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Objektive Zurechnung

Objektive ZurechnungAtypischer KausalverlaufDazwischentreten eines DrittenEigenverantwortliches Dazwischentreten eines DrittenHIV
Aktualisiert vor 7 Tagen

Unter welchen Umständen ist ein Erfolg dem Täter objektiv zurechenbar?

Merke

Objektive Zurechnung: Kausalitätsbegrenzung unter wertenden Gesichtspunkten

  • Wenn Taterfolg normativWerk des Täters“ ist: Wenn der Täter mit seiner Handlung eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im Erfolg niederschlägt
  1. Rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen: Gerade von Schutzzweck der missbilligenden Norm erfasst
    • Nicht allgemeines Lebensrisiko: z.B. Zeugung eines Kindes, das zum Mörder wird, ist keine Tötungshandlung der Eltern
    • Nicht erlaubtes Risiko: z.B. nicht rechtlich missbilligt in öffentlichem Verkehrsmittel andere Passagiere mit Krankheitserregern zu belasten und so mit einer Krankheit anzustecken
  2. Gerade diese Gefahr hat sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert
    • Verantwortungsbereich des Täters: Umso größer je „mehr Vorsatz
    • Verantwortungsbereich des Opfers: z.B. wenn „Sensibelchen“ nach Beleidigung tot umfällt ist Tötungserfolg kein Werk des Beleidigers
    • Verantwortungsbereich eines Dritten: Insb. wenn eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten

Wie verhält es sich, wenn der Erfolg auf völlig andere Art und Weise eintritt, als es nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwarten war?

Merke
  • Objektive Zurechnung ausgeschlossen, wenn atypischer Kausalverlauf: Eingetretener Erfolg völlig außerhalb dessen, was nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung noch in Rechnung zu stellen
    • Keine objektive Zurechnung: Kein Werk des Täters, sondern Werk des Zufalls
    • Beispiel: z.B. Täter verwundet Opfer mit Tötungsvorsatz, Opfer wird gerettet, aber auf dem Weg zum Krankenwagen stolpert der Sanitäter und das Opfer fällt von der Trage, wobei es einen Genickbruch erleidet (Täter nicht strafbar wegen Totschlags, da keine objektive Zurechnung wegen atypischem Kausalverlauf; Täter nur strafbar wegen Körperverletzung)
    • Kriterien ähnlich wie bei der Bestimmung, ob ein Irrtum über den Kausalverlauf als Tatbestandsirrtum gem. § 16 I StGB im Rahmen des Vorsatzes vorliegt, daher regelmäßig auch kein Irrtum über den Kausalverlauf, wenn kein atypischer Kausalverlauf
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Ist dem Täter der Erfolg noch zurechenbar, wenn ein Dritter ihn eigenverantwortlich herbeiführt?

Merke

Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten: Anknüpfend an Verhalten des Täters (Ersttäter / Erstverursacher) führt ein Dritter in eigener Verantwortung den Erfolg herbei

  • Keine objektive Zurechnung bei Ersttäter, wenn Dritter neue Gefahr schafft und sich die neue Gefahr im Erfolg realisiert, da der Erfolg dann ein Werk des Dritten darstellt:
  • Zurechnungszusammenhang beim Ersttäter nach Abgrenzung der Verantwortungsbereiche
  • Ersttäter noch verantwortlich, wenn das Risiko des Dazwischentretens des Dritten ersichtlich oder jedenfalls nicht derartig außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt, dass damit nicht mehr hätte gerechnet werden müssen (z.B. nicht damit zu rechnen, wenn Verhalten des Dritten gänzlich vernunftwidrig)
  • Fallgruppen
    • Schaffung einer Gefahr mit dem Risiko des Dazwischentretens eines Dritten
      • Beispiel: z.B. Ersttäter lässt Schusswaffe offen rumliegen, während ein gewaltbereiter Dritter nur darauf wartet das Opfer zu erschießen und dies dann auch tut (Ersttäter strafbar wegen fahrlässiger Tötung, weil Risiko vorhersehbar war)
    • Fahrlässiges Dazwischentreten Dritter, insb. Ärzte und Retter
      • Beispiel: z.B. Ersttäter verwundet Opfer mit Tötungsvorsatz, Arzt begeht bei Rettung fahrlässig einen tödlichen Kunstfehler oder Behandlungsfehler (Ersttäter strafbar wegen Totschlags, weil Risiko vorhersehbar war)
    • Vorsätzliches Dazwischentreten Dritter
      • Beispiel: z.B. Ersttäter verwundet Opfer mit Tötungsvorsatz und hält es für tot, kehrt dann mit Drittem zum Tatort zurück, um Spuren zu beseitigen; Dritter entdeckt, dass Opfer noch lebt und tötet es („Pflegemutterfall“, Ersttäter strafbar wegen Totschlags, weil Risiko vorhersehbar war)
      • Beispiel: z.B. Ersttäter verwundet Opfer mit Tötungsvorsatz, Arzt unterlässt im Krankenhaus aus rassistischen Gründen die richtige Heilbehandlung und führt so vorsätzlich den Tod herbei (Ersttäter nicht strafbar wegen Totschlags, weil Risiko nicht vorhersehbar war)

Ist einem HIV-positiven Täter bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einem unwissendem Partner die Ansteckung zurechenbar?

Merke

Objektive Zurechnung bei HIV-Infektion durch ungeschützten Geschlechtsverkehr ohne Wissen des Partners um die Infektion des Täters

  • M.M.: Bei HIV-Infektion wegen geringer Wahrscheinlichkeit (0,1-1%) keine objektive Zurechnung, da erlaubtes Risiko
    • Große Gefahr durch Infektion; Risiko mit einfacher Maßnahme (Kondom) quasi auszuschließen
  • Sex mit HIV-Infiziertem, wenn Infektion bekannt: Dann eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Gefährdeten

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Frage 1/6

T ist HIV-positiv, informiert O darüber, und beide haben dennoch ungeschützten Geschlechtsverkehr. O infiziert sich daraufhin mit HIV. Ist T die Ansteckung objektiv zurechenbar?

Ja, weil T eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat.
Nein, weil O eigenverantwortlich gehandelt hat und das Risiko kannte.
Ja, weil T wusste, dass er HIV-positiv ist.
Nein, weil die Ansteckung als allgemeines Lebensrisiko zu betrachten ist.
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Ziad T.

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