollmacht bereits ausgeübt hat? Wie sind die Interessen des Geschäftspartners zu berücksichtigen?
Stell dir vor, jemand erteilt einem Vertreter eine Innenvollmacht. Der Vertreter nutzt diese Vollmacht und schließt ein Geschäft mit einem Dritten ab. Später stellt sich heraus, dass bei der Erteilung der Vollmacht ein Irrtum vorlag, und der Vollmachtgeber ficht sie erfolgreich an. Doch was passiert dann mit dem bereits geschlossenen Geschäft?
Hier gibt es zwei Ansichten. Nach einer Meinung kann die Innenvollmacht nachträglich nicht mehr angefochten werden, wenn der Vertreter sie schon ausgeübt hat. Der Grund: Der Geschäftspartner würde sonst Insolvenzrisiko des Vertreters tragen. Würde die Vollmacht nachträglich wegfallen, könnte der Geschäftspartner nur noch den Vertreter selbst nach § 179 BGB in Anspruch nehmen. Falls dieser aber nicht zahlungsfähig ist, geht er leer aus. Zudem hätte der Vollmachtgeber eine zusätzliche Möglichkeit, aus dem Geschäft herauszukommen, was unbillig erscheint. Es besteht außerdem das Argument, dass eine Anscheinsvollmacht, die nur auf dem Rechtsschein beruht, nicht angefochten werden kann – dann sollte das erst recht nicht bei einer tatsächlich rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht möglich sein.
Dies ist dass eine Vollmacht ein einseitiges Rechtsgeschäft ist und von der Wirksamkeit des Vertretergeschäfts theoretisch unabhängig angefochten werden kann. Allerdings wird hier verlangt, dass die Anfechtung wie bei einer Außenvollmacht behandelt wird. Das bedeutet, dass die Anfechtung auch gegenüber dem Geschäftspartner erklärt werden muss, weil sie auf die Vernichtung des Vertretergeschäfts abzielt. In diesem Fall hätte der Geschäftspartner aber nach § 122 Abs. 1 BGB Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens.
Zentral ist also, dass eine nachträgliche Anfechtung der betätigten Innenvollmacht den Geschäftspartner nicht unangemessen benachteiligen darf.
Anfechtung betätigter Innenvollmacht
- Nicht möglich, da sonst Geschäftspartner Insolvenzrisiko des Vertreters hinsichtlich Anspruch aus § 179 BGB trägt; Vertretener hätte dann zusätzliche Anfechtungsmöglichkeit; wenn schon Anscheinsvollmacht nicht anfechtbar, dann erst recht nicht tatsächliche Bevollmächtigung
- Vollmacht als einseitiges Rechtsgeschäft vom Vertretergeschäft unabhängig anfechtbar
- Wie Außenvollmacht behandelt: Anfechtung muss zumindest auch Geschäftspartner erklärt werden gem. § 143 III 1 BGB, da sie auf Vernichtung des Vertretergeschäfts abzielt ⇨ Dieser hat ggf. Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, § 122 I BGB
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