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Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch, § 1004 I BGB
Wozu dient der Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch aus § 1004 I BGB?
Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch, § 1004 I BGB: Abwehr von Beeinträchtigungen des Eigentums, die nicht in der Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes bestehen (dafür dient § 985 BGB)
Welche Tatbestandsvoraussetzungen hat der Anspruch aus § 1004 I BGB?
Voraussetzungen
- Anspruchsteller ist Eigentümer
- Eigentumsbeeinträchtigung bei Geltendmachung oder bevorstehend: Einwirkung auf die dem Eigentum innewohnende Herrschaftsmacht des Eigentümers aus § 903 BGB
- Ideelle (ästhetische, z.B. Bordell auf Nachbargrundstück) oder negative Beeinträchtigung (z.B. Abhalten von Licht / Fernsehwellen)
- Insb. Einwirkungen vom Nachbargrundstück: z.B. Lärm, Überwuchs, Wurzelwachstum, Nadeln, Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts; z.B. nicht Entzug von Luft und Licht („Verschattung“)
- Keine Duldungspflicht, § 1004 II BGB: Rechtswidrigkeit durch Rechtsgutsverletzung indiziert
- Anspruchsgegner ist Störer
- Handlungsstörer: Person, auf deren Willen der beeinträchtigende Zustand zurückgeht (adäquat kausale Verursachung)
- Zustandsstörer: Person, von deren Willen Beseitigung abhängig (Herrschaft über gefahrbringende, störungsverursachende Sache); wertende Zurechnung, bloßes Eigentum regelmäßig nicht ausreichend (zurechenbar insb. Feuerausbrüche, Wasserrohrbrüche und Wurzelüberwuchs)
- Beeinträchtigung durch Naturgewalten ohne Mitverursachung
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Was kann der Eigentümer gem. § 1004 I BGB verlangen?
Rechtsfolgen
- Anspruch auf Beseitigung des beeinträchtigenden Zustands, § 1004 I 1 BGB: Beseitigung der unmittelbaren Fortwirkung der Beeinträchtigung
- Wiederherstellung (Schadensersatz) früheren Zustandes; z.B. nur Entfernung Unfallwagen, nicht Wiederaufbau überfahrener Zaun ⇨ Schadensersatz z.B. § 823 I BGB
- Anspruch auf Unterlassung bei Wiederholungsgefahr, § 1004 I 2 BGB: Objektive, auf Tatsachen gegründete, ernstliche Besorgnis weiterer, nicht zu duldender Störungen; Eigentümer beweispflichtig, doch bei vorangegangener Störung regelmäßig vermutet ⇨ vom Störer zu entkräften
Was musst du über die geschichtliche Entwicklung des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs wissen?
Rechtsgeschichte: Aus dem römischen Recht (lat.: „actio negatoria“; dt.: „Eigentumsfreiheitsklage“)
Schützt der Anspruch aus § 1004 I BGB auch andere Rechtsgüter als das Eigentum?
Quasinegatorischer Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruch, §§ 823 ff. i.V.m. § 1004 I 2 analog
- Analoge Anwendung auf sonstige deliktisch geschützte Rechtsgüter: Andere als Eigentum, z.B. berechtigter Besitz, allgemeines Persönlichkeitsrecht, Anwartschaftsrecht, Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
- Um Rechtsschutzlücken zu schließen: Nicht von § 1004 umfasst ⇨ nur Schadensersatzanspruch aus §§ 823 ff., keine Abwehr im Vorfeld möglich
Hat der Eigentümer noch einen Anspruch, wenn er die Beeinträchtigung i.S.d. § 1004 I BGB bereits beseitigt hat?
Wenn Störung selbst beseitigt
- Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen aus GoA, §§ 683, 670 BGB: Auch-fremdes Geschäft, soweit Störer von Verbindlichkeit gem. § 1004 I BGB befreit wird
Hat der Eigentümer auch einen Anspruch, wenn die Beeinträchtigung i.S.d. § 1004 I BGB gar nicht zu verhindern war?
Wenn Verhinderung nicht möglich war aus besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
- Ggf. subsidiärer Schutz aus nachbarrechtlichem Ausgleichsanspruch, analog § 902 II 2 BGB
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A und B sind Nachbarn. Nahe ihrer Grundstücksgrenze stehen der Apfelbaum des A und der Birnbaum des B. Der Apfelbaum des A ragt mit seinen Zweigen weit ins Grundstück des B hinein. A schneidet ihn bewusst nicht zurück, um den B zu ärgern. Als B nach einiger Zeit ebenfalls aufhört, seinen Baum zu beschneiden und auch der Birnbaum über die Grundstücksgrenze wächst, verlangt A von B Beseitigung dieser Störung aus § 1004 I BGB. Zu Recht?
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Ziad T.
Jurastudent