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Kreditsicherung: Sicherungsabrede
Was versteht man unter einer Sicherungsabrede? Bei welchen Kreditsicherheiten ist sie relevant?
Wenn ein Kreditnehmer eine Sicherheit stellt, möchte er natürlich sicherstellen, dass diese nur in einem bestimmten Rahmen genutzt wird. Genau hier kommt die Sicherungsabrede ins Spiel.
Die Sicherungsabrede – auch Sicherungsvertrag, Zweckabrede oder Zweckerklärung genannt – ist eine Vereinbarung zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer darüber, wofür die gestellte Kreditsicherheit verwendet werden darf. Sie legt vertraglich den Zweck der Sicherheit fest und stellt somit eine fiduziarische, also treuhänderische, Bindung her. Besonders wichtig ist sie bei nichtakzessorischen Realsicherheiten wie der Sicherungszession, der Sicherungsübereignung oder der Sicherungsgrundschuld. Diese Sicherheiten sind im Gegensatz zu akzessorischen Sicherheiten nicht direkt an eine bestimmte Forderung gebunden, sondern bestehen unabhängig davon. Das bedeutet, dass der Sicherungsnehmer die Sicherheit theoretisch auch für andere Zwecke nutzen oder verwerten könnte, selbst wenn die gesicherte Forderung bereits beglichen ist. Genau das soll die Sicherungsabrede verhindern.
Ein Beispiel macht das deutlich: Ein Unternehmen überträgt zur Kreditsicherung eine Maschine an die Bank im Wege der Sicherungsübereignung. Die Bank wird also formell Eigentümerin der Maschine. Ohne eine Sicherungsabrede könnte sie theoretisch auch dann noch über die Maschine verfügen, wenn der Kredit längst zurückgezahlt wurde. Durch die Sicherungsabrede wird vertraglich festgelegt, dass die Bank das Eigentum nur für den Zweck der Absicherung des Kredits erhält und es zurückübertragen muss, sobald die gesicherte Forderung erloschen ist.
Damit schafft die Sicherungsabrede eine sogenannte Ersatzakzessorietät. Sie ersetzt die fehlende gesetzliche Bindung der nichtakzessorischen Sicherheit an eine bestimmte Forderung durch eine vertragliche Begrenzung. So wird verhindert, dass die Sicherheit missbräuchlich in Anspruch genommen wird.
Zentral ist also, dass die Sicherungsabrede eine vertragliche Zweckbindung für nichtakzessorische Sicherheiten herstellt, um eine unberechtigte Verwertung zu verhindern.
Sicherungsabrede (SiA) / Sicherungsvertrag / Zweckabrede / Zweckerklärung: Vereinbarung über den Zweck von Kreditsicherheiten (fiduziarische Bindung)
- Insb. relevant bei nichtakzessorischen Realsicherheiten: Sicherungszession, Sicherungsübereignung, Sicherungsgrundschuld
- Schaffung einer „Ersatzakzessorietät“ durch Vertrag, um missbräuchliche Inanspruchnahme der Sicherheit zu verhindern
Was muss inhaltlich in einer Sicherungsabrede vereinbart werden?
Damit diese Sicherheiten nicht einfach beliebig verwertet werden können, wird eine sogenannte Sicherungsabrede getroffen. Doch was genau muss in einer solchen Vereinbarung geregelt sein?
Der Inhalt der Sicherungsabrede regelt, unter welchen Bedingungen eine Sicherheit gestellt wird und wie damit umzugehen ist. Ein zentraler Bestandteil ist das Treuhandverhältnis. Das bedeutet, dass der Sicherungsnehmer, zum Beispiel die kreditgebende Bank, die Sicherheit nur unter bestimmten Bedingungen verwerten darf. Sie darf also nicht einfach darüber verfügen, sondern nur dann, wenn der Sicherungsfall eintritt, also beispielsweise wenn der Kreditnehmer seine Raten nicht bezahlt. Außerdem verpflichtet sich die Bank, die Sicherheit zurückzugeben, sobald die Hauptforderung – also etwa die Kreditrückzahlung – erfüllt ist. Dieses treuhänderische Element schützt den Sicherungsgeber davor, dass seine Sicherheiten unrechtmäßig genutzt werden.
Ein wichtiger Punkt ist dabei die Zweckbestimmung. Sie legt fest, welche Forderung durch die Sicherheit abgesichert wird. So kann etwa vereinbart sein, dass eine Grundschuld nicht für beliebige Schulden, sondern nur für ein bestimmtes Darlehen genutzt werden darf. Ebenso muss der Sicherungsfall klar definiert sein. Diese Regelung beschreibt, unter welchen Umständen die Bank tatsächlich auf die Sicherheit zugreifen darf, etwa wenn der Kreditnehmer mit mehreren Raten in Verzug ist.
Auch die Frage, was mit der Sicherheit passiert, wenn die gesicherte Forderung erlischt, muss geklärt sein. Wird der Kredit vollständig zurückgezahlt, muss die Bank die Sicherheit an den Sicherungsgeber zurückgeben. Das kann bedeuten, dass eine Grundschuld gelöscht oder eine übereignete Sache zurückgegeben wird.
Hält sich der Sicherungsnehmer nicht an diese Vereinbarungen, kann dies eine Verletzung der treuhänderischen Pflichten darstellen. In solchen Fällen kann der Sicherungsgeber unter Umständen Schadensersatz verlangen nach den Vorschriften der §§ 280 ff. BGB.
Präge dir ein, dass die Sicherungsabrede das Verhältnis zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer klärt, indem sie die Sicherheit an die Forderung bindet und eine treuhänderische Verpflichtung des Sicherungsnehmers vorsieht.
- Inhalt des Sicherungsvertrags
- Treuhandverhältnis: Sicherungsnehmer (z.B. Bank) verpflichtet sich über Sicherheit nur im Sicherungsfall zu verfügen (fiduziarisches Element) und nach Bewirken der Hauptforderung Sicherheit zurückzugewähren
- Zweckbestimmung: Verknüpfung gesicherter Forderung mit Sicherheit (z.B. bestellte Sicherheit dient der Sicherung aller Forderungen aus bestimmtem Darlehensvertrag)
- Sicherungsfall: Unter welchen Umständen Sicherheit verwertet werden darf (z.B. wenn Darlehensraten nicht bezahlt)
- Erlöschen der Forderung: Was mit der Sicherheit passiert, wenn gesicherte Forderung erlischt (z.B. Sicherheit muss an Sicherungsgeber zurückgegeben werden)
- Bei Verletzung der treuhänderischen Pflichten ggf. Schadensersatzpflicht gem. §§ 280 ff. BGB
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Bei welchen Kreditsicherheiten spielt die Sicherungsabrede als eigenes Geschäft keine Rolle?
Bei manchen Sicherheiten spielt die sogenannte Sicherungsabrede eine zentrale Rolle, bei anderen hingegen ist sie überflüssig.
Das ist zum einen bei den Personalsicherheiten der Fall. Hier haftet eine Person mit ihrem gesamten Vermögen für die Rückzahlung des Kredits, etwa durch eine Bürgschaft. Die Besonderheit ist, dass die Sicherheitsabrede und die Begründung der Sicherheit in einem einzigen Rechtsgeschäft zusammenfallen. Es gibt deshalb kein eigenständiges Sicherungsgeschäft, weil das Sicherungsversprechen bereits die Sicherheit selbst darstellt.
Zum anderen ist die Sicherungsabrede bei akzessorischen Sicherheiten weniger bedeutsam. Weil diese Sicherheiten gesetzlich eng mit der Hauptforderung verknüpft sind, ergibt sich ihr Zweck bereits aus dem Gesetz. Eine zusätzliche Sicherungsabrede würde hier also keine wesentliche Rolle spielen.
Zentral ist also, dass die Sicherungsabrede dort weniger relevant ist, wo Sicherheit und Forderung bereits von vornherein rechtlich verknüpft sind.
- Personalsicherheiten: Nur ein einziges Rechtsgeschäft dient als Sicherungsabrede und begründet gleichzeitig Sicherheit
- Akzessorische Sicherheiten: Sicherungsabrede hat weniger Bedeutung, da Zweck bereits durch Akzessorietät gesetzlich vorgegeben
Welche Ebenen müssen bei einer Kreditsicherheit aufgrund einer Sicherungsabrede unterschieden werden?
Bei Kreditsicherheiten aufgrund einer Sicherungsabrede müssen rechtlich drei Ebenen sorgfältig unterschieden werden.
Die erste Ebene ist die der gesicherten Forderung, auch Hauptforderung genannt. Das ist die Forderung, die abgesichert werden soll, also zum Beispiel ein Darlehensvertrag zwischen Bank und Darlehensnehmer.
Die zweite Ebene ist die Ebene des Kausalgeschäfts, die Sicherungsabrede. Sie stellt die Verknüpfung zwischen der gesicherten Forderung und der Sicherheit dar. Der Darlehensnehmer verpflichtet sich darin, eine Sicherheit zu bestellen, zum Beispiel eine Grundschuld. Die Sicherungsabrede bildet als Verpflichtungsgeschäft den Rechtsgrund für das Verfügungsgeschäft, also die Bestellung der Sicherheit bildet. Der Sicherungsgeber (z.B. Darlehensnehmer) verpflichtet sich darin, eine Sicherheit zu bestellen, zum Beispiel eine Sicherungsübereignung. Die Bestellung selbst erfolgt aber erst durch die nachfolgende Verfügung auf der dritten Ebene.
Auf der dritten Ebene erfolgt schließlich das Verfügungsgeschäft, also die tatsächliche Bestellung der Sicherheit. Das kann beispielsweise die Übereignung einer beweglichen Sache an die Bank zur Sicherung des Darlehens sein. Dabei ist entscheidend, dass dieses Verfügungsgeschäft aufgrund der Sicherungsabrede erfolgt und nicht etwa direkt wegen des Darlehensvertrags. Man sollte also nie formulieren, dass die Sicherungsübereignung aufgrund des Darlehensvertrags erfolgt, sondern immer, dass sie aufgrund der Sicherungsabrede vorgenommen wird.
Achte also immer darauf, die gesicherte Forderung, die Sicherungsabrede und die Bestellung der Sicherheit auseinanderzuhalten und in deiner Prüfung sauber zu trennen.
Verschiedene Ebenen von Kreditsicherungsgeschäften
- Ebene gesicherte Forderung / Hauptforderung: z.B. Darlehensvertrag
- Ebene Kausalgeschäft Sicherungsabrede: Verknüpfung gesicherter Forderung mit Sicherheit
- Rechtsgrund für Verfügungsgeschäft (Bestellung der Sicherheit): Sicherungsgeber (z.B. Darlehensnehmer) verpflichtet sich Sicherheit zu bestellen (Bestellung selbst erfolgt erst durch Verfügung auf 3. Ebene)
- Ebene Verfügungsgeschäft Bestellung der Sicherheit: Aufgrund Sicherungsabrede
- z.B. nie formulieren „Sicherungsübereignung aufgrund des Darlehensvertrags“
Kann die Sicherheitsabrede schon vor der Bestellung der Sicherheit erfolgen? Auf was ist dann besonders zu achten?
Kann man sich über eine solche Sicherheit schon einigen, bevor sie überhaupt bestellt wird? Ja, das ist möglich, und zwar durch eine antizipierte Sicherungsabrede. Dabei erfolgt die Einigung über die Sicherheitsleistung bereits vor der eigentlichen Verfügung, also zum Beispiel bevor der Schuldner überhaupt Besitz an einer Sache erlangt, die später zur Sicherung dienen soll.
Besonders wichtig ist in solchen Fällen der Bestimmbarkeitsgrundsatz. Das bedeutet, dass bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eindeutig feststehen muss, was konkret als Sicherungsmittel dienen soll. Es darf keine Unklarheiten geben, damit später keine Streitigkeiten entstehen. Die Kriterien, nach denen die Sicherungsgegenstände bestimmt werden, müssen einfach und leicht erkennbar sein. Ein Beispiel wäre eine Vereinbarung, dass alle in einer Lagerhalle befindlichen Kisten mit roter Markierung zur Sicherungsübereignung verwendet werden. Dadurch ist jederzeit eindeutig feststellbar, welche Gegenstände von der Sicherungsabrede erfasst sind.
Eine antizipierte Sicherungsabrede ist also schon vor der Verfügung möglich.
Antizipierte Sicherungsabrede: Einigung möglich vor Verfügung (z.B. vor Begründung des Besitzes bei Sicherungsübereignung)
- Bestimmbarkeitsgrundsatz besonders beachtlich: Bei Vertragsschluss Klarheit über Reichweite des Sicherungsmittels erforderlich; anhand einfacher, leicht erkennbarer Kriterien (z.B. in Lagerhalle werden alle rot gekennzeichneten Kisten zur Sicherung übereignet)
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