- Strafrecht
- Allgemeiner Teil des StGB
- Beteiligung: Täterschaft und Teilnahme
Mittelbare Täterschaft, § 25 I Alt. 2 StGB
Was versteht man unter mittelbarer Täterschaft?
Mittelbare Täterschaft, § 25 I Alt. 2 StGB: Tat durch anderen begangen
- Unmittelbare Täterschaft, § 25 I Alt. 1 StGB: Tat selbst begangen
- Hintermann nutzt Vordermann als Werkzeug, um durch ihn die Tat zu begehen
- Auch wenn Opfer „Werkzeug gegen sich selbst“ (z.B. „Sirius-Fall“)
- Zurechnung der Tathandlung des Hintermanns zum Vordermann, § 25 I Alt. 2 StGB
- Normzitat des in mittelbarer Täterschaft begangenen Delikts: Hinter der Strafnorm wird § 25 I Alt. 2 StGB angefügt; z.B. Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 223 I, 25 I Alt. 2 StGB
Wie prüft man bei der mittelbaren Täterschaft Vordermann und Hintermann im Gutachten?
Aufbau der Prüfung der Strafbarkeit von Vordermann und Hintermann
- Erst Vordermann ganz normal prüfen: Keine Erforderlichkeit der Prüfung des § 25 I Alt. 2 StGB als Zurechnungsregel; regelmäßig nicht strafbar („deliktisches Defizit“)
- Dann Hintermann prüfen: Delikt in mittelbarer Täterschaft, z.B. Totschlag in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 212 I, 25 I Alt. 2 StGB
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Unter welchen Voraussetzungen kann die Handlung des Vordermanns dem Hintermann zugerechnet werden?
Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft
- Objektiver Tatbestand
- Erfolg durch anderen: Nicht eigenhändig Tatbestand verwirklicht
- Tathandlung: Zurechnung gem. § 25 I Alt. 2 nach Verantwortungsprinzip
- Formulierungsbeispiel Obersatz: „Fraglich ist, ob A sich das Verhalten von B nach § 25 I Alt. 2 StGB als eigenes zurechnen lassen muss“
- aa) Vordermann ist „Werkzeug“ ohne Tatherrschaft
- Vordermann hat deliktischen Defekt / deliktisches Minus / deliktisches Defizit: Vordermann nicht strafbar z.B. aufgrund eines Irrtums; Handelt nicht tatbestandsmäßig (z.B. kein Vorsatz), nicht rechtswidrig oder nicht schuldhaft
- „Täter hinter dem Täter“: In bestimmten Konstellationen auch bei volldeliktischem Handeln des Vordermanns mittelbare Täterschaft des Hintermanns angenommen
- bb) Hintermann hat Tatherrschaft: Kraft überlegenen Wissens oder Willens
Kann der Hintermann auch mittelbarer Täter sein, wenn der Vordermann sich strafbar gemacht hat?
„Täter hinter dem Täter“: Umstritten, ob Hintermann in bestimmten Konstellationen bei normativer Betrachtung auch als mittelbarer Täter bestraft werden kann, wenn Vordermann volldeliktisch handelt, sich also strafbar gemacht hat
- „Täter hinter dem Täter“: Hintermann auch ohne deliktisches Defizit des Vordermanns mittelbarer Täter, wenn er nach wertender Gesamtbetrachtung das tatbestandliche Unrecht verwirklicht hat
- z.B. Organisationsherrschaft / Vollzug gewährleistet, da Vordermann eingebunden in von Hintermann gesteuerter Struktur, z.B. Mafiaboss befehligt Tod des X, wenn A es nicht tut, tut es B; z.B. Schreibtischtäter mit Machtapparat („DDR-Mauerschützenfälle“)
- z.B. Unrechtsminus: Volles Unrecht der Tat verborgen; z.B. vermeidbarer Verbotsirrtum, § 17 („Katzenkönig-Fall“); z.B. wahrheitswidrig Verlangen i.S.d. § 216 des Getöteten vorgetäuscht
- Dadurch ist Vordermann tatsächlich vom Hintermann gesteuertes Werkzeug
Wann setzt der mittelbare Täter unmittelbar an zum Versuch?
Versuchsbeginn / Unmittelbares Ansetzen bei der mittelbaren Täterschaft: Zeitpunkt des Versuchsbeginns beim mittelbaren Täter umstritten
- Wenn Werkzeug unmittelbar zur Verwirklichung ansetzt
- Schon bei Einwirken auf Werkzeug
- g.h.M, modifizierte Einzellösung: Wenn Werkzeug aus Einwirkungsbereich entlassen zur „alsbaldigen“ Vollendung (Geschehen aus der Hand gegeben) und Angriffsobjekt bereits konkret gefährdet (bei größerem Zeitraum dazwischen erst bei Ansetzen zur Tatbestandshandlung)
- Geschehen wird so „aus der Hand gegeben“, dass resultierender Angriff ohne weitere wesentliche Zwischenschritte bald unmittelbar verwirklicht wird
Wie ist der Hintermann bei der mittelbaren Täterschaft zu bestrafen, wenn beim Vordermann ein error in persona vorliegt?
Error in persona bei Vordermann im Rahmen der mittelbaren Täterschaft
- Bislang h.M.: Situation des aberratio ictus ⇨ hinsichtlich Verletzungsobjekt nur Fahrlässigkeitsdelikt und hinsichtlich Angriffsobjekt Versuchsdelikt in mittelbarer Täterschaft
- Kein Unterschied, ob Täter sich eines mechanischen Werkzeugs bedient (z.B. Pistole) oder einen Menschen als Werkzeug benutzt (Wenn Werkzeug fehlgeht, geht Tat fehl)
- Beispiel: Vordermann verwechselt Person, die er töten soll ⇨ Strafbarkeit des Hintermanns bzgl. Verletzungsobjekt wegen fahrlässiger Tötung gem. § 222 StGB (nicht in mittelbarer Täterschaft sondern direkt), und bzgl. Angriffsobjekt wegen versuchten Totschlags in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 212 I, 25 I Alt. 2, 22, 23 I StGB
- Vordringende Ansicht in der Lit.: Differenzierung danach, ob Hintermann dem Vordermann Spielraum bei Individualisierung und Konkretisierung des Opfers lässt
- Wenn Vordermann Individualisierung selbst anhand einer Beschreibung übernehmen soll, ähnelt Situation des error in persona beim Haupttäter im Rahmen der Anstiftung ⇨ unbeachtlich, wenn objektiv vorhersehbar nach allgemeiner Lebenserfahrung ⇨ Strafbarkeit des Hintermanns wegen vorsätzlichem Delikt in mittelbarer Täterschaft
- Nur wenn Vordermann ohne Auswahlmöglichkeit bei Individualisierung liegt bei Vordermann aberratio ictus vor
- Wer Vordermann weiten Spielraum überlässt, kann durch Identitätsverwechslung bei Vordermann nicht entlastet werden
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T gibt M klare Anweisungen, eine bestimmte Person zu töten, die er ihm genau beschreibt. M verwechselt das Opfer versehentlich trotzdem und tötet eine andere Person. Welche Aussagen sind zutreffend?
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