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Beschränkte Geschäftsfähigkeit, §§ 106 ff. BGB
Wer ist beschränkt geschäftsfähig? Wie unterscheidet sich die Geschäftsfähigkeit Minderjähriger von der Deliktsfähigkeit?
Kinder wachsen nach und nach in die Welt der Verträge und rechtlichen Verpflichtungen hinein. Doch ab wann können sie eigentlich rechtsverbindliche Erklärungen abgeben? Genau darum geht es bei der beschränkten Geschäftsfähigkeit.
Nach § 106 BGB sind Minderjährige zwischen sieben und siebzehn Jahren beschränkt geschäftsfähig. Das bedeutet, dass sie zwar grundsätzlich Rechtsgeschäfte vornehmen können, aber diese oft der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter, in der Regel der Eltern, bedürfen.
Ein Beispiel: Ein zwölfjähriges Kind kauft sich ein teures Fahrrad. Ohne die Zustimmung der Eltern kommt kein wirksamer Kaufvertrag zustande. Stimmen die Eltern später zu, wird das Geschäft rückwirkend gültig. Lehnen sie es ab, bleibt die Erklärung unwirksam und das Kind muss das Fahrrad zurückgeben.
Wichtig ist die Abgrenzung zur Deliktsfähigkeit, die in § 828 BGB geregelt ist. Während es bei der Geschäftsfähigkeit um die Fähigkeit geht, selbstständig rechtlich wirksame Verträge abzuschließen, betrifft die Deliktsfähigkeit die Frage, ob ein Minderjähriger für einen Schaden haftet. Hier kommt es nicht allein auf das Alter an, sondern auf die Einsichtsfähigkeit. Kinder unter sieben Jahren sind generell deliktsunfähig, während Minderjährige zwischen sieben und achtzehn Jahren haften, wenn sie die Tragweite ihres Handelns erkennen konnten.
Merk dir: Minderjährige zwischen sieben und siebzehn Jahren sind beschränkt geschäftsfähig.
Beschränkt Geschäftsfähige, § 106 BGB: Minderjährige von 7 bis 18 Jahre
- Deliktsfähigkeit, § 828 BGB: Minderjähriger verantwortlich, wenn einsichtsfähig, d.h. Verantwortlichkeit nur soweit Tragweite des Handelns eingeschätzt werden kann
Welche Rechtsfolgen hat die beschränkte Geschäftsfähigkeit?
Ein 16-Jähriger kauft sich ohne Zustimmung seiner Eltern ein teures Fahrrad. Ist der Kaufvertrag wirksam? Diese Frage führt uns direkt zu den Rechtsfolgen der beschränkten Geschäftsfähigkeit nach den §§ 106 ff. BGB.
Grundsätzlich benötigen Minderjährige für Rechtsgeschäfte, die ihnen einen rechtlichen Nachteil bringen, die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters. Diese Zustimmung kann entweder vorher als Einwilligung oder nachträglich als Genehmigung erteilt werden. Ein rechtlicher Nachteil liegt beispielsweise dann vor, wenn der Minderjährige eine Verpflichtung eingeht, also etwas zahlen oder leisten muss.
Es gibt aber auch Rechtsgeschäfte, die der Minderjährige ohne Zustimmung vornehmen kann. Dazu gehören lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte, bei denen er keine Verpflichtungen eingeht, sondern nur Rechte erwirbt. Ein Beispiel wäre eine Schenkung, bei der der Minderjährige etwas geschenkt bekommt, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Solche Geschäfte sind sofort wirksam. Umstritten ist, ob auch rechtlich neutrale Geschäfte zustimmungsfrei wirksam sind. Die herrschende Meinung bejaht dies. Sie argumentiert, dass eine teleologische Reduktion des § 107 BGB geboten sei, weil der Minderjährige in solchen Fällen keinen Schutz benötigt. Außerdem wird auf den Gedanken des § 165 BGB verwiesen: Wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger als Vertreter wirksam handeln kann, dann muss er auch neutrale Geschäfte tätigen können.
Ein rechtlich nachteilhaftes Geschäft kann ein beschränkt Geschäftsfähiger auch dann wirksam abschließen, wenn er zuvor die Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters erhalten hat. Liegt diese vorherige Zustimmung vor, ist das Geschäft gemäß § 107 BGB wirksam.
Komplizierter wird es bei rechtlich nachteilhaften Geschäften, die ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters abgeschlossen wurden. Solche Geschäfte sind zunächst schwebend unwirksam nach §§ 107 f. BGB. Das bedeutet, dass sie erst mit der nachträglichen Genehmigung des gesetzlichen Vertreters wirksam werden gemäß § 108 Abs. 1 BGB. Erfolgt die Genehmigung, gilt das Geschäft rückwirkend als wirksam. Wird die Genehmigung verweigert, ist das Geschäft endgültig unwirksam.
Der Vertragspartner kann den gesetzlichen Vertreter zur Genehmigung auffordern. In diesem Fall kann die Genehmigung nur noch ihm gegenüber erklärt werden nach § 108 Abs. 2 S. 1. BGB. Erfolgt innerhalb von zwei Wochen keine Erklärung, gilt die Genehmigung als verweigert gemäß § 108 Abs. 2 S. 2 BGB.
Wird der Minderjährige volljährig, kann er selbst entscheiden, ob er das Geschäft genehmigen möchte, § 108 Abs. 3 BGB. Das Geschäft wird also nicht automatisch mit der Volljährigkeit wirksam, sondern es bedarf einer ausdrücklichen Genehmigung durch den nunmehr Volljährigen.
Zusammengefasst: Minderjährige brauchen für rechtlich nachteilhafte Geschäfte eine Zustimmung in Form der vorherigen Einwilligung oder nachträglichen Genehmigung, während lediglich vorteilhafte und neutrale Geschäfte ohne Zustimmung wirksam sind.
Rechtsfolgen: Geschäfte die einen rechtlichen Nachteil (z.B. Zahlungspflicht) für den beschränkt Geschäftsfähigen begründen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (vorherige Einwilligung oder nachträgliche Genehmigung)
- Lediglich rechtlich vorteilhaftes oder rechtlich neutrales Geschäft (weder vorteilhaft noch nachteilhaft) ohne Einwilligung
- Wirksam
- Auch rechtlich neutrales Geschäft zustimmungsfrei wirksam
- Teleologische Reduktion des § 107 BGB, da kein Schutz nötig
- Gedanke des § 165 BGB: Wenn schon Vertretung durch beschränkt geschäftsfähigen Vertreter möglich, muss er auch neutrale Geschäftige tätigen können
- Rechtlich nachteilhaftes (nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes) Geschäft ohne Einwilligung
- Schwebend unwirksam, §§ 107 f. BGB
- Bei Erteilung der Genehmigung ex tunc wirksam, § 108 I BGB
- Bei Verweigerung der Genehmigung ex tunc endgültig unwirksam
- Aufforderung zur Genehmigung durch Geschäftspartner möglich: Dann Genehmigung nur ihm ggü., § 108 II 1 BGB; Genehmigung wird als verweigert fingiert, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen erklärt wird, § 108 II 2 BGB
- Wird Minderjähriger unbeschränkt geschäftsfähig ist er für Genehmigung zuständig, § 108 III BGB: Geschäft nicht automatisch wirksam, sondern muss durch ehemals Minderjährigen genehmigt werden
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Wem muss eine Willenserklärung zugehen, die einem beschränkt Geschäftsfähigen gegenüber abzugeben ist?
Stell dir vor, du möchtest einem Minderjährigen eine wichtige Erklärung zukommen lassen, etwa eine Kündigung oder ein Angebot. Doch reicht es aus, wenn der Minderjährige selbst diese Erklärung erhält, oder muss sein gesetzlicher Vertreter sie ebenfalls bekommen? Genau das regelt § 131 Abs. 2 BGB.
Grundsätzlich gilt, dass eine Willenserklärung, die gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen abgegeben wird, erst mit Zugang bei seinem gesetzlichen Vertreter wirksam wird. Das bedeutet, dass es nicht genügt, wenn der Minderjährige die Erklärung liest oder hört. Erst wenn zum Beispiel seine Eltern oder sein Vormund die Erklärung erhalten, gilt sie als zugegangen.
Allerdings gibt es zwei wichtige Ausnahmen: Zum einen, wenn die Willenserklärung für den beschränkt Geschäftsfähigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn ihm jemand ein Geschenk macht, das keine Verpflichtungen mit sich bringt. Dann kann die Erklärung direkt mit Zugang bei ihm wirksam werden. Zum anderen, wenn der gesetzliche Vertreter vorher seine Einwilligung erteilt hat. Das kann beispielsweise passieren, wenn die Eltern einem Kauf zustimmen und der Minderjährige dann selbst die Vertragsannahme erhält. Dann ist der Zugang direkt bei ihm ausreichend.
Kurz gesagt: Eine Willenserklärung gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen muss grundsätzlich seinem gesetzlichen Vertreter zugehen – außer sie ist nur vorteilhaft oder mit vorheriger Einwilligung erteilt.
Zugang von Willenserklärungen ggü. beschränkt Geschäftsfähigen, § 131 II BGB
- Willenserklärung muss grds. gesetzlichem Vertreter zugehen, § 131 II 1 BGB
- Zugang grds. erst mit Zugang bei gesetzlichem Vertreter
- Es sei denn Willenserklärung lediglich rechtlich vorteilhaft oder Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, § 131 II 2 BGB
- Dann Zugang mit Zugang beim beschränkt Geschäftsfähigen
Wie verhält es sich, wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger ein einseitiges Rechtsgeschäft ohne Einwilligung vornimmt?
Ein beschränkt Geschäftsfähiger kann auch ohne vorherige Einwilligung nachteilhafte Verträge schließen, wenn eine nachträgliche Genehmigung durch die gesetzlichen Vertreter erfolgt. Das ist bei einseitigen Rechtsgeschäften anders. Dazu gehören beispielsweise eine Anfechtung oder eine Kündigung. Hier zählt die Rechtssicherheit besonders, sodass eine bloße nachträgliche Genehmigung nicht ausreicht. Stattdessen muss bereits vorher eine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter vorliegen.
Das bedeutet: Wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger beispielsweise einen Mietvertrag kündigt, ist diese Kündigung nur dann wirksam, wenn die Eltern vorher zugestimmt haben. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam, selbst wenn die Eltern später einverstanden wären.
Eine Ausnahme gibt es aber, wenn der Geschäftsgegner mit der Vornahme des Geschäfts durch den Minderjährigen auch ohne vorherige Einwilligung einverstanden ist. In diesem Fall wird ausnahmsweise eine analoge Anwendung der Regelungen zur nachträglichen Genehmigung angenommen. Das könnte zum Beispiel relevant sein, wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger ein Mietverhältnis kündigt und der Vermieter ausdrücklich zustimmt, dass die Kündigung auch ohne vorherige Einwilligung der Eltern wirksam sein soll. Dann könnte die Kündigung doch noch wirksam werden.
Kurz gesagt: Einseitige Rechtsgeschäfte eines beschränkt Geschäftsfähigen sind ohne vorherige Einwilligung der Eltern grundsätzlich unwirksam, es sei denn, der Geschäftsgegner stimmt ausdrücklich zu.
Bei einseitigen Rechtsgeschäften (z.B. Anfechtung, Kündigung) im Interesse der Rechtssicherheit nur Einwilligung, nicht nachträgliche Genehmigung möglich (§§ 108 f. BGB nur bei „Vertragsschluss“)
- Außer Geschäftsgegner mit Vornahme ohne Einwilligung einverstanden ⇨ §§ 108 f. BGB analog
Darf zur Erfüllung von Verbindlichkeiten direkt an beschränkt Geschäftsfähige geleistet werden?
Stell dir vor, ein Jugendlicher kauft sich ein Fahrrad. Der Kaufvertrag ist wirksam, wenn die Eltern zustimmen. Doch was passiert, wenn der Verkäufer das Fahrrad übergibt? Darf er direkt an den Jugendlichen leisten oder muss er sich an die Eltern wenden?
Grundsätzlich erlischt eine Forderung nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung. Dabei handelt es sich um einen Realakt, also nicht um eine Willenserklärung. Dennoch kann ein beschränkt Geschäftsfähiger nicht ohne Weiteres als Empfänger einer Erfüllung auftreten, weil seine Eltern als gesetzliche Vertreter für seine Vermögensangelegenheiten zuständig sind. Zur elterlichen Sorge nach § 1626 BGB gehört auch die Vermögenssorge. Deswegen wird § 107 BGB auf den Realakt analog angewendet. Der beschränkt Geschäftsfähige hat keine Empfangszuständigkeit für die Leistung.
Das Verfügungsgeschäft selbst ist für den Jugendlichen in der Regel lediglich rechtlich vorteilhaft. Ein Beispiel wäre die Übereignung des Fahrrads – sie verschafft dem Jugendlichen einen Vorteil, ohne dass eine Verpflichtung entsteht. Er wird also jedenfalls Eigentümer des Fahrrads.
Aber erlischt dadurch auch sein Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus dem Kaufvertrag? Das betrifft das zugrunde liegenden Schuldverhältnis, bei dem der Leistende durch die Verfügung die gegen ihn gerichtete Forderung des Minderjährigen durch Erfüllung zum Erlöschen bringen möchte. Weil dies aber für den Minderjährigen rechtlich nachteilhaft ist, braucht es eine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter oder die Leistung muss direkt an sie erfolgen. Andernfalls bleibt die Schuld bestehen.
Bei der Erfüllung wird also § 107 BGB analog angewandt.
Erfüllung ggü. beschränkt Geschäftsfähigem, § 362 I BGB: Keine Willenserklärung, sondern Realakt; aber wegen Sorgerecht der Eltern, § 1626 BGB, analog § 107 BGB keine Empfangszuständigkeit
- Verfügungsgeschäft wirksam, wenn lediglich rechtlich vorteilhaft, z.B. Übereignung
- Schuldrechtliche Forderung erlischt nicht, da analog § 107 BGB Einwilligung oder Erfüllung ggü. gesetzlichem Vertreter erforderlich
Dürfen Erziehungsberechtigte im Voraus in jegliche Geschäfte aller Art einwilligen?
Stell dir vor, Eltern wollen es ihrem beschränkt geschäftsfähigen Kind möglichst einfach machen und erklären ihm: "Du darfst ab jetzt alle Verträge, die du möchtest, ohne unsere Zustimmung abschließen." Wäre das möglich?
Eine solche pauschale Vorausgenehmigung wird als Generalkonsens bezeichnet. Das Problem dabei ist, dass sie die gesetzlichen Regelungen zur beschränkten Geschäftsfähigkeit unterlaufen würde. Denn wenn Erziehungsberechtigte ihrem Kind im Voraus eine generelle Einwilligung für alle möglichen Geschäfte erteilen könnten, würde das im Ergebnis dazu führen, dass der Minderjährige rechtlich wie ein voll Geschäftsfähiger behandelt wird. Das aber widerspricht dem Schutzgedanken des Gesetzes, das Minderjährige davor bewahren soll, unbedachte oder zu weitreichende Verträge abzuschließen.
Natürlich können Eltern in bestimmte Vertragsabschlüsse vorab einwilligen, wenn sie etwa sagen: "Du darfst dir mit von deinem Geburtstagsgeld jedes Buch in der Kinderabteilung kaufen." In diesem Fall wäre eine beschränkte Einwilligung für eine bestimmte Art von Geschäft erteilt worden. Aber eine völlig uneingeschränkte Erlaubnis für jedes nur denkbare Geschäft ist nicht möglich.
Wichtig ist also: Eltern können zwar im Einzelfall oder für bestimmte Arten von Geschäften eine Einwilligung erteilen, aber keine unbegrenzte Zustimmung für alle möglichen Verträge im Voraus.
Generalkonsens: Generelle Einwilligung darf nicht im Voraus für Geschäfte aller Art unbegrenzt erteilt werden, da sonst gesetzliche Regelung umgangen und Minderjähriger wie Geschäftsfähiger gestellt wird
Sind Geschäfte wirksam, die ein Minderjähriger aus eigenen Mitteln erfüllt, z.B. mit seinem Taschengeld?
Eltern geben ihren Kindern oft Taschengeld, damit sie selbstständig kleinere Einkäufe tätigen können. Doch was passiert, wenn ein Minderjähriger mit seinem Taschengeld etwas kauft? Ist dieser Kaufvertrag dann gültig? Genau hier greift der sogenannte Taschengeldparagraf in § 110 BGB.
Nach § 110 BGB ist ein von einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen geschlossener Vertrag dann wirksam, wenn er die vollständige geschuldete Leistung bereits aus eigenen Mitteln erbracht hat. „Bewirkt“ bedeutet dabei, dass die Zahlung vollständig erfolgt sein muss. Eine Ratenzahlung oder eine erst später erfolgende Zahlung reicht also nicht aus, weil der Minderjährige dann nicht auf einmal aus seinen eigenen Mitteln geleistet hätte.
Ein Beispiel: Ein 14-Jähriger kauft sich aus seinem eigenen Ersparten ein Skateboard für 50 Euro und bezahlt dies direkt an der Kasse. Das Geschäft ist damit nach § 110 BGB wirksam. Anders wäre es, wenn er mit dem Verkäufer vereinbart, das Skateboard in drei Raten zu je 20 Euro abzuzahlen. Da er die Leistung dann nicht sofort und vollständig erbracht hat, wäre der Vertrag nicht sofort wirksam, sondern würde der Zustimmung der Eltern bedürfen.
Die Überlassung eigener Mittel stellt eine besondere Form der Einwilligung dar, einen sogenannten beschränkten Generalkonsens. Das bedeutet, dass die Eltern ihrem Kind generell erlauben, bestimmte Arten von Geschäften abzuschließen, dabei jedoch konkludent gewisse Einschränkungen bestimmen. Ausgeschlossen ist etwa der Kauf von Alkohol, gefährlichen Gegenständen oder der Abschluss krimineller Geschäfte. Die Erlaubnis ist auf das beschränkt, was als vernünftig gilt.
Kurz gesagt: Damit ein Kaufvertrag nach § 110 BGB wirksam ist, muss der Minderjährige ihn sofort und vollständig aus eigenen Mitteln bezahlen.
„Taschengeldparagraf“, § 110 BGB: Geschäft wirksam, wenn Minderjähriger gesamte Vertragsleistung bereits aus eigenen Mitteln bewirkt hat (An- und Ratenzahlung dokumentieren, dass nicht sofort aus eigenen Mitteln erfüllbar)
- Beschränkter Generalkonsens: Spezialfall der Einwilligung unter Ausschluss bestimmter Geschäfte (z.B. Alkohol, kriminelle Handlungen; konsentiert was im Rahmen des „Vernünftigen“)
Wenn ein beschränkt Geschäftsfähiger mit überlassenen Mitteln etwas anderes erwirbt, kann er damit weitere Rechtsgeschäfte tätigen?
Ein beschränkt Geschäftsfähiger kann mit überlassenen Mitteln grundsätzlich eigene Rechtsgeschäfte tätigen. Doch was passiert, wenn er mit diesen Mitteln nicht direkt etwas kauft, sondern erst einen Gegenstand erwirbt und diesen dann weiterveräußert oder eintauscht? Hierbei handelt es sich um sogenannte Surrogatgeschäfte.
Surrogatgeschäfte liegen vor, wenn der beschränkt Geschäftsfähige aus den ursprünglich erhaltenen Mitteln einen Ersatzgegenstand erwirbt und anschließend mit diesem Ersatz ein weiteres Rechtsgeschäft abschließt. Ein Beispiel: Ein 16-Jähriger bekommt von seinen Eltern 5 Euro, um sich eine Zeitschrift zu kaufen. Nachdem er die Zeitschrift erworben hat, tauscht er sie mit einem Freund gegen ein anderes Magazin. Ist dieser zweite Tauschvertrag wirksam?
Die entscheidende Frage ist, ob das zweite Geschäft noch von der ursprünglichen Einwilligung oder dem Taschengeldparagraphen gedeckt ist. Das ist durch Auslegung zu ermitteln. Wenn das zweite Geschäft mit den ursprünglichen Mitteln hätte bewirkt werden können, gilt es meistens als mitkonsentiert, also von der ursprünglichen Einwilligung umfasst.
Wäre das ursprüngliche Geschäft jedoch nicht ausreichend gewesen, um das zweite Geschäft direkt abzuschließen, so ist das Surrogatgeschäft nicht von der ursprünglichen Einwilligung gedeckt. Ein Beispiel: Der Jugendliche kauft sich von seinem Taschengeld ein Los für einen Euro und gewinnt damit 3.000 Euro. Mit diesem Gewinn kauft er sich ein Moped. Da er mit den ursprünglich überlassenen Mitteln – dem einen Euro – niemals direkt ein Moped hätte kaufen können, ist das zweite Geschäft nicht mehr von der ursprünglichen Einwilligung umfasst und damit ohne Zustimmung der Eltern unwirksam.
Zentral ist also, dass das Surrogatgeschäft nur dann wirksam ist, wenn es sich noch im Rahmen des ursprünglich erlaubten Geschäfts bewegt.
Surrogatgeschäfte: Aus überlassenen Mitteln wird ein Ersatz erworben, anschließend wird mit diesem Ersatz ein weiteres Rechtsgeschäft durchgeführt; z.B. Zeitschriftenkauf, danach Zeitschrift gegen andere getauscht
- Regelmäßig ergibt Auslegung, dass zweites Rechtsgeschäft mitkonsentiert (von ursprünglicher Einwilligung umfasst), wenn es mit ursprünglichen Mitteln hätte bewirkt werden können; z.B. nicht, wenn Moped gekauft für 3.000€ mit Losgewinn aus Los für 1€
Kann ein beschränkt Geschäftsfähiger einen anderen vertreten?
Kann ein Minderjähriger einen anderen rechtlich vertreten? Auf den ersten Blick könnte man denken, dass dies nicht ohne weiteres möglich ist, weil ein beschränkt Geschäftsfähiger nur unter bestimmten Voraussetzungen selbst wirksame Verträge schließen kann. Doch das Gesetz sieht hier eine Besonderheit vor.
Nach § 165 BGB kann ein beschränkt Geschäftsfähiger als Vertreter auftreten. Entscheidend ist, dass der Vertreter nicht in eigener Person handelt, sondern nur für eine andere Person Rechtsgeschäfte vornimmt. Die Rechtsfolgen treffen gar nicht den Minderjährigen, daher muss er auch nicht geschützt werden.
Ein Beispiel macht das klar: Ein Sechzehnähriger soll für seinen volljährigen Freund in dessen Namen ein Fahrrad kaufen. Dass der Sechzehnährige eigene Verträge grundsätzlich nur mit Zustimmung seiner Eltern eingehen kann, spielt hier keine Rolle. Denn er handelt nicht für sich, sondern für den volljährigen Freund, der ihn bevollmächtigt hat. Wenn der 16-Jährige also im Rahmen dieser Vollmacht einen wirksamen Kaufvertrag abschließt, ist dieser Vertrag für den Freund bindend, unabhängig davon, dass der Vertreter erst 16 Jahre alt ist.
Vertretung gem. §§ 164 ff. BGB auch durch beschränkt Geschäftsfähige möglich, § 165 BGB
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A ist sieben Jahre alt. Ohne seine Eltern zu fragen, kauft er sich mit Geld seiner Eltern ein Spielzeug. Als seine Eltern dies herausfinden, sind sie nicht begeistert. Ist der Kaufvertrag wirksam?
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