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Gewährleistung: Mangel, §§ 434, 435 BGB
Was versteht man unter einem Mangel?
Beim Kauf einer Sache kann es vorkommen, dass die gelieferte Ware nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht. In diesem Fall spricht man von einem Mangel. Das Gesetz regelt in den §§ 434 und 435 BGB, wann ein Mangel vorliegt. Ein Mangel ist grundsätzlich eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit, also eine Differenz zwischen der tatsächlichen und der geschuldeten Beschaffenheit der Sache.
Es gibt zwei Arten von Mängeln: Den Sachmangel nach § 434 BGB und den Rechtsmangel nach § 435 BGB.
Entscheidend ist also, ob die gelieferte Sache von der geschuldeten Beschaffenheit abweicht - dann liegt ein Mangel vor.
Mangel, §§ 434, 435 BGB: Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit, d.h. der tatsächlichen von der geschuldeten Beschaffenheit
- Sachmangel, § 434 BGB
- Rechtsmangel, § 435 BGB
In welchen Fällen liegt ein Sachmangel vor?
Beginnen wir mit einem Beispiel: Stell dir vor, du kaufst einen neuen Laptop. Wenn der Laptop aber nicht die vereinbarte Bildqualität hat oder das Netzteil fehlt, dann liegt ein Sachmangel vor. Genau darum geht es bei der Gewährleistung und dem Sachmangel nach den §§ 434, 435 BGB.
Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Sache nicht den subjektiven und objektiven Anforderungen sowie den Montageanforderungen entspricht, § 434 Abs. 1 BGB.
Die subjektiven Anforderungen sind in § 434 Abs. 2 BGB geregelt. Erstens liegt ein Mangel vor, wenn die Sache nicht die ausdrücklich vereinbarte Beschaffenheit hat, zum Beispiel in Bezug auf Art, Menge oder Qualität. Zweitens ist die Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die ausdrücklich vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet. Und drittens ist ein Mangel gegeben, wenn das vereinbarte Zubehör nebst Anleitungen fehlt.
Die objektiven Anforderungen kommen gemäß § 434 Abs. 3 BGB nur dann zum Tragen, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Erstens muss sich die Sache für die gewöhnliche Verwendung eignen. Zweitens darf die Beschaffenheit nicht von der üblichen Beschaffenheit abweichen und nicht so sein, dass man sie nicht erwarten konnte. Drittens muss die Beschaffenheit einer Probe oder einem Muster entsprechen. Und viertens muss die Sache das Zubehör nebst Anleitungen enthalten, das man erwarten kann.
Besondere Regeln gelten für digitale Elemente von Waren mit digitalen Elementen in den §§ 475b, 475c BGB. Zusammengefasst liegt ein Sachmangel vor, wenn die Sache die subjektiven oder objektiven Anforderungen nicht erfüllt.
Sachmangel, § 434 BGB: Wenn Sache nicht subjektiven und objektiven Anforderungen und Montageanforderungen entspricht, § 434 I BGB
- Subjektive Anforderungen, § 434 II 1 BGB
- Sache hat nicht ausdrücklich vereinbarte Beschaffenheit, § 434 II 1 Nr. 1 BGB: Beschaffenheit z.B. Art, Menge, Qualität, § 434 II 2 BGB
- Eignet sich nicht für ausdrücklich vertraglich vorausgesetzte Verwendung, § 434 II 1 Nr. 2 BGB
- Enthält vereinbartes Zubehör nebst Anleitungen, § 434 II 1 Nr. 3 BGB
- Objektive Anforderungen, § 434 III BGB: Nur relevant, soweit nichts anderes vereinbart, § 434 I 1 Hs. 1 BGB
- Sache eignet sich nicht für gewöhnliche Verwendung, § 434 III 1 Nr. 1 BGB
- Beschaffenheit nicht üblich und nicht zu erwarten, § 434 III 1 Nr. 2 BGB
- Beschaffenheit entspricht nicht Probe oder Muster, § 434 III 1 Nr. 3 BGB
- Enthält nicht zu erwartendes Zubehör nebst Anleitungen, § 434 III 1 Nr. 4 BGB
- Sonderbestimmungen für digitale Elemente von Waren mit digitalen Elementen in §§ 475b, 475c BGB
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Begründet auch eine Falschlieferung oder eine Zuweniglieferung einen Sachmangel?
Stell dir vor, du bestellst online drei Flaschen eines teuren Weins, doch bei der Lieferung stellst du fest, dass nur zwei Flaschen in deinem Paket sind. Oder es werden dir statt der bestellten drei Flaschen Lemberger fälschlicherweise drei Flaschen Dornfelder geliefert. In beiden Fällen stellst du dir die Frage, ob dir nun die Mängelrechte nach §§ 434 ff. BGB zustehen. Genau solche Situationen behandelt die Regelung in § 434 Abs. V BGB.
Sowohl eine Falschlieferung (Aliud) als auch eine Zuweniglieferung (Minus oder Mankolieferung) können einen Sachmangel begründen, denn § 434 Abs. 5 BGB stellt klar, dass diese Fälle dem Sachmangel gleichstehen.
Eine Zuweniglieferung liegt vor, wenn dem Käufer weniger geliefert wird, als vertraglich vereinbart. Das ist allerdings nur dann als Sachmangel relevant, wenn es sich um eine verdeckte Teilleistung handelt, die der Käufer nicht erkennen konnte, und wenn der Verkäufer den Erfüllungswillen hatte, die vertraglich geschuldete Leistung vollständig zu erbringen.
Bei einer Falschlieferung – dem sogenannten Aliud – wird dem Käufer eine andere Sache geliefert als die, die im Vertrag vereinbart wurde. Wenn du also anstelle einer bestellten Flasche Lemberger eine Flasche Dornfelder erhältst, liegt eine Falschlieferung und damit ein Sachmangel vor.
Eine Abgrenzung zwischen Aliud und Peius, also zum Beispiel betreffend die Frage, ob eine Flasche Lemberger ein schlechter Dornfelder ist oder eine andere Sache darstellt, ist heute nicht mehr erforderlich. § 434 Abs. V BGB behandelt beide Fälle einheitlich als Sachmangel.
Kurz gesagt: Sowohl Falschlieferungen als auch Zuweniglieferungen stellen einen Sachmangel dar und berechtigen den Käufer zu den gesetzlichen Mängelrechten.
Andere Sache oder zu geringe Menge geliefert, § 434 V BGB: Steht Sachmangel gleich
- Minus / Mankolieferung / Zuweniglieferung: Zu geringe Menge; nur bei verdeckter Teilleistung (Mindermenge für Käufer nicht erkennbar) und wenn Verkäufer Erfüllungswille für Anspruch aus Vertrag hatte
- Aliud / Falschlieferung: Andere Sache i.S.d. § 434 V BGB
- Peius: Mangelhafte Leistung
- Aliud und Peius voneinander abzugrenzen (z.B. ob eine Flasche Lemberger ein schlechter Dornfelder oder eine andere Sache darstellt) ist heute nicht mehr nötig, da nun beide in § 434 III BGB gleichgestellt
In welchen Fällen liegt ein Rechtsmangel vor?
Neben dem Sachmangel kann auch ein Rechtsmangel einen Mangel im Kaufrecht begründen. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn der Verkäufer dem Käufer nicht die vertraglich vereinbarte rechtliche Position an der Kaufsache verschafft. Mit anderen Worten: Der Käufer kann die Sache aufgrund rechtlicher Beeinträchtigungen nicht so nutzen, wie es im Kaufvertrag vorgesehen war.
Insbesondere ist ein Rechtsmangel gegeben, wenn ein Dritter aufgrund eines privaten oder öffentlichen Rechts den Besitz, das Eigentum oder den Gebrauch der Kaufsache beeinträchtigen kann.
Schauen wir uns zunächst die Belastung mit einem privaten Recht an. Das ist gegeben, wenn zum Beispiel ein Grundpfandrecht, eine Grunddienstbarkeit oder ein dingliches Vorkaufsrecht auf der Sache lastet. Stell dir vor, du kaufst ein Handy und stellst später fest, dass der Verkäufer es vorher gestohlen hat. In diesem Fall ist er nicht der rechtmäßige Eigentümer und kann dir wegen des Abhandenkommens gemäß § 935 BGB auch kein Eigentum durch gutgläubigen Erwerb verschaffen. Hier wäre ein klassischer Fall eines Rechtsmangels gegeben.
Ein Rechtsmangel kann auch durch die Belastung mit einem öffentlichen Recht bestehen. Das ist zum Beispiel der Fall bei Sozialwohnungen, die einer Sozialbindung unterliegen. Wenn du eine solche Wohnung kaufst, hast du nicht die vollständige Freiheit, sie nach deinen Vorstellungen zu nutzen oder zu vermieten, weil die Nutzung durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt ist.
Zentral ist also, dass ein Rechtsmangel vorliegt, wenn die Nutzung der Kaufsache durch Dritte beeinträchtigt werden kann.
Rechtsmangel, § 435 BGB: Verkäufer verschafft Käufer nicht vertraglich vereinbarte rechtliche Position; insb. wenn Dritter aufgrund eines privaten oder öffentlichen Rechts Eigentum, Besitz oder Gebrauch der Kaufsache beeinträchtigen kann
- Belastung mit privatem Recht: z.B. Grundpfandrecht, Grunddienstbarkeit, dingliches Vorkaufsrecht; z.B. Verkäufer hat Sache gestohlen (ist nicht Eigentümer und kann gem. § 935 BGB auch kein Eigentum durch gutgläubigen Erwerb verschaffen)
- Belastung mit öffentlichem Recht: z.B. Sozialbindung einer Sozialwohnung
Welche Rechtsfolgen hat das Vorliegen eines Mangels?
Lass uns über die Rechtsfolgen eines Mangels bei einem Kaufvertrag sprechen. Stell dir vor, du kaufst ein neues Smartphone und stellst nach ein paar Tagen fest, dass der Akku immer bereits nach wenigen Stunden leer ist, auch wenn du es kaum benutzt. Welche Rechte stehen dir dann zu? Die Mängelrechte sind in den §§ 437 ff. BGB geregelt.
Primär hast du einen Anspruch auf Nacherfüllung nach den §§ 437 Nr. 1, 439 BGB. Das bedeutet, der Verkäufer muss entweder den Mangel beseitigen, indem er dir ein neues, mangelfreies Smartphone gibt, oder er muss nachbessern, indem er den defekten Akku austauscht. Es gilt der Vorrang der NacherfüllungDer Anspruch auf Nacherfüllung hat Vorrang vor den anderen Mängelrechten.
Zweitens kannst du vom Vertrag zurücktreten nach den §§ 437 Nr. 2, 346 Abs. 1 BGB, wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist oder für dich unzumutbar wäre. Drittens hast du die Möglichkeit, den Kaufpreis zu mindern gemäß den §§ 437 Nr. 2, 441 BGB. Das heißt, du bezahlst weniger, weil die Sache mangelhaft ist. Und viertens kannst du Schadensersatz nach den §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 283, 311a BGB verlangen, wenn dir durch den Mangel ein Schaden entstanden ist.
Wichtig ist, dass dein ursprünglicher Erfüllungsanspruch, also die Lieferung einer mangelfreien Sache, durch die Mängelrechte verdrängt wird. Stattdessen hast du grds. nur noch einen Anspruch auf Nacherfüllung. In einer Prüfung kannst du zwar den Erfüllungsanspruch anführen, musst ihn dann aber ablehnen, weil die Mängelrechte Vorrang haben. Die Prüfungsreihenfolge ist also: Erfüllungsanspruch prüfen, dann aber verneinen wegen Vorrangs der Mängelrechte und stattdessen die Mängelrechte prüfen.
Im Kern geht es darum, dass du als Käufer bei einem Mangel nicht auf der mangelfreien Sache bestehen musst, sondern die gesetzlich geregelten Mängelrechte wie Nachbesserung, Rücktritt, Minderung und Schadensersatz hast.
Rechtsfolge
- Mängelrechte, §§ 437 ff. BGB
- Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 BGB
- Rücktritt, §§ 437 Nr. 2, 346 I BGB
- Minderung, §§ 437 Nr. 2, 441 BGB
- Schadensersatz, §§ 437 Nr. 3, 280, 281, 283, 311a BGB
- Es gilt der Vorrang der Nacherfüllung
- Erfüllungsanspruch verdrängt durch Mängelrechte: Stattdessen grds. Nacherfüllung möglich
- Prüfungsreihenfolge: Erfüllungsanspruch kann angeprüft werden, wenn damit Ziel aus der Aufgabenstellung erreichbar, dann abgelehnt wegen Vorrang der Mängelrechte
Wie lange kann der Käufer seine Mängelrechte geltend machen?
Stell dir vor, du hast einen neuen Laptop gekauft, benötigst ihn aber zunächst nicht. Erst zwei Jahre nach dem Kauf, nimmst du ihn erstmals in Betrieb und stellst fest, dass er nicht richtig funktioniert. Kannst du deine Mängelrecht noch geltend machen?
Im Mängelgewährleistungsrecht besteht eine verkürzte Verjährungsfrist, die in § 438 Abs. 1 und 2 BGB verankert ist. Hiernach beträgt die Verjährungsfrist für Mängelrechte regelmäßig zwei Jahre, § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Diese Frist beginnt mit der Übergabe oder Ablieferung der Sache, § 438 Abs. 2 BGB. Das bedeutet, wenn du einen neuen Laptop kaufst und erst nach mehr als zwei Jahren einen Defekt feststellst, kannst du deine Mängelrechte nicht mehr geltend machen.
Besondere Regeln gelten beim Verbrauchsgüterkauf. Hier kommen Ablaufhemmungen beim Verbrauchsgüterkauf ins Spiel, die im § 475e Abs. 3 und 4 BGB geregelt sind. Darüber hinaus gibt es Sonderbestimmungen für digitale Elemente in Waren mit digitalen Elementen. Diese finden sich in § 475e Abs. 1 BGB.
Zusammengefasst: Im Kaufrecht beträgt die Verjährungsfrist für Mängelrechte grundsätzlich zwei Jahre, doch beim Verbrauchsgüterkauf und Waren mit digitalen Elementen gelten spezielle Regeln.
Verkürzte Verjährungsfrist, § 438 I, II BGB
- Regelmäßig zwei Jahre, § 438 I Nr. 3 BGB
- Bei Verbrauchsgüterkauf Ablaufhemmungen, § 475e III, IV BGB
- Sonderbestimmungen für digitale Elemente von Waren mit digitalen Elementen in §§ 475e I BGB
Wann muss ein Mangel vorliegen, damit dem Käufer die Mängelrechte zustehen?
Damit du als Käufer Rechte wegen eines Mangels geltend machen kannst, kommt es entscheidend darauf an, wann genau dieser Mangel vorgelegen haben muss. Dabei unterscheiden wir zwischen Sachmängeln und Rechtsmängeln, für die jeweils unterschiedliche Zeitpunkte maßgeblich sind.
Beginnen wir mit dem Sachmangel nach§ 434 BGB: Grundsätzlich muss der Sachmangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden sein. Der Gefahrübergang tritt nach §§ 446, 447 BGB mit der Übergabe der Sache ein. Wenn du beispielsweise ein Auto kaufst und bei der Übergabe sind Kratzer im Lack, liegt ein Sachmangel zum relevanten Zeitpunkt vor. Entsteht der Mangel jedoch erst nach der Übergabe – etwa weil du nach der Übernahme einen Unfall baust – steht dir daraus grundsätzlich kein Recht wegen Sachmängeln mehr zu.
Es gibt eine Meinung, die vertritt, dass eine Besonderheit gelten muss, wenn es sich um einen unbehebbaren Mangel handelt. Dann soll es genügen, wenn dieser bereits vor dem Gefahrübergang vorlag. Diese Meinung ist indes abzulehnen, denn in diesem Fall ist der Käufer auch noch durch das allgemeine Schuldrecht geschützt.
Eine weitere Besonderheit gibt es beim Verbrauchsgüterkauf, nämlich die Beweislastumkehr nach § 477 BGB. Tritt hier innerhalb eines Jahres nach Übergabe der Sache ein Mangel auf, gilt eine gesetzliche Vermutung, dass dieser bereits beim Gefahrübergang vorhanden war. Als Verbraucher musst du dann nur nachweisen, dass die Ware zum aktuellen Zeitpunkt mangelhaft ist. Das Gesetz stellt dann die widerlegliche Vermutung auf, dass die Ware auch schon bei Übergabe mangelhaft war. Die Beweislast liegt dann beim Verkäufer, der das Gegenteil beweisen muss, was in vielen Fällen nicht möglich sein wird.
Anders ist es bei einem Rechtsmangel nach § 435 BGB. Hier kommt es auf den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs an. Wenn du zum Beispiel ein Grundstück kaufst und später stellt sich heraus, dass eine Hypothek eingetragen ist, die dir verschwiegen wurde, muss dieser Rechtsmangel bei der Eigentumsübertragung bestanden haben, also bei der Eintragung ins Grundbuch, nicht bei der Übergabe der Schlüssel zum Grundstück.
Zusammengefasst: Für das Vorliegen eines Mangels und die Mängelrechte des Käufers ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs bei Sachmängeln und der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs bei Rechtsmängeln maßgeblich.
Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Mangels
- Sachmangel, § 434 BGB
- Bei Gefahrübergang gem. §§ 446, 447 BGB: Übergabe der Sache
- Bei unbehebbarem Mangel genügt Vorliegen vor Gefahrübergang
- Käufer dann noch durch allgemeines Schuldrecht geschützt
- Beim Verbrauchsgüterkauf Beweislastumkehr, § 477 BGB: Wenn Mangel innerhalb eines Jahres auftritt, gilt Vermutung der Mangelhaftigkeit bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs
- Rechtsmangel, § 435 BGB
- Bei Eigentumsübergang
Hat der Käufer die Kaufsache nach Gefahrübergang zu untersuchen? Muss er Mängel direkt rügen? Erlöschen seine Mängelrechte, wenn er den Mangel erst später rügt?
Stell dir vor, du willst endlich den Boden in deiner Küche renovieren und kaufst dafür Fliesen im Baumarkt. Du nimmst die Pakete entgegen, lagerst sie erst einmal ein und planst, sie bei Gelegenheit zu verlegen. Weil du jedoch beruflich sehr eingespannt bist, kommst du erst neun Monate später tatsächlich dazu, die Fliesen auszupacken. Dabei stellst du fest, dass viele Fliesen einen gravierenden Farbfehler aufweisen. Die Frage ist nun: Kannst du nach so langer Zeit überhaupt noch Mängelrechte geltend machen?
Hier kommt die sogenannte Untersuchungs- und Rügeobliegenheit ins Spiel. Grundsätzlich musst du als Käufer neu gekaufte Ware ohne konkreten Anlass nicht sofort auf Fehler untersuchen. Selbst wenn dir der Mangel bei rechtzeitiger Untersuchung direkt nach dem Kauf aufgefallen wäre, trifft dich keine Verantwortung dafür, dass du ihn nicht sofort entdeckt hast. Es liegt kein Vertretenmüssen vor.
Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen der Käufer sehr wohl eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit hat. Das bedeutet, er muss die Sache untersuchen und Mängel unverzüglich rügen. Diese Obliegenheit ist allerdings begrenzt, man muss also nicht jedes einzelne Stück untersuchen, zum Beispiel nicht jede einzelne Fliese genau unter die Lupe nehmen. Eine Sichtung von Stichproben genügt.
Erstens gilt dies nach § 377 HGB insbesondere im Handelskauf zwischen Kaufleuten. Kaufleute müssen gelieferte Ware unverzüglich prüfen und Mängel umgehend mitteilen, da sonst sämtliche Mängelrechte verloren gehen.
Zweitens kann es sein, dass eine solche Untersuchungspflicht vertraglich vereinbart ist – etwa durch eine sogenannte Ankaufuntersuchung. § 377 HGB gilt dann analog, es sei denn es handelt sich um einen Verbrauchsgüterkauf.
Drittens gibt es eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit beim Kauf von Kunstwerken, Antiquitäten und Kostbarkeiten.
Außerdem spielt es viertens eine Rolle, wenn du selbst eine besondere Sachkunde hast. Wer sich professionell mit bestimmten Waren auskennt, muss Fehler schneller erkennen und entsprechend schneller rügen. Hast du also beispielsweise als Fliesenlegermeister diese Fliesen privat erworben, müsstest du einen offensichtlichen Mangel sehr viel früher rügen.
Wichtig ist: Rügt der Käufer einen Mangel verspätet, sind seine Mängelrechte nach § 442 BGB ausgeschlossen. Die unverzügliche Rüge ist also entscheidend.
Zusammengefasst: Nur in Ausnahmefällen hat der Käufer eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit, ansonsten keine Prüfungspflicht - eine verspätete Rüge führt dann aber zum Verlust der Mängelrechte.
Untersuchungs- und Rügeobliegenheiten des Käufers: Fälle, in denen Käufer nach Verkehrssitte die Sache nach Übergabe (⇨ Gefahrübergang) sofort untersuchen und Mängel gleich rügen muss
- Grds. keine Prüfungspflicht beim Verkauf neuer Ware ohne konkreten Anlass ⇨ selbst wenn Fehler bei Untersuchung erkennbar gewesen wäre, läge kein Vertretenmüssen vor
- Aber ausnahmsweise Untersuchungs- und Rügeobliegenheit: Jedoch begrenzt (z.B. nicht jede einzelne Fliese in gekauften Fliesenpaketen zu untersuchen); keine Pflicht sondern Obliegenheit
- Bei Handelskauf, § 377 HGB: Unter Kaufleuten
- Wenn vertraglich vereinbart: Insb. Ankaufuntersuchung; § 377 HGB gilt dann analog, es sei denn es handelt sich um einen Verbrauchsgüterkauf
- Bei Kunstwerken, Antiquitäten, Kostbarkeiten
- Bei besonderer Sachkunde des Käufers
- Bei verspäteter Rüge Mängelrechte ausgeschlossen gem. § 442 BGB
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