- Zivilrecht
- Vertragliche Schuldverhältnisse
- Dienstvertrag, Behandlungsvertrag, Auftrag, Geschäftsbesorgungsvertrag, Maklervertrag
Auftrag, §§ 662 ff. BGB
Was versteht man unter einem Auftrag?
Lass uns über den Auftrag sprechen, der in den §§ 662 ff. BGB geregelt ist. Der Auftrag ist eine unentgeltliche Geschäftsbesorgung. Was heißt das? Zunächst einmal bedeutet Geschäftsbesorgung, dass jemand in einem fremden Rechtskreis handelt. Das ist im Sinne dieser Norm ein weiter Begriff und geht über die Geschäftsbesorgung im Sinne eines Geschäftsbesorgungsvertrags nach § 675 BGB hinaus.
Diese Geschäftsbesorgung unentgeltlich sein. Das ist das zentrale Merkmal des Auftrags. Er ist sozusagen die unentgeltliche Variante des Dienstvertrags oder Werkvertrags. Während beim Dienst- oder Werkvertrag eine Vergütung geschuldet ist, wird der Auftrag ohne Entgelt ausgeführt.
Stell dir beispielsweise vor, deine Chefin bittet dich, während ihres Urlaubs auf ihre wertvolle Perserkatze aufzupassen und sie zu füttern. Da du das für sie kostenlos machst, handelst du im Rahmen eines Auftrags nach §§ 662 ff. BGB. Andere Beispiele für den Auftrag sind etwa unentgeltliche Arbeitsverträge oder wenn du für einen Freund eine Behördensache kostenlos erledigst.
Die zentrale Botschaft ist: Der Auftrag ist die unentgeltliche Geschäftsbesorgung in einem fremden Rechtskreis und damit die unentgeltliche Variante von Dienst- oder Werkvertrag.
Auftrag, §§ 662 ff. BGB: Unentgeltliche Geschäftsbesorgung, d.h. jedes Handeln in fremdem Rechtskreis (weiter als Geschäftsbesorgung i.S.d. § 675)
- Unentgeltliche Variante von Dienstvertrag oder Werkvertrag, z.B. auch unentgeltliche Arbeitsverträge
Was kann der Auftraggeber vom Beauftragten herausverlangen?
Stell dir vor, du beauftragst einen Freund, für dich ein Zugticket zu kaufen, und gibst ihm dafür im Voraus Geld. Dein Freund findet zufällig ein besonders günstiges Schnäppchen-Angebot und kauft deshalb das Ticket deutlich günstiger als ursprünglich geplant. Nun entscheidet er sich spontan, das günstige Ticket lieber selbst zu nutzen, und behält außerdem den überschüssigen Restbetrag ein. In dieser Situation greifen die Herausgabeansprüche des Auftraggebers nach § 667 BGB.
Einerseits muss der Beauftragte gemäß § 667 Alt. 2 BGB grundsätzlich alles herausgeben, was er zur Ausführung des Auftrags vom Auftraggeber erhalten hat. Nur soweit er dieses Geld bestimmungsgemäß verwendet hat, darf er es behalten. Die Beweislast dafür trägt allerdings der Beauftragte. Bezogen auf unser Beispiel bedeutet das: Dein Freund müsste dir den restlichen Betrag zurückgeben, der vom ursprünglich übergebenen Geld nach dem Ticketkauf übrig geblieben ist, da er diesen Restbetrag eben nicht bestimmungsgemäß für das Ticket ausgegeben hat.
Andererseits trifft den Beauftragten auch die Pflicht, alles herauszugeben, was er direkt aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Hierbei muss der Vermögensvorteil allerdings gerade aufgrund der Ausführung des Auftrags entstanden sein, nicht lediglich anlässlich des Auftrags. Trinkgeld, das der Beauftragte nebenbei erhält, darf er daher zum Beispiel behalten. Einen unmittelbaren Vorteil wie das Zugticket muss er jedoch herausgeben. In unserem Fall müsste dein Freund also zusätzlich auch das Ticket an dich übergeben, da er es unmittelbar durch die Erledigung deines Auftrags erworben hat.
Merk dir: Der Beauftragte muss sowohl das zur Ausführung des Auftrags erhaltene, sofern er es nicht bestimmungsgemäß verwendet hat, als auch das unmittelbar daraus Erlangte an den Auftraggeber herausgeben.
Herausgabeansprüche des Auftraggebers, § 667 BGB
- Von zur Ausführung Erhaltenem, § 667 Alt. 1 BGB: Es sei denn bestimmungsgemäß verwendet (Beweislast bei Beauftragtem)
- Von aus Geschäftsbesorgung Erlangtem, § 667 Alt. 2 BGB: Nicht nur anlässlich Geschäftsbesorgung, z.B. nicht Trinkgeld; aber z.B. Flugmeilen
Was kann der Beauftragte vom Auftraggeber ersetzt verlangen? Sind auch Schäden ersatzfähig?
Der Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten ist in § 670 BGB geregelt. Danach kann der Beauftragte vom Auftraggeber Ersatz für Aufwendungen verlangen, die er für erforderlich halten durfte.
Aber was ist mit Schäden, die dem Beauftragten entstehen? Sind die auch ersatzfähig? Es gibt hier zwei Meinungen.
Teilweise wird vertreten, dass Schäden analog zu § 670 BGB ersatzfähig sind, wenn es sich um geschäftsbesorgungstypische Risiken handelt. Der Gedanke dahinter ist, dass der Beauftragte diese Gefahr freiwillig übernommen hat, indem er den Auftrag angenommen hat. Daher sollen die Vorschriften über den Schadensersatz, also die §§ 249 ff. BGB, analog angewendet werden. Gegen diese Ansicht wird aber eingewandt, dass sich der Beauftragte der Möglichkeit des Schadenseintritts häufig nicht bewusst ist. Sie ist daher abzulehnen,
Die zweite Meinung stützt sich auf den Grundsatz der Risikozurechnung bei Tätigkeit in fremdem Interesse aus den Rechtsgedanken des § 110 HGB. Danach hat der Auftraggeber das spezifische Schadensrisiko zu tragen, weil der Beauftragte ja in seinem Interesse tätig wird. Daher sollen die §§ 249 ff. BGB über den Schadensersatz direkt angewendet werden.
Einen Streitentscheid ist hier aber regelmäßig entbehrlich, denn beide Meinungen kommen letztlich zum gleichen Ergebnis, nämlich dass Schäden des Beauftragten ersatzfähig sind. Nur vom allgemeinen Lebensrisiko muss man abgrenzen: Ersatzfähig sind nur Schäden aufgrund einer qualitativen Gefahrerhöhung, zum Beispiel wenn der Beauftragte eine gefährlichere Strecke nehmen musste. Eine rein quantitative Gefahrerhöhung, etwa wenn der Beauftragte doppelt so viele Strecken zurücklegen musste, reicht dagegen nicht aus.
In einem Satz zusammengefasst: Der Beauftragte kann vom Auftraggeber Ersatz für erforderliche Aufwendungen nach § 670 BGB verlangen und nach dem Rechtsgedanken des § 110 HGB auch Ersatz für Schäden, die ihm bei der Ausführung des Auftrags entstanden sind.
Aufwendungsersatzanspruch des Beauftragten, § 670 BGB: Ersatz von Aufwendungen, die Beauftragter für erforderlich halten durfte
Ersatzfähigkeit von Schäden
- Ersatzfähigkeit von Schäden analog § 670 BGB, wenn geschäftsbesorgungstypische Risiken, da Beauftragter auch diese Gefahr freiwillig übernommen ⇨ §§ 249 ff. BGB analog
- Beauftragter ist sich Möglichkeit des Schadenseintritts häufig nicht bewusst
- Grundsatz der Risikozurechnung bei Tätigkeit in fremdem Interesse aus Rechtsgedanken des § 110 HGB: Auftraggeber hat spezifisches Schadensrisiko zu tragen ⇨ §§ 249 ff. BGB direkt
- Streitentscheid entbehrlich, da beide Meinungen zum gleichen Ergebnis kommen
- Nur von allgemeinem Lebensrisiko abzugrenzen: Qualitative Gefahrerhöhung, z.B. gefährlichere Strecke; ≠ quantitative Gefahrerhöhung, z.B. doppelt so viele Strecken
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