- Zivilrecht
- Allgemeiner Teil des BGB
- Geschäftsfähigkeit
Lediglich rechtlicher Vorteil
In welchen Fällen ist ein Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft? Ist ein wirtschaftlich vorteilhaftes Geschäft ausreichend? Sind mittelbare Nachteile unschädlich?
Ein Minderjähriger kann ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nur dann wirksam selbst ein Rechtsgeschäft abschließen, wenn es ihm lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Doch was genau bedeutet das? Ein Geschäft ist lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn es die Rechtsstellung des Minderjährigen ausschließlich verbessert, ihn also nur berechtigt, aber nicht verpflichtet.
Das trifft insbesondere auf schuldrechtliche Verträge zu, die für den Minderjährigen keine Verpflichtungen begründen. Ein typisches Beispiel ist die Schenkung: Wenn jemand einem Minderjährigen ein Fahrrad schenkt, erhält dieser das Fahrrad, ohne eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Da er keine Verpflichtung eingeht, ist die Schenkung für ihn lediglich rechtlich vorteilhaft.
Auch der dingliche Erwerb ist regelmäßig rechtlich vorteilhaft. Wenn der Minderjährige Eigentum an einer Sache erwirbt, verbessert sich seine rechtliche Stellung, weil er als Eigentümer die Sache nun nutzen und darüber verfügen kann. Verpflichtungen entstehen daraus zunächst nicht.
Entscheidend ist, dass nur die rechtliche und nicht die wirtschaftliche Betrachtung zählt. Ob das Geschäft wirtschaftlich vorteilhaft oder nachteilig ist, ist unerheblich. Wenn der Minderjährige etwa ein geschenktes Auto bekommt, das hohe Unterhaltskosten verursacht, ist das wirtschaftlich betrachtet vielleicht nachteilig, aber rechtlich bleibt es vorteilhaft, da sich keine rechtlichen Verpflichtungen aus der Schenkung ergeben.
Auch mittelbare Nachteile, die sich aus dem Geschäft ergeben, sind unschädlich. Das heißt, selbst wenn dem Minderjährigen durch das Geschäft später Verpflichtungen entstehen, bleibt es selbst rechtlich vorteilhaft. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Minderjähriger eine Schenkung annimmt und sich dadurch später einer Rückforderung nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ausgesetzt sieht. Das könnte für den Minderjährigen zwar im Ergebnis nachteilig sein, ändert aber nichts daran, dass der Erwerb des Geschenks zunächst nur seine Rechtsstellung verbessert hat.
Lediglich rechtlich vorteilhaft ist ein Geschäft also immer dann, wenn der Minderjährige ausschließlich Rechte erlangt, aber keinerlei rechtliche Verpflichtungen eingeht.
Lediglich rechtlicher Vorteil: Rechtsstellung ausschließlich verbessert
- Schuldrechtliche Verträge ohne Verpflichtungen für den Minderjährigen: Nur berechtigt, nicht verpflichtet; insb. unentgeltlich, z.B. Schenkung
- Dinglicher Rechtserwerb: z.B. Erwerb von Eigentum
- Rein wirtschaftlicher Vorteil oder Nachteil unbeachtlich
- Mittelbare Rechtsnachteile unbeachtlich: z.B. Entstehung von Ansprüchen aus § 816 I 1 BGB oder § 823 I BGB
In welchen Fällen werden Grundstücksübereignungen als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen und in welchen Fällen als rechtlich nachteilhaft?
Wenn ein Grundstück an einen beschränkt Geschäftsfähigen übereignet wird, stellt sich natürlich die Frage, ob dies lediglich rechtlich vorteilhaft oder auch nachteilhaft ist.
Grundsätzlich wird die Übereignung eines Grundstücks als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen. Zwar entstehen durch den Erwerb öffentliche Lasten wie die Grunderwerbsteuer oder die Grundsteuerpflicht, doch diese gelten als lediglich mittelbare Nachteile, die nicht berücksichtigt werden. Da diese Lasten zudem in ihrem Umfang begrenzt bleiben und wirtschaftlich von geringer Bedeutung sind, wäre es reiner Formalismus, dafür ein Mitwirken der gesetzlichen Vertreter zu verlangen und dem Minderjährigen das Geschäft gegebenenfalls aus der Hand zu schlagen, wenn diese nicht einverstanden sind.
Auch wenn das Grundstück mit einem Grundpfandrecht belastet ist, bleibt die Übereignung rechtlich vorteilhaft. Der Grund dafür ist, dass sich der Gläubiger in der Regel nur aus dem Grundstück und nicht aus dem persönlichen Vermögen des Erwerbers befriedigen kann.
Ähnlich verhält es sich mit einem Nießbrauch. Sofern die Vereinbarung besteht, dass der Nießbraucher nicht nur die gewöhnlichen, sondern auch außergewöhnliche Ausbesserungs- und Erneuerungskosten sowie die Grundstückslasten trägt, der Eigentümer also nicht Aufwendungs- oder Verwendungsersatz nach §§ 1049, 677 ff. BGB zu zahlen hat, entstehen dem minderjährigen Erwerber daraus keine finanziellen Verpflichtungen. Die Übereignung bleibt somit rechtlich vorteilhaft.
Rechtlich nachteilig ist die Übereignung hingegen dann, wenn sie den Erwerber auch zu persönlichen Verpflichtungen aus dem Erwerb des Grundstücks zwingt. Das ist insbesondere der Fall, wenn das Grundstück vermietet ist. Nach § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwerber in die mietvertraglichen Verpflichtungen des vorherigen Eigentümers ein („Kauf bricht nicht Miete“). Er kann daher nicht nur Rechte aus dem Mietvertrag geltend machen, sondern muss gegebenenfalls auch Pflichten wie die Instandhaltung der Mietsache übernehmen. Gleiches gilt beim Erwerb einer Eigentumswohnung: Nach den §§ 14 ff. WEG treffen den neuen Eigentümer Verpflichtungen aus der Wohnungseigentümergemeinschaft, insbesondere eine gesamtschuldnerische Haftung für Verbindlichkeiten, die die Gemeinschaft eingegangen ist. Auch hier entstehen also nicht nur Rechte, sondern auch unmittelbar rechtliche Pflichten.
Besonders deutlich wird der Nachteil bei der Belastung mit einer Reallast nach §§ 1105 ff. BGB. Diese führt nach § 1108 BGB zu einer persönlichen Haftung des Eigentümers, das heißt, er haftet nicht nur mit dem Grundstück, sondern auch mit seinem gesamten sonstigen Vermögen. Ebenso ist jede sonstige Haftung, die über das Grundstück hinausgeht und das persönliche Vermögen des Erwerbers betrifft, rechtlich nachteilig.
Zentral ist also, dass eine Grundstücksübereignung immer dann lediglich rechtlich vorteilhaft ist, wenn sie den Erwerber nicht zu persönlichen Verpflichtungen zwingt.
Grundstücksübereignung, §§ 873 I, 925 BGB: Regelmäßig als lediglich rechtlich vorteilhaft angesehen
- Führt zur Entstehung öffentlicher Lasten (z.B. Grunderwerb- und Grundsteuerpflicht)
- Unschädlich, da nur mittelbarer Nachteil
- Unschädlich, da in Umfang begrenzt und wirtschaftlich derart unbedeutend, dass deshalb Verneinung des Geschäfts durch gesetzlichen Vertreter nicht zu rechtfertigen (Mitwirkungserfordernis wäre Formalismus)
- Belastung mit Grundpfandrecht: Unschädlich, da evtl. Befriedigung nur aus Grundstück, nicht Privatvermögen
- Belastung mit Nießbrauch, §§ 1030 ff. BGB: Unschädlich, wenn Nießbraucher, abweichend von §§ 1041 2, 1047, auch Kosten außergewöhnlicher Ausbesserungen, Erneuerungen und Grundstückslasten zu tragen hat, der Eigentümer also nicht Aufwendungs- oder Verwendungsersatz nach §§ 1049, 677 ff. BGB zu zahlen hat
- Vermietetes Grundstück, da gem. § 566 I BGB aus Übereignung Pflichten aus Mietvertrag erwachsen („Kauf bricht nicht Miete“)
- Eigentumswohnung: Wenn Pflichten aus WEG, §§ 14 ff. WEG, insb. Gesamtschuldnerschaft für Verbindlichkeiten der Eigentümergemeinschaft
- Belastung mit Reallast, §§ 1105 ff. BGB: Wegen persönlicher Haftung, § 1108 BGB, rechtlich nachteilhaft
- Wenn sonstige Haftung mit persönlichem Vermögen, d.h. nicht nur aus Grundstück
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Die siebenjährige A hat eine reiche Tante. Diese will ihr drei Grundstücke übereignen. Das erste ist unbebaut. Auf dem zweiten steht ein vermietetes Wohngebäude. Das dritte ist noch mit einer Grundschuld belastet. Außerdem soll T noch eine Eigentumswohnung bekommen. Welche Übereignung ist wirksam?
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