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Inhaltsbestimmung eines Schuldverhältnisses

Aktualisiert vor etwa 12 Stunden

Was gilt, wenn die Parteien etwas anderes vereinbaren, als im Gesetz geregelt ist?

Wenn zwei Parteien ein Schuldverhältnis eingehen, stellt sich die Frage, wie genau dessen Inhalt bestimmt wird. Was gilt, wenn die Parteien eine Regelung treffen, die vom Gesetz abweicht? Was gilt, wenn sie bestimmte Punkte gar nicht ausdrücklich geregelt haben? Die Antwort ergibt sich aus der Hierarchie der heranzuziehenden Beurteilungsmaßstäbe.

An erster Stelle steht das zwingende Recht. Dies sind gesetzliche Vorschriften, die im Gegensatz zum dispositiven Recht nicht durch private Vereinbarung geändert oder ausgeschlossen werden können. Manche Normen sind auch nur einseitig zwingend, sogenannte halbzwingende Vorschriften. Solche Regelungen dienen oft dem Schutz wirtschaftlich oder sozial schwächerer Vertragspartner, etwa im Arbeitsrecht oder Mietrecht. Sie dürfen nur zugunsten, aber nicht zulasten der geschützten Partei abgeändert werden. So kann ein Vermieter die Kündigungsfrist für den Mieter nicht verkürzen, wohl aber verlängern.

An zweiter Stelle kommt die Parteivereinbarung. Grundsätzlich sind die Vertragsparteien frei in der Gestaltung ihres Schuldverhältnisses, solange sie nicht gegen zwingendes Recht verstoßen. Was genau zwischen den Parteien vereinbart wurde, wird durch Auslegung ermittelt nach den §§ 133 und 157 BGB. In manchen Fällen kann auch eine dritte Person gemäß §§ 317 ff. BGB mit der Bestimmung des Vertragsinhalts beauftragt werden, etwa ein Sachverständiger, der den Preis für eine Leistung festlegt.

Doch was passiert, wenn die Vertragsparteien bestimmte Fragen nicht geregelt haben? Hier werden das dispositive Recht und die hymothetische Parteivereinbarung relevant.

Unter dem dispositiven Recht versteht man gesetzliche Vorschriften, die nicht zwingend sind, von denen die Parteien also durch Parteivereinbarung abweichen können. Sie gelten, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Beispielsweise bestimmt § 612 BGB, dass eine angemessene Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn ein Dienst- oder Arbeitsvertrag geschlossen wurde, aber über die Bezahlung nichts gesagt wurde. Ebenso regelt § 311c BGB, dass Zubehör im Zweifel von einer Verpflichtung umfasst ist, ohne dass es ausdrücklich mit einbezogen werden muss. Dispositive Vorschriften finden sich zum Beispiel auch in § 269 BGB für den Leistungsort und in § 271 BGB für die Leistungszeit. Das dispositive Recht dient also dazu, typische Lücken in Verträgen zu füllen, indem es diejenige Regelung vorgibt, die nach dem gesetzlichen Leitbild am sinnvollsten erscheint.

Lässt sich eine Regelungslücke nicht durch dispositives Recht schließen, kommt die ergänzende Vertragsauslegung als weiteres Mittel in Betracht. Dabei wird gefragt, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Lücke bemerkt hätten – also ihr hypothetischer Wille. Grundlage dafür sind erneut die §§ 133 und 157 BGB. Ein Beispiel: Zwei Unternehmen schließen einen langfristigen Liefervertrag, aber es gibt keine ausdrückliche Regelung, was passiert, wenn sich die Rohstoffpreise drastisch verändern. Mithilfe der ergänzenden Vertragsauslegung könnte ermittelt werden, wie die Parteien diese Situation nach ihrem mutmaßlichen Willen geregelt hätten, etwa durch eine angemessene Preisanpassungsklausel.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Zwingendes Recht hat immer Vorrang. Soweit es keine zwingenden Vorschriften gibt, bestimmt die Parteivereinbarung den Vertragsinhalt. Bleiben dennoch Lücken, helfen das dispositive Recht oder die ergänzende Vertragsauslegung weiter.

Merke

Hierarchie der heranzuziehenden Beurteilungsmaßstäbe

  1. Zwingendes Recht: Teilweise auch nur zwingend zum Nachteil einer geschützten Partei (halbzwingende Normen; z.B. im Arbeits- und Mietrecht)
  2. Parteivereinbarung: Durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln; auch gem. §§ 317 ff. BGB durch Dritte

Was gilt, wenn die Parteien keine Vereinbarung über bestimmte Punkte treffen?

Was passiert, wenn die Vertragsparteien bestimmte Fragen nicht geregelt haben? Hier werden das dispositive Recht und die hymothetische Parteivereinbarung relevant.

Unter dem dispositiven Recht versteht man gesetzliche Vorschriften, die nicht zwingend sind, von denen die Parteien also durch Parteivereinbarung abweichen können. Sie gelten, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Beispielsweise bestimmt § 612 BGB, dass eine angemessene Vergütung als stillschweigend vereinbart gilt, wenn ein Dienst- oder Arbeitsvertrag geschlossen wurde, aber über die Bezahlung nichts gesagt wurde. Ebenso regelt § 311c BGB, dass Zubehör im Zweifel von einer Verpflichtung umfasst ist, ohne dass es ausdrücklich mit einbezogen werden muss. Dispositive Vorschriften finden sich zum Beispiel auch in § 269 BGB für den Leistungsort und in § 271 BGB für die Leistungszeit. Das dispositive Recht dient also dazu, typische Lücken in Verträgen zu füllen, indem es diejenige Regelung vorgibt, die nach dem gesetzlichen Leitbild am sinnvollsten erscheint.

Lässt sich eine Regelungslücke nicht durch dispositives Recht schließen, kommt die ergänzende Vertragsauslegung als weiteres Mittel in Betracht. Dabei wird gefragt, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die Lücke bemerkt hätten – also ihr hypothetischer Wille. Grundlage dafür sind erneut die §§ 133 und 157 BGB. Ein Beispiel: Zwei Unternehmen schließen einen langfristigen Liefervertrag, aber es gibt keine ausdrückliche Regelung, was passiert, wenn sich die Rohstoffpreise drastisch verändern. Mithilfe der ergänzenden Vertragsauslegung könnte ermittelt werden, wie die Parteien diese Situation nach ihrem mutmaßlichen Willen geregelt hätten, etwa durch eine angemessene Preisanpassungsklausel.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Zwingendes Recht hat immer Vorrang. Soweit es keine zwingenden Vorschriften gibt, bestimmt die Parteivereinbarung den Vertragsinhalt. Bleiben dennoch Lücken, helfen das dispositive Recht oder die ergänzende Vertragsauslegung weiter.

Merke

Bei Regelungslücken im Vertrag zusätzlich

  1. Dispositives Recht: z.B. § 612 BGB, wenn Dienst-/Arbeitsvertrag keine Regelung über Vergütung; z.B. § 311c BGB Zubehör im Zweifel von Verpflichtung umfasst; z.B. § 269 BGB für Leistungsort und § 271 BGB für Leistungszeit
  2. Hypothetischer Parteiwille: Ergänzende Vertragsauslegung, §§ 133, 157 BGB
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