- Zivilrecht
- Schuldrecht Allgemeiner Teil
- Schadensersatz wegen Pflichtverletzung im Schuldverhältnis
Herausgabe des Ersatzes, § 285 BGB
Was kann der Gläubiger verlangen, wenn die Leistung unmöglich ist und der Schuldner dadurch einen Ersatz oder Ersatzanspruch erlangt?
Der § 285 BGB regelt die Herausgabe des Ersatzes, wenn die geschuldete Leistung unmöglich geworden ist. Stell dir folgende Situation vor: Du hast einen Vertrag mit jemandem geschlossen, zum Beispiel einen Kaufvertrag über ein bestimmtes Produkt. Nun ist es dem Verkäufer aber unmöglich geworden, dir dieses Produkt zu liefern, weil es zum Beispiel bei einem Brand zerstört wurde. Allerdings hat der Verkäufer aufgrund des gleichen Umstands, der die Leistung unmöglich gemacht hat, einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch erlangt. Das kann beispielsweise eine Versicherungsleistung sein, die er für den Brandschaden erhält. Man spricht hier von einem "stellvertretenden commodum", also einem Vorteil, den der Schuldner anstelle der eigentlich geschuldeten Leistung erlangt hat. Diesen Vorteil muss er an dich als Gläubiger herausgeben.
In so einem Fall sagt § 285 BGB, dass du als Gläubiger, also als Käufer, vom Verkäufer verlangen kannst, dass er dir den Ersatz herausgibt, den er erhalten hat. Oder wenn es sich um einen Ersatzanspruch handelt, zum Beispiel einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verursacher des Brandes, dann kannst du vom Verkäufer verlangen, dass er dir diesen Anspruch abtritt.
Ein Beispiel wäre, wenn der Verkäufer die Sache vor der Übereignung an dich zu einem höheren Preis an einen anderen Käufer verkauft und übereignet. Dann muss er dir den höheren Preis herausgeben, den er dafür erhalten hat. Er ist allerdings gemäß § 326 Abs. 3 S. 1 BGB noch zur Gegenleistung an dich verpflichtet, also zur Zahlung des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises, eventuell gemindert nach § 326 Abs. 3 S. 2 BGB.
Die zentrale Aussage ist also: Wenn die Leistung unmöglich wird und der Schuldner dafür einen Ersatz oder Ersatzanspruch erhält, dann muss er diesen an den Gläubiger herausgeben.
Herausgabe des Ersatzes, § 285 BGB: Wenn Leistung unmöglich gem. § 275 BGB und Schuldner aufgrund des gleichen Umstands Ersatz oder Ersatzanspruch („stellvertretendes commodum“) erlangt
- Gläubiger kann Herausgabe des als Ersatz Empfangenen bzw. Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen
- Beispiel: z.B. Verkäufer verkauft Sache vor Übereignung an den Erstkäufer zu einem höheren Preis an einen weiteren Käufer und übereignet an diesen ⇨ höherer Preis an Erstkäufer herauszugeben ⇨ gem. § 326 III BGB noch zur (evtl. geminderten) Gegenleistung verpflichtet
Welche Voraussetzungen hat der Anspruch aus § 285 BGB
Der Anspruch aus § 285 BGB regelt die Herausgabe des Ersatzes, wenn die Leistung eines Gegenstands unmöglich geworden ist. Hier sind die vier Voraussetzungen dafür im Einzelnen:
Erstens muss es ursprünglich einen Anspruch auf die Leistung eines Gegenstands gegeben haben. Das kann zum Beispiel ein Kaufvertrag sein, bei dem der Verkäufer die Sache liefern muss.
Zweitens muss die Leistung dieses Gegenstands unmöglich geworden sein. Was genau Unmöglichkeit bedeutet, regelt § 275 BGB. Unmöglich ist die Leistung etwa, wenn der Gegenstand zerstört wurde oder nicht mehr beschafft werden kann.
Drittens muss der Schuldner einen kongruenten Ersatz für den Gegenstand erlangt haben. Das bedeutet, der Ersatz muss wirtschaftlich identisch mit dem ursprünglichen Gegenstand sein. Der Schuldner muss den Ersatz also speziell für den Gegenstand erhalten haben, auf den sich seine Leistungspflicht bezog. Wenn der Verkäufer zum Beispiel Geld von der Versicherung für den zerstörten Gegenstand erhält, ist das ein kongruenter Ersatz.
Viertens muss zwischen der Unmöglichkeit und der Erlangung des Ersatzes ein Kausalzusammenhang bestehen. Die Unmöglichkeit muss also der Grund dafür sein, dass der Schuldner den Ersatz erlangt hat.
Sind alle vier Voraussetzungen erfüllt, muss der Schuldner gemäß § 285 BGB den erlangten Ersatz an den Gläubiger herausgeben. Der Anspruch auf Herausgabe des Ersatzes tritt also an die Stelle des ursprünglichen Leistungsanspruchs.
Voraussetzungen
- Anspruch auf Leistung eines Gegenstands
- Unmöglichkeit, § 275 BGB
- Erlangung eines kongruenten Ersatzes: Wirtschaftliche Identität, d.h. Schuldner hat Ersatz speziell für Gegenstand erlangt, auf den sich Leistungspflicht bezogen hat
- Kausalität zwischen Unmöglichkeit und Erlangung des Ersatzes
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