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Konkurrenzen zwischen Ansprüchen
Wie verhält es sich, wenn die Voraussetzungen mehrerer Anspruchsgrundlagen erfüllt sind? Muss der Anspruchsinhaber sich für eine Anspruchsgrundlage entscheiden?
Wenn die Voraussetzungen mehrerer Anspruchsgrundlagen erfüllt sind, stellt sich die Frage, ob der Anspruchsinhaber zwischen diesen Ansprüchen wählen muss oder ob sie nebeneinander bestehen bleiben können. Wie stehen die Ansprüche zueinander in Konkurrenz? Hier wird zwischen Anspruchskonkurrenz und der Gesetzeskonkurrenz unterschieden wird.
Beginnen wir mit der Anspruchskonkurrenz. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen mehrere inhaltsgleiche Ansprüche aus verschiedenen und voneinander unabhängigen Anspruchsgrundlagen bestehen. Das bedeutet, dieselbe Rechtsfolge – etwa ein Schadensersatzanspruch für Heilbehandlungskosten – kann aus verschiedenen Normen abgeleitet werden, die unabhängig voneinander existieren. Häufig liegt dem eine identische Tatsachengrundlage zugrunde. Ein praktisches Beispiel ist der vertragliche Schadensersatz nach den §§ 280 ff. BGB, der neben dem deliktischen Schadensersatzanspruch nach §§ 823 ff. BGB bestehen kann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen beider erfüllt sind. Wichtig ist dabei, dass der Gläubiger zwar zwischen den Anspruchsgrundlagen wählen kann, die Leistung aber nur ein einziges Mal verlangen darf. Sobald ein Anspruch erfüllt wird, erlöschen automatisch die übrigen Ansprüche. Der Schuldner muss nicht mehrfach leisten.
Zivilrechtliche Ansprüche können regelmäßig nebeneinander bestehen in Anspruchskonkurrenz, da die verschiedenen Normen unterschiedliche Haftungsvoraussetzungen und Schutzzwecke haben. Um den möglichen parallelen Anspruch im Gutachten zu prüfen, bietet es sich an, darauf in einem Obersatz hinzuweisen, etwa so: „A könnte seinen Schadensersatzanspruch gegen B wegen der Schädigung möglicherweise zusätzlich auch auf § 823 I BGB stützen.“
Anders verhält es sich bei der Gesetzeskonkurrenz. Diese liegt vor, wenn ein Anspruch aufgrund einer speziellen Regelung einen anderen verdrängt. In einem solchen Fall kann der Anspruchsinhaber sich nicht auf beide Anspruchsgrundlagen stützen, sondern ausschließlich auf die verdrängende Norm zurückgreifen. Ein klassisches Beispiel ist die Sperrwirkung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (EBV) nach den §§ 987 ff. BGB. Diese speziellen Vorschriften verdrängen in Fällen des EBV die allgemeiner gehaltenen Regelungen zu den §§ 812 ff. BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung und die §§ 823 ff. BGB über die deliktische Haftung. Der Gesetzgeber will damit verhindern, dass konkurrierende Regelungen für denselben Lebenssachverhalt Anwendung finden und zu widersprüchlichen Ergebnissen führen.
Merk dir: Bei Anspruchskonkurrenz kann der Gläubiger seinen Anspruch auf mehrere Anspruchsgrundlagen stützen, während bei Gesetzeskonkurrenz ein Anspruch die anderen verdrängt.
Konkurrenzen bei Vorliegen mehrerer Ansprüche
- Anspruchskonkurrenz: Mehrere inhaltsgleiche Ansprüche gestützt auf selbständige verschiedene Anspruchsgrundlagen; selber Lebenssachverhalt, mehrere Normen mit selber Rechtsfolge
- Gläubiger kann Leistung nur einmal verlangen: Alle Ansprüche erlöschen, wenn nur einer erfüllt wird
- Gläubiger muss eine Anspruchsgrundlage wählen
- Zivilrechtliche Ansprüche stehen zueinander regelmäßig in Anspruchskonkurrenz
- z.B. vertraglicher Schadensersatz gem. §§ 280 ff. BGB und deliktischer Schadensersatz gem. §§ 823 ff. BGB nebeneinander anwendbar
- Formulierungsbeispiel im Obersatz, wenn bereits ein Anspruch bejaht: „[A] könnte seinen [Schadensersatzanspruch] gegen [B] wegen [der Schädigung] möglicherweise zusätzlich auch auf [§ 823 I BGB] stützen.“
- Gesetzeskonkurrenz: Ein Anspruch verdrängt andere Ansprüche
- z.B. Sperrwirkung des EBV: §§ 987 ff. BGB verdrängen die §§ 812 ff. BGB und §§ 823 ff. BGB
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