- Strafrecht
- Vermögensdelikte
- Betrug, Untreue und ähnliche Delikte
Betrug: Vermögensschaden im Detail
Was versteht man unter einem Vermögensschaden beim Betrug?
Kausal verursachter Vermögensschaden: Wirtschaftlich (≠ immaterielle) wertvolle Vermögenspositionen geschädigt oder gefährdet (keine zivilrechtliche Verfügung oder nur Willenserklärung erforderlich)
- Gesamtsaldierung (Saldierungsprinzip): Vergleich der Vermögenslagen vor und nach Verfügung; Vermögen muss insgesamt gemindert werden (Geschädigter „ärmer werden“)
- Kein Schaden, wenn durch mindestens gleichwertige wirtschaftliche Position kompensiert, z.B. gleichwertige Kaufsache erhalten (womöglich aber individueller Schadenseinschlag)
- Aber ggf. trotz Kompensation Schaden, wenn individueller Schadenseinschlag: Ausnahmsweise Schaden nicht nur objektiv bestimmt, sondern persönliche Umstände des Opfers berücksichtigt
- Aber Schaden trotz Kompensation durch Ausgleichsansprüche z.B. von Versicherung („reparatio damni“), da § 263 sonst leerlaufen würde
- Schaden muss quantifizierbar / bezifferbar sein: z.B. auch beim Gefährdungsschaden
- z.B. nicht früher vertretener „Quotenschaden“ bei Sportwettenbetrug mit verlorener Wette
- Subjektives Gefühl der Schädigung: Bloßer Motivirrtum, da § 263 (im Gegensatz zu § 240, 253) nicht Dispositionsfreiheit schützt
- Schaden darf nicht aus Täuschung hergeleitet werden: z.B. servierte Speisen bei „Zechpreller“ sind Schaden des Wirts, aber nicht ausgebliebene Zahlung („Zeche“), da diese nie in Vermögen des Wirts vorhanden war
Was versteht man unter Vermögen?
Vermögen: Geldwerte Rechte einer Person
- Gewinnerwartung
- Reichweite des Vermögensbegriffs umstritten
- Juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff: Wegen Einheit der Rechtsordnung nur strafrechtlich geschützt, was von Rechtsordnung im Übrigen geschützt ⇨ nicht bei Gesetz- und sittenwidrigen Rechtsgeschäften, § 817 2 (z.B. kein Betrug durch Drogendealer an Konsumenten)
- Strafrecht und Zivilrecht haben unterschiedliche Aufgaben; auch Verbrecher muss sich auf Rechtsordnung berufen können, da sonst Strafbarkeitslücken und dadurch rechtsfreie Räume entstehen
- Wirtschaftlicher Vermögensbegriff: Summe aller wirtschaftlich wertvollen Vermögenspositionen
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Ist der Vermögensschaden immer objektiv zu bestimmen oder können auch persönliche Umstände des Opfers berücksichtigt werden?
Individueller Schadenseinschlag / persönlicher Schadenseinschlag: Ausnahmsweise Schaden nicht nur objektiv bestimmt, sondern persönliche Umstände des Opfers berücksichtigt
- In Ausnahmefällen aufgrund subjektiver Elemente Vermögensschaden trotz wirtschaftlicher Kompensierung (z.B. durch Erhalt der Kaufsache), wenn aus Sicht eines unbeteiligten vernünftigen Dritten ein Schaden entstanden
- Fallgruppen
- Gegenleistung nicht (vollumfänglich) zu vertraglich vorausgesetztem Zweck oder sonst zumutbar verwendbar (z.B. kein Lesevergnügen, wenn Täuschung über Laienverständlichkeit einer Zeitschrift)
- Getäuschter zu unvorteilhafter Finanzierung gezwungen (z.B. teure Darlehen, Notverkäufe)
- Getäuschtem fehlen wegen Verpflichtung Mittel für angemessene Wirtschafts- / Lebensführung (auch Erfüllung von Verbindlichkeiten)
Wie verhält es sich mit dem Vermögensschaden, wenn der Vermögenswert noch nicht abgeflossen, aber bereits konkret gefährdet ist?
Schadensgleiche hinreichend konkrete Vermögensgefährdung
- Vermögensschaden bereits vor Abfluss des Vermögenswerts: Wenn der Eintritt des wirtschaftlichen Nachteils bereits quantifizierbar (bezifferbar) und damit zu rechnen ist, dass unmittelbare Vermögenseinbuße folgen wird
- Beispiel: z.B. Täter erlangt durch Täuschung die EC-Karte und PIN des Opfers und kann ohne Hindernis Geld abheben
- Verfügender hat Vermögensposition praktisch schon eingebüßt, während Täter ohne ernsthaftes Hindernis verwirklichen kann
- Vorverlagerung der Vollendung (Erschwerung des Rücktritts vom Versuch)
- Eingehungsbetrug bei Ansprüchen: Konkrete Vermögensgefährdung bereits vor Vertragsabwicklung ohne reale Vermögenseinbuße, wenn wirtschaftlicher Wert des erlangten Anspruchs geringer als Verpflichtung
Liegt ein Vermögensschaden vor, wenn das Opfer sich bewusst selbst schädigt, also weiß, dass ihr Verhalten sich nachteilig auf ihr Vermögen auswirkt?
Bewusste Selbstschädigung: Getäuschter ist sich nachteiliger Wirkung der Verfügung auf Vermögen bewusst
- Beispiel: z.B. gut situierter Täter gibt sich wahrheitswidrig als obdachlos aus, um Spenden von Gutgläubigen zu sammeln, diese wissen aber, dass die Spende einen nicht kompensierten Vermögensnachteil bewirkt
- Trotzdem Vermögensschaden
- Strafrechtlicher Schadensbegriff nicht mehr scharf abgrenzbar
- Nur unbewusste Selbstschädigung Betrug, z.B. Verfehlung sozialen Zwecks einer Spende
- Keine Kompensation durch außerwirtschaftlichen (z.B. karitativen) Zweck; sozial nicht gebilligter Zweck
Wie verhält es sich, wenn der Betrug sich auf Bußgelder und Geldstrafen bezieht?
Betrug bzgl. Bußgelder und Geldstrafen: Kein Vermögensschaden der öffentlichen Hand
- Da erzieherische Zwecke: Bußgelder und Geldstrafen dienen nicht zur Finanzierung des Staates
- Zudem Schutzzweck des § 263 StGB nur Privatvermögen: Staatliches Vermögen nicht durch geschützt
Sind auch rechtswidrig erlangte Vermögenswerte durch § 263 StGB geschützt?
Auch mit Rechtswidrigkeit bemakelte Vermögenswerte sind werthaltig und genießen deshalb strafrechtlichen Vermögensschutz
- Insb. illegaler Besitz: z.B. Vermögensschaden auch wenn Dealer durch Täuschung um Drogenbesitz gebracht wird oder Dieb um Besitz gestohlenen Autos
- (Legales) Geld, das zu illegalen Zwecken eingesetzt wird: z.B. vorgeblicher Auftragskiller betrügt Auftraggeber über seine Leistungswilligkeit
- Verbotene oder sittenwidrige Tätigkeit, z.B. Auftragskiller um seinen Lohn gebracht: Kein strafrechtlicher Betrug, da verbotene Tätigkeit kein rechtlich anerkannter Marktwert
- Prostitution trotz ProstG nach wie vor als sittenwidrig anzusehen, aber ab Leistungserbringung ausnahmsweise geschützter Anspruch aus § 1 ProstG
- Ebenso Telefonsex / Pornofilmgagen
Liegt ein Vermögensschaden auch vor, wenn durch die Täuschung nur vorübergehend der Besitz an einer Sache verloren ist?
Vermögensschaden auch bereits, wenn durch Täuschung vorübergehend Besitz an Sache verloren: Selbst, wenn Gegenstand zur fraglichen Zeit gar nicht nutzbar, z.B. weil im Zustand der Trunkenheit Kfz nicht gefahren werden darf
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Ziad T.
Jurastudent