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Anspruchsprüfung
In welcher Reihenfolge werden innerhalb einer Anspruchsgrundlage die im Sachverhalt aufgeworfenen Probleme geprüft?
Wenn du eine Anspruchsgrundlage prüfst, ist es wichtig, die richtige Reihenfolge einzuhalten, um alle relevanten rechtlichen Fragen systematisch zu klären. Warum ist das so? Weil ein Anspruch nur dann tatsächlich besteht und durchgesetzt werden kann, wenn er alle drei Stufen einer Prüfung erfolgreich durchläuft: Entstehung, Fortbestehen und Durchsetzbarkeit.
Der erste Schritt der Anspruchsprüfung ist zu prüfen, ob der Anspruch überhaupt entstanden ist. Hierbei geht es darum, ob die sogenannten tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage vorliegen. Das heißt, in diesem Abschnitt schaust du dir an, ob das Gesetz die Voraussetzungen des Anspruchs erfüllt sieht, etwa ob bei einem Kaufvertrag Angebot und Annahme vorliegen. Außerdem prüfst du, ob möglicherweise rechtshindernde Einwendungen bestehen. Eine solche rechtshindernde Einwendung verhindert, dass der Anspruch überhaupt erst wirksam entsteht, zum Beispiel wenn eine der Parteien geschäftsunfähig ist, die gesetzlich erforderliche Form nicht eingehalten wurde oder der Vertrag gegen die guten Sitten verstößt. Ein Beispiel: Wenn jemand mit 16 ohne Zustimmung der Eltern ein teures Fahrrad kauft, könnte das Geschäft unwirksam sein, weil der Käufer nicht voll geschäftsfähig ist.
Der zweite Schritt bezieht sich darauf, ob der Anspruch nicht erloschen ist. Hier prüfst du, ob der entstandene Anspruch weiterhin fortbesteht oder ob er durch eine sogenannte rechtsvernichtende Einwendung nachträglich zerstört wurde. Solche Einwendungen können zum Beispiel die Erfüllung der Forderung sein, ein Widerruf, die Anfechtung eines Vertrages oder die Unmöglichkeit der Leistung. Stell dir vor, du hast einen Vertrag über die Lieferung eines bestimmten Gegenstandes geschlossen, der dann aber durch höhere Gewalt zerstört wird – in einem solchen Fall könnte der Anspruch durch Unmöglichkeit erloschen sein.
Der dritte und letzte Schritt ist die Frage der Durchsetzbarkeit. Selbst wenn ein Anspruch entstanden ist und nicht erloschen ist, kann es sein, dass er momentan nicht durchsetzbar ist. Das geschieht, wenn sogenannte rechtshemmende Einreden bestehen. Diese Einreden verhindern die Durchsetzbarkeit des Anspruchs, solange sie geltend gemacht werden. Typische Beispiele sind die Verjährung, eine Stundung oder ein Zurückbehaltungsrecht. Angenommen, dir wird Geld geschuldet, aber der Schuldner hat eine Stundungsvereinbarung mit dir getroffen – in diesem Fall kannst du den Anspruch erst nach Ablauf der Stundungsfrist durchsetzen.
Es ist wichtig, dieses Schema immer im Hinterkopf zu behalten, auch wenn du es im fortgeschrittenen Studium nicht mehr explizit Überschriften wie „Anspruch entstanden“ oder „Anspruch nicht erloschen“ in deiner Klausur verwendest, sondern schon in den Überschriften direkt auf die Probleme wie "Vertragsschluss" oder "Anfechtung" abstellst.
Präge dir ein: Ein Anspruch muss entstanden, fortbestehend und durchsetzbar sein, um erfolgreich geltend gemacht werden zu können.
Prüfungsreihenfolge innerhalb einer Anspruchsprüfung
- Anspruch entstanden: Tatbestandliche Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt
- Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs erfüllt
- Keine rechtshindernde Einwendung: Verhindert schon wirksames Entstehen des Anspruchs, z.B. fehlende Geschäftsfähigkeit bzw. Deliktsfähigkeit, Formnichtigkeit, Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit
- Anspruch nicht erloschen: Fortbestehen des Anspruchs
- Keine rechtsvernichtende Einwendung: Zerstört Anspruch nachträglich; z.B. Erfüllung, Widerruf, Anfechtung, Unmöglichkeit, Aufrechnung
- Anspruch durchsetzbar: Rechtliche Durchsetzbarkeit eines bestehenden Anspruchs
- Keine rechtshemmende Einrede: Verhindert momentane Durchsetzbarkeit eines bestehenden Anspruchs; z.B. Verjährung, Fälligkeit, Stundung, Zurückbehaltungsrecht
- Im fortgeschrittenen Studium sollten keine extra Überschriften für „Anspruch entstanden“ usw. gebildet werden, allerdings sollte stets das Schema in Gedanken durchgegangen werden, um keine aufgeworfenen Probleme außer Acht zu lassen
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