- Zivilrecht
- Schuldrecht Allgemeiner Teil
- Inhalt von Schadensersatzansprüchen allgemein
Immaterielle Schäden, § 253 BGB
Sind nur konkret bezifferbare Vermögensschäden zu ersetzen oder ist auch ein Ersatz immaterieller Schäden denkbar?
Der § 253 BGB regelt die Frage, ob immaterielle Schäden, also Nichtvermögensschäden, in Geld ersatzfähig sind. Grundsätzlich sind solche immateriellen Schäden nicht in Geld ersetzbar, es ist nur eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB möglich. Was bedeutet das? Stell dir vor, jemand hat deine Ehre verletzt, indem er üble Nachrede über dich verbreitet hat. Dann kannst du nicht einfach Geld von dieser Person verlangen. Aber du kannst verlangen, dass die Person den Schaden wieder auf natürliche Weise behebt, indem sie die ehrverletzenden Äußerungen widerruft. Falls dir durch die Behauptungen ein Vermögensschaden erwachsen ist, kannst du auch Ersatz dieses konkreten Vermögensschadens verlangen. Nicht ersatzfähig sind aber die Kränkung und Schmähung, die dir widerfahren sind, da diese immaterielle Schäden darstellen.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz, dass immaterielle Schäden nicht in Geld ersetzbar sind, gilt aber dann, wenn ein Gesetz ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Das heißt, wenn ein Gesetz vorsieht, dass in bestimmten Fällen auch immaterielle Schäden ersetzt werden müssen, dann ist das möglich. Ein Beispiel wäre das Schmerzensgeld gem. § 253 Abs. 2 BGB.
Immaterielle Schäden sind also grundsätzlich nicht ersatzfähig, es sei denn, das Gesetz sieht eine Ausnahme vor.
Immaterielle Schäden, § 253 BGB
- Nichtvermögensschäden grds. nicht in Geld ersatzfähig, § 253 I BGB: Nur Naturalrestitution, § 249 I BGB, möglich (z.B. Widerruf ehrverletzender Äußerung oder Ersatz daraus resultierenden Vermögensschadens)
- Aber ausnahmsweise ersatzfähig, wenn ausdrücklich gesetzlich bestimmt, § 253 I BGB
Was sind die wichtigsten Fälle ersatzfähiger immaterieller Schadenspositionen?
Die wichtigsten Fälle ersatzfähiger immaterieller Schadenspositionen sind das Schmerzensgeld, Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Diskriminierung, Körperverletzungen im Straßenverkehr und die Produzentenhaftung.
Erstens das Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB: Es wird bei Verletzungen von Körper, Gesundheit und Freiheit neben der Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB zugesprochen. In Deutschland werden von Gerichten allerdings nur sehr bescheidene Summen als Schmerzensgeld zuerkannt, anders als etwa in den USA. Beispiele sind 0€ bei drei Ohrfeigen, 1.800€ bei Verlust eines Schneidezahns oder 65.000€ bei Amputation von zwei Fingern und einem Zeh. Das Schmerzensgeld hat eine Doppelfunktion: Einerseits soll es einen Ausgleich für die nichtvermögensrechtlichen Schäden schaffen, andererseits dient es der Genugtuung.
Zweitens Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Hier besteht ein Ersatzanspruch direkt aus den Grundrechten, wie die "Leserbrief-", "Herrenreiter-" und "Caroline von Monaco-Fälle" zeigen.
Drittens die Diskriminierung nach §§ 15 Abs. 2, 21 Abs. 2 Nr. 3 AGG. Viertens Körperverletzungen im Straßenverkehr gemäß § 11 Abs. 2 StVG. Und fünftens die Produzentenhaftung nach § 8 Abs. 2 ProdHaftG.
Immaterielle Schäden sind also Verletzungen ideeller Rechtsgüter, für die in bestimmten Fällen ein Ausgleich zu leisten ist.
Arten immaterieller Schäden
- Schmerzensgeld, § 253 II BGB: Bei Verletzungen von Körper, Gesundheit und Freiheit; neben Naturalrestitution, § 249 I BGB, möglich
- In Deutschland (anders als etwa in den USA) nur sehr bescheidene Summen von Gerichten zugesprochen, z.B. 0€ bei drei Ohrfeigen, 1.800€ bei Verlust eines Schneidezahns, 65.000€ bei Amputation von zwei Fingern und einem Zeh
- Doppelfunktion des Schmerzensgelds: Ausgleich für nichtvermögensrechtliche Schäden und Genugtuung
- Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 1 I, 2 I GG: Ersatzanspruch direkt aus Art. 1 I, 2 I GG („Leserbrief-“, „Herrenreiter-“ und „Caroline von Monaco-Fälle“)
- Diskriminierung, §§ 15 II, 21 II 3 AGG
- Körperverletzungen im Straßenverkehr, § 11 2 StVG
- Produzentenhaftung, § 8 2 ProdHaftG
Kann Ersatz verlangt werden, für die Dauer, die ein Kfz in Reparatur ist, wenn kein Ersatzfahrzeug gemietet wird? Unter welchen Voraussetzungen kann der Nutzungsausfall einer Sache als Schadensposition geltend gemacht werden, wenn dadurch kein konkret bezifferbarer Vermögensschaden eintritt?
Stell dir vor, dein Auto ist in einen Unfall verwickelt und muss repariert werden. Für die Dauer der Reparatur kannst du dein Auto nicht nutzen, mietest aber auch keinen Ersatzwagen, sodass dir kein direkter Vermögensschaden in Form der Mietzahlungen entsteht. Hier stellt sich die Frage, ob du für diesen Nutzungsausfall einen Schadenersatz geltend machen kannst, obwohl kein direkt bezifferbarer Vermögensschaden eintritt.
Ein sogenannter Nutzungsausfallschaden tritt dann ein, wenn du eine Sache aufgrund eines schädigenden Ereignisses nicht nutzen kannst. Der Klassiker ist das beschädigte Auto, das während der Reparatur nicht zur Verfügung steht. Grundsätzlich ist dieser Nutzungsausfall kein Vermögensschaden und daher gem. § 253 Abs. 1 BGB normalerweise nicht ersatzfähig. Das bedeutet, du kannst nicht einfach so Ersatz verlangen.
Aber es gibt eine Ausnahme, die besonders bei Wirtschaftsgütern von zentraler Bedeutung greift: der sogenannte Kommerzialisierungsgedanke. Danach sind bei Wirtschaftsgütern von zentraler Bedeutung, auf die der Geschädigte ständig angewiesen ist, die Gebrauchsvorteile zu ersetzen, auch wenn kein konkreter Vermögensschaden nachweisbar ist.
Dafür müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss der Geschädigte grundsätzlich fähig und willens sein, die Sache zu nutzen. Zweitens muss er auf die ständige Verfügbarkeit der Sache angewiesen sein. Dies betrifft Güter, die für die eigene Lebensführung zentral sind, wie ein Auto oder eine Wohnung, aber keine Luxusgüter. Drittens muss die Beeinträchtigung fühlbar sein, was zum Beispiel nicht der Fall wäre, wenn ein Millionär eines seiner zehn Autos nicht nutzen kann.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Geschädigte ein Wahlrecht. Er kann entweder die entstandenen Kosten, etwa für ein Mietfahrzeug, oder den Nutzungsausfall ersetzen lassen. Angenommen, die Hotelkosten für die Reparaturdauer belaufen sich auf 1000 Euro, der Nutzungsausfall deines Hauses aber auf 2000 Euro, dann kannst du als Geschädigter die 2000 Euro für den Nutzungsausfall wählen.
Präge dir ein, dass Nutzungsausfallschäden unter dem Kommerzialisierungsgedanken ersatzfähig sein können, wenn die Sache von zentraler Bedeutung ist.
Nutzungsausfallschaden: Nutzung einer Sache aufgrund des schädigenden Ereignisses nicht möglich, z.B. beschädigtes Kfz kann während der Reparatur nicht gefahren werden
- Kein Vermögensschaden, daher grds. nicht ersatzfähig
- Aber bei Wirtschaftsgütern von zentraler Bedeutung Ersatz nach Kommerzialisierungsgedanke: Gebrauchsvorteile zu ersetzen für Wirtschaftsgüter, wenn Geschädigter auf ständige Verfügbarkeit der Sache angewiesen
- Zur Nutzung fähig und willens
- Angewiesen auf ständige Verfügbarkeit: Für eigenwirtschaftliche Lebensführung von zentralster Bedeutung (z.B. Auto, Wohnung); keine Luxusgüter
- Fühlbare Beeinträchtigung: z.B. nicht eines von zehn Autos eines Millionärs
- Wahlrecht des Geschädigten ob entstandene Kosten oder Nutzungsausfall zu ersetzen (z.B. statt 1000€ für Hotel Nutzungsausfall i.H.v. 2000€ für Nutzungsausfall des Hauses)
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A verursacht schuldhaft einen Unfall, bei dem das Auto des B beschädigt wird. Während der Zeit der Reparatur kann B das Auto nicht benutzen. Ein vergleichbarer Mietwagen würde in dieser Zeit 500€ kosten, dies erspart er sich aber und fährt stattdessen mit dem Fahrrad zur Arbeit. Kann er die 500€ dennoch als Schaden geltend machen?
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