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§ 823 I BGB B: Rechtsgutverletzung
Wann liegt eine Verletzung des Eigentums i.S.d. § 823 I BGB vor?
Eigentum: Substanzverletzung, unerlaubte Benutzung, Eindringen (z.B. Drohnenflug über Grundstück), Sachentziehung (z.B. Veräußerung), Störung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs
- Umstritten bei Weiterfressermangel
- Versicherungsrückstufung z.B. nach Autounfall
- Bei Kaskoversicherung ist Rückstufung Schaden aus Eigentumsverletzung
- Bei reiner Haftpflichtverletzung nicht, weil Haftpflichtversicherung nicht eigenes Eigentum versichert, sondern Eigentum anderer
Wer kann sich gem. § 823 I BGB auf eine Verletzung des Rechtsguts „Leben“ berufen?
Leben
- Getöteter hat keinen Schaden
- Hinterbliebene haben nur Vermögensschaden: Nicht selbst am Rechtsgut Leben verletzt
- Relevant daher nur im Rahmen der Ersatzansprüche Dritter, §§ 844, 845 BGB: Insbesondere seit 2017 neues Hinterbliebenengeld, § 844 III BGB, für eigenes erlittenes seelisches Leid des Hinterbliebenen (davor nur sehr eingeschränkt berücksichtigt im Rahmen von eigenen Ansprüchen wegen medizinisch beachtlichem Schockschaden)
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Wann liegt eine Verletzung von Körper oder Gesundheit i.S.d. § 823 I BGB vor?
Körper und Gesundheit
- Körper: Wesentlicher Eingriff in körperliche Integrität (z.B. Haare abschneiden)
- Gesundheit: Körperliche Funktionen in nicht unerheblicher Weise beeinträchtigt (unmittelbar oder mittelbar über Psyche), z.B. auch Vernichtung von eingefrorenem Sperma eines Zeugungsunfähigen Körperverletzung, da Zeugungsfähigkeit zerstört
Sind Kinder schon vor der Geburt vom Schutzbereich des § 823 I BGB umfasst?
Schon ungeborenes Kind bereits deliktsrechtlich geschützt: Hat bereits Grundrechte auf Menschenwürde gem. Art. 1 I GG und Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 II GG
- Nasciturus (dt.: „zu gebärender“): Gezeugtes, aber noch ungeborenes Kind (ab Nidation, d.h. Einnistung befruchteter Eizelle in der Uterusschleimhaut)
- Von Schutzbereich des § 823 I BGB umfasst, wenn durch vor seiner Geburt liegende Handlung geschädigt: z.B. Kind behindert, weil Mutter während der Schwangerschaft das Schlafmittel „Contergan“ verabreicht wurde
- Nondum conceptus: Noch nicht gezeugtes Kind
- Von Schutzbereich des § 823 I BGB umfasst, wenn durch vor seiner Zeugung liegende Handlung geschädigt: z.B. Kind behindert, weil Mutter vor der Schwangerschaft mit falschen Medikamenten behandelt wurde
Kann wegen der Geburt eines behinderten Kindes Schadensersatz gem. § 823 I BGB von einem Arzt gefordert werden, weil kein Schwangerschaftsabbruch vorgenommen wurde?
„Kind als Schaden“: Arzt erkennt Behinderung eines ungeborenen Kindes schuldhaft nicht durch Pränataldiagnostik, weshalb ungewolltes Kind nicht abgetrieben, sondern geboren wird
- Kein Anspruch des Kindes („wrongful life“) auf Ersatz von Gesundheitsschäden
- Leben kein Schaden
- Behinderung nicht durch Arzt verursacht
- Kein Anspruch der Eltern („wrongful birth“) auf Ersatz von Unterhaltsschäden
- Kein deliktischer Schadensersatz: Nicht „Kind als Schaden“
- Aber ggf. vertraglicher Schadensersatz aus §§ 280 ff. BGB für lebenslange Unterhaltspflicht
Wann liegt eine Verletzung der Freiheit i.S.d. § 823 I BGB vor?
Freiheit: Nur körperliche Bewegungsfreiheit
- Eingeschränkt durch Gewalt: Vis absoluta und vis compulsiva
- Auch psychisch vermittelt: z.B. Kleider wegnehmen am Badesee
Welche Rechte sind als sonstige Rechte i.S.d. § 823 I BGB geschützt?
Sonstige Rechte: Nur absolute Rechte (ggü. jedermann wirkend), die vergleichbar sind mit Eigentum; insb. nicht Vermögen
- Berechtigter Besitz bzw. Recht zum Besitz (nicht Besitz selbst, da kein Recht, sondern tatsächliches Institut); Vergleichsschutzgut Eigentum enthält auch Nutzungsfunktion, nicht nur Ausschluss wie Besitz (§§ 861 ff. BGB) ⇨ Besitz sonstiges Recht, wenn über possessorisches Recht hinausgehende Befugnis (insb. bei allen rechtmäßigen Besitzern)
- Grundpfandrecht
- Anwartschaftsrecht
- Patentrecht, Urheberrecht
- Elterliches Sorgerecht, §§ 1626 ff. BGB
- Räumlich-gegenständlicher Bereich der Ehe
- Allgemeines Persönlichkeitsrecht (APR), Art. 2 I, 1 I GG: Recht des Einzelnen auf Achtung seiner personalen und sozialen Identität und Entfaltung seiner Persönlichkeit; dreistufiges Schutzkonzept der Sozial-, Privat- und Intimsphäre (z.B. Tagebücher oder sexuelle Bild- und Videoaufnahmen)
- Abwägung der Verhältnismäßigkeit
- Verletzung berechtigt sogar zu Schmerzensgeld, abgeleitet direkt aus Art. 2 I, 1 I GG
- Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Unmittelbarer, betriebsbezogener Eingriff in berufliche Tätigkeit erforderlich, z.B. Boykottaufruf, Streikaufruf einer Gewerkschaft, Schmähkritik im Internet, Spam-Mails; z.B. nur mittelbarer Eingriff, wenn Stromausfall verursacht und Betrieb nicht weiterarbeiten kann
- Name, § 12 BGB: Wichtig im Bereich der Domain-Namen
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Arzt A verschreibt der schwangeren B das Schlafmittel "Contergan", obwohl bekannt ist, dass dies zu Missbildungen bei ungeborenen Kindern führen kann. Ihr Sohn C wird deshalb mit einer Körperbehinderung geboren. Hat C aus § 823 I BGB einen Anspruch gegen A?
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Ziad T.
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