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Einwendungen gegen Ansprüche

EinwendungRechtshinderndRechtsvernichtendEinrede
Aktualisiert vor 8 Tagen

Was versteht man unter einer Einwendung im weiteren Sinne?

Was passiert eigentlich, wenn jemand einen Anspruch gegen dich geltend macht, du aber der Meinung bist, dass dieser Anspruch nicht berechtigt ist? Vielleicht möchtest du eine Einwendung erheben. Der Begriff „Einwendung im weiteren Sinne“ ist ein Oberbegriff, der sowohl die "Einwendungen im engeren Sinne" als auch die sogenannten Einreden umfasst. Was diese beiden Begriffe im Einzelnen bedeuten schauen wir und noch genauer an.

Leider ist der Sprachgebrauch in der Praxis nicht immer einheitlich. Das zeigt sich etwa in Regelungen wie § 129 Abs. 1 HGB, § 404 BGB oder § 359 Abs. 1 S. 2 BGB, die auch und gerade für Einreden gelten, obwohl der Begriff „Einwendung“ verwendet wird. Es lohnt sich also, bei der Verwendung dieser Begriffe genau hinzuschauen.

Die Einwendung im weiteren Sinne umfasst alle rechtlichen Gründe, mit denen ein Anspruch bestritten werden kann.

Merke

Einwand / Einwendung i.w.S.: Überbegriff für Einwendung i.e.S. und Einrede

  • Sprachgebrauch uneinheitlich: z.B. gelten §§ 129 I HGB, 404, 359 BGB auch und gerade für Einreden

Was versteht man unter einer Einwendung im engeren Sinne? Welche Arten von Einwendungen werden unterschieden?

Einwendungen im engeren Sinne sind rechtliche Argumente, die ein Gericht von Amts wegen berücksichtigen muss, wenn es davon Kenntnis erlangt. Das bedeutet, dass Einwendungen auch dann zur Geltung gelangen, wenn die Parteien sich vor Gericht nicht ausdrücklich darauf berufen. Dabei unterscheidet man zwischen zwei Kategorien: den rechtshemmenden und den rechtsvernichtenden Einwendungen.

Rechtshemmende Einwendungen haben zur Folge, dass ein geltend gemachter Anspruch gar nicht erst entsteht, sie betreffen also den Prüfungspunkt "Anspruch entstanden". Beispiele hierfür sind Fälle, in denen eine Person geschäftsunfähig ist, weil sie etwa minderjährig ist, oder wenn ein Geschäft nur zum Schein abgeschlossen wurde, also beide Parteien von Anfang an wussten, dass sie die beschriebenen Rechtsfolgen gar nicht wollen. Weitere Beispiele sind die Nichtigkeit eines Vertrags wegen eines Formfehlers, wie etwa bei einem Grundstückskauf ohne notarielle Beurkundung, oder die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts, beispielsweise bei Wucher. In all diesen Fällen entsteht der Anspruch erst gar nicht.

Die andere Kategorie bilden die rechtsvernichtenden Einwendungen. Du prüfst sie unter dem Prüfungspunkt "Anspruch nicht erloschen". Sie bewirken, dass ein Anspruch, der zunächst entstanden ist, nachträglich wieder zerstört wird. Dies kann aus ganz unterschiedlichen Gründen geschehen. Ein klassisches Beispiel ist die Erfüllung: Wenn der Schuldner seine Leistung, etwa die Zahlung eines Geldbetrags, vollständig erbracht hat, erlischt der ursprüngliche Zahlungsanspruch. Ähnlich verhält es sich bei einem wirksamen Rücktritt vom Vertrag oder einem Verbraucherwiderruf, etwa wenn ein Online-Kauf rechtzeitig widerrufen wird. Auch die Anfechtung eines Vertrags kann dazu führen, dass der Anspruch nachträglich erlischt, auch wenn hier in der Literatur ein Streit darüber besteht, ob die Anfechtung nicht eher eine rechtshemmende Einwendung ist. Zu den rechtsvernichtenden Einwendungen zählen außerdem die Einwendungen aus Treu und Glauben nach § 242 BGB.

Merke dir also, dass rechtshemmende Einwendungen den Anspruch von Beginn an verhindern, während rechtsvernichtende Einwendungen einen bereits entstandenen Anspruch nachträglich zunichtemachen.

Merke

Einwendung i.e.S.: Bei Kenntnis vom Gericht von Amts wegen berücksichtigt

  • Rechtshindernde Einwendung: Anspruch entsteht nichtnichtig; z.B. keine Geschäftsfähigkeit, Scheingeschäft, Formnichtigkeit, Gesetzwidrigkeit, Sittenwidrigkeit
  • Rechtsvernichtende Einwendung: Nachträgliche Zerstörung des Anspruchs; z.B. Erfüllung, Verbraucherwiderruf, Anfechtung (umstritten), Rücktritt, Unmöglichkeit; Einwendungen aus Treu und Glauben gem. § 242 BGB

Was versteht man unter einer Einrede?

Eine Einrede ist ein Instrument, das es dem Schuldner ermöglicht, die Durchsetzung eines Anspruchs zu verhindern. Wichtig ist dabei, dass eine Einrede geltend gemacht werden muss. Sie wirkt also nicht automatisch, sondern der Schuldner muss sich aktiv darauf berufen – das Gericht berücksichtigt sie nicht von Amts wegen. Einreden sind oft durch Formulierungen wie „kann verweigern“ im Gesetz erkennbar. Einreden prüfst du unter dem Prüfungspunkt "Anspruch durchsetzbar".

Einreden haben immer rechtshemmende Wirkung. Das bedeutet, dass der Anspruch zwar grundsätzlich fortbesteht, aber nicht mehr durchgesetzt werden kann, wenn der Schuldner sich auf die Einrede beruft. Es handelt sich also nicht um eine Vernichtung des Anspruchs. Der Anspruch wird auch nicht „rechtsgrundlos“, kann also nicht gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zurückgefordert werden. Allerdings kann gemäß § 813 Abs. 1 BGB eine Rückforderung möglich sein, wenn die Einrede dauerhaft besteht und dennoch geleistet wurde.

Man unterscheidet die sog. dilatorischen und peremptorischen Einreden. Dilatorische Einreden hemmen nur vorübergehend. Ein klassisches Beispiel ist das allgemeine Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB oder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB. Du kannst dir das so vorstellen: Solange dein Vertragspartner seine Leistung nicht erbringt, kannst du auch deine Leistung verweigern. Dieses Hindernis kann jedoch behoben werden, indem der andere Teil seine Leistung erbringt, wodurch sein Anspruch an dich wieder durchsetzbar wird.

Peremptorische Einreden hingegen wirken dauerhaft und schließen die Durchsetzbarkeit des Anspruchs für immer aus. Ein wichtiges Beispiel ist die Verjährung. Wenn der Schuldner sich zu recht auf Verjährung beruft, kann der Anspruch gegen ihn dauerhaft nicht mehr durchgesetzt werden.

Um sich den Unterschied zwischen den Einreden und den von Amts wegen berücksichtigten Einwendungen im engeren Sinne zu merken, hilft eine einfache Eselsbrücke: „Bei Einreden muss man reden.“ Das heißt, Einreden muss der Schuldner vor Gericht aktiv geltend machen, während Einwendungen, wie etwa die Nichtigkeit eines Vertrags, vom Gericht von Amts wegen geprüft und berücksichtigt werden.

Präge dir also ein, dass Einreden die Durchsetzung eines Anspruchs verhindern, wenn der Anspruchsgegner sich darauf beruft.

Merke

Einrede: Im Prozess geltend zu machen, d.h. Schuldner muss sich darauf berufen (besteht nicht schon kraft Gesetzes und wird vom Gericht nicht von Amts wegen berücksichtigt); z.B. bei Formulierung „kann verweigern“

  • Rechtshemmend: Anspruch nicht durchsetzbar (⇨ aber nicht rechtsgrundlos, d.h. nicht gem. § 812 I 1 Alt. 1 BGB kondizierbar, jedoch § 813 I BGB, wenn dauernde Einrede)
    • Dilatorische Einreden: Anspruch vorübergehend gehemmt, z.B. Allgemeines Zurückbehaltungsrecht, Einrede des nichterfüllten Vertrages
    • Peremptorische Einreden: Anspruch dauerhaft gehemmt, z.B. Verjährung
  • Eselsbrücke zur Unterscheidung von Einreden und Einwendungen i.e.S.: „Bei Einreden muss man reden

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Frage 1/4

A verklagt B auf Erbringung einer geschuldeten aber unmöglichen Leistung. B sagt im Prozess nichts. In welchem Fall wird B zur Leistung verurteilt?

In keinem Fall.
Bei echter Unmöglichkeit gem. § 275 I BGB.
Bei praktischer Unmöglichkeit gem. § 275 II BGB.
Bei persönlicher Unmöglichkeit gem. § 275 III BGB.
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