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Gefahrtragung

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Aktualisiert vor 8 Tagen

Was versteht man unter den Begriffen Gefahr und Zufall?

Gefahr und Zufall sind wichtige Begriffe im Schuldrecht, insbesondere bei der Frage, wer das Risiko für den Untergang einer Sache trägt. Doch was bedeuten diese Begriffe genau?

Die Gefahr bezeichnet das Risiko eines zufälligen Untergangs oder einer Verschlechterung der Sache. Dabei gilt der Grundsatzcasum sentit dominus“, auf deutsch „den Zufall trägt der Herr der Sache", also der Eigentümer. Das heißt, wenn eine Sache ohne Verschulden einer Vertragspartei untergeht, bleibt der Eigentümer auf dem Schaden sitzen, sofern keine besonderen gesetzlichen Regelungen eingreifen.

Zufall liegt vor, wenn weder der Schuldner noch der Gläubiger einen Umstand zu vertreten haben. Das betrifft zum Beispiel die höhere Gewalt, etwa wenn ein Sturm ein Haus beschädigt. Ein weiteres Beispiel ist das Vertretenmüssen eines Dritten, zum Beispiel der Untergang einer Ware auf dem Transportweg, wenn der Schaden durch eine Transportperson verursacht wurde, die nicht in den Pflichtenkreis der Vertragsparteien fällt. Das ist etwa der Fall, wenn bei einer Schickschuld der Spediteur die Ware verliert oder beschädigt. Da der Spediteur in diesem Fall nicht Erfüllungsgehilfe des Schuldners ist, sondern nur als Transporteur auftritt, trifft den Schuldner keine Verantwortung für dessen Verhalten.

Merke

Gefahr und Zufall

  • Gefahr: Zufallsrisiko (lat.: „casum sentit dominus“, dt.: „den Zufall trägt der Herr der Sache / Eigentümer“)
  • Zufall: Weder vom Schuldner noch vom Gläubiger zu vertreten
    • z.B. höhere Gewalt
    • z.B. aber auch wenn von Drittem zu vertreten, der nicht in Pflichtenkreis der Parteien; z.B. bei Schickschuld der Spediteur (≠ Bringschuld, wo Spediteur Erfüllungsgehilfe des Schuldners ist)

Was versteht man unter Leistungsgefahr und Preisgefahr?

Stell dir vor, du kaufst ein Gemälde in einer Galerie. Noch bevor es bei dir ankommt, wird es durch einen zufällig entstandenen Brand zerstört. Wer trägt in einem solchen Fall das Risiko? Muss der Verkäufer noch einmal ein neues Gemälde liefern? Oder musst du trotzdem den Kaufpreis zahlen? Genau mit diesen Fragen beschäftigt sich die sogenannte Gefahrtragung, insbesondere die Leistungsgefahr und die Preisgefahr.

Die Leistungsgefahr betrifft die Frage, wer das Risiko trägt, dass die geschuldete Leistung noch erbracht werden muss. Grundsätzlich bleibt der Schuldner zur Leistung verpflichtet. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn die Leistung unmöglich wird, erlischt diese Pflicht gemäß § 275 BGB. Bei einer Gattungsschuld – also wenn keine individuell bestimmte Sache geschuldet ist, sondern eine Sache mittlerer Art und Güte – tritt diese Unmöglichkeit erst ein, wenn Konkretisierung nach § 243 Abs. 2 BGB vorliegt. Unmöglichkeit tritt gemäß § 300 Abs. 2 BGB auch ein, wenn sich der Gläubiger im Annahmeverzug befindet.

Die Preisgefahr – auch Gegenleistungsgefahr genannt – bezieht sich hingegen auf die Frage, ob der Gläubiger trotz des Untergangs der Leistung seine Gegenleistung, also in der Regel die Zahlung des Kaufpreises, erbringen muss. Das bedeutet, dass der Käufer möglicherweise zahlen muss, obwohl er die Sache nicht mehr erhält.

Im Kaufrecht trägt nach § 446 BGB grundsätzlich der Verkäufer das Risiko des zufälligen Untergangs bis zur Übergabe der Sache. Danach geht die Gefahr auf den Käufer über, der dann zahlen muss, selbst wenn die Sache zufällig untergeht.

Merk dir: Die Leistungsgefahr betrifft das Risiko des Schuldners, nochmals leisten zu müssen, während die Preisgefahr das Risiko des Gläubigers betrifft, die Gegenleistung erbringen zu müssen.

Merke

Leistungsgefahr und Preisgefahr: z.B. Bestimmung bei zufälligem Untergang der Kaufsache ob Verkäufer noch leisten muss und Käufer noch bezahlen muss

  • Leistungsgefahr: Risiko des Schuldners (erneut) leisten zu müssen
    • z.B. bei Gattungsschuld Befreiung von der Leistungsgefahr durch Unmöglichkeit gem. § 275 BGB erst, wenn Konkretisierung gem. § 243 II BGB oder § 300 II BGB
  • Preisgefahr / Gegenleistungsgefahr: Risiko des Gläubigers Gegenleistung erbringen zu müssen

Wer trägt grds. die Gefahr im Kaufrecht?

Stell dir vor, du kaufst ein Fahrrad in einem Geschäft. Du hast es bezahlt, aber bevor du es abholen kannst, wird es durch einen Brand im Laden zerstört. Wer trägt in so einem Fall das Risiko, dass die Sache untergeht, ohne dass jemand schuld ist? Genau darum geht es bei der Gefahrtragung im Kaufrecht.

Grundsätzlich trägt der Verkäufer die Gefahr des zufälligen Untergangs der Kaufsache bis zur Übergabe an den Käufer. Das bedeutet, dass der Verkäufer das Risiko trägt, wenn die Sache vor der Übergabe beschädigt wird oder verloren geht, ohne dass jemand dafür verantwortlich ist. Diese Regel ergibt sich aus § 446 BGB. Erst mit der Übergabe geht die Gefahr auf den Käufer über.

Wird die Sache also vor der Übergabe zerstört, muss der Verkäufer erneut liefern oder – falls das nicht möglich ist – der Kaufvertrag wird hinfällig und der Käufer bekommt sein Geld zurück. Sobald die Kaufsache jedoch übergeben ist, trägt der Käufer das Risiko. Das heißt, wenn das Fahrrad nach der Übergabe gestohlen wird oder kaputtgeht, bleibt der Käufer trotzdem zur Zahlung verpflichtet.

Kurz gesagt: Bis zur Übergabe trägt der Verkäufer die Gefahr, danach der Käufer.

Merke

z.B. Gefahrtragung im Kaufrecht: Gefahr zufälligen Untergangs der Kaufsache grds. bei Verkäufer bis zur Übergabe der Kaufsache gem. § 446 BGB

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Frage 1/2

Unternehmer A kauft bei B online ein gebrauchtes Fahrrad, das B an A versenden soll. B übergibt das Rad an die Transportperson T. Durch ein Verschulden des T wird das Rad auf dem Transportweg vollständig zerstört. Welche Aussagen sind richtig?

Das Vermögen des B ist nicht berührt, denn die Preisgefahr ging gem. § 447 BGB auf A über.
A muss das Rad gem. § 433 II BGB dennoch bezahlen.
A hat keinen deliktischen Schadensersatzanspruch gegen T, da er noch nicht Eigentümer des Fahrrads ist.
B kann den Schaden des A ggü. T geltend machen.
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Ziad T.

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