Logo

Rückabwicklung unwirksamer gegenseitiger Verträge, insb. Saldotheorie

ZweikondiktionentheorieZweikondiktionenlehreRückabwicklung unwirksamer gegenseitiger VerträgeSaldotheorieModifizierte ZweikondiktionentheorieBeispielfall zur Saldotheorie
Aktualisiert vor 7 Tagen

Welche Probleme stellen sich bei der Rückabwicklung unwirksamer gegenseitiger Verträge im Bereicherungsrecht?

Merke

Rückabwicklung unwirksamer gegenseitiger Verträge: z.B. wirksam angefochtener Kaufvertrag, Kaufsache nach Übereignung zufällig untergegangen

  • Gegenseitige Kondiktionsansprüche: z.B. Käufer hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, Verkäufer hat Anspruch auf Rückgabe der Kaufsache (und ggf. Rückübereignung, wenn Übereignung wirksam war)
  • Problem: Unbilliges Ergebnis, wenn Sache beim Käufer zufällig untergegangen
    • Käufer kann sich dann auf Entreicherung gem. § 818 III BGB berufen, sodass Verkäufer keinen Anspruch auf Wertersatz gem. § 818 II BGB hat
    • Verkäufer muss aber trotzdem Kaufpreis herausgeben: Risiko des zufälligen Untergangs der Kaufsache liegt so bei Verkäufer

    • Zweikondiktionentheorie / Zweikondiktionenlehre: Streng nach Gesetzeswortlaut zwei unabhängig voneinander bestehende Kondiktionsansprüche ⇨ wenn einer durch Entreicherung vernichtet ist anderer davon nicht betroffen, z.B. Käufer entreichert, Verkäufer muss Kaufpreis herausgeben
      • Unbilliges Ergebnis, da Geldschuldner im Gegensatz zu Sachschuldner regelmäßig nicht entreichert; § 818 III BGB schützt aber nur Vertrauen in Bestand der Vermögensverschiebung, nicht darüber hinaus auch Kaufpreis zurückzubekommen (nur alternativ möglich); Käufer hat Sachherrschaft inne und hat sich zur Tragung der Sachgefahr entschieden, also soll diese nicht Verkäufer aufgebürdet werden
        • Faktisches Synallagma“: Leistungskondiktion als fehlgeschlagenes Vertragsrecht, Synallagma auch beim unwirksamen Vertrag zu berücksichtigen

  • Zur Lösung des Problems hat Rspr. Saldotheorie entwickelt
  • Beispielfall zur Saldotheorie s.u.

Welchen Lösungsansatz für die Rückabwicklung unwirksamer Verträge verfolgt die Saldotheorie? Wie funktioniert sie in zwei einfachen Schritten? In welchen Fällen wird die Saldotheorie nicht angewendet?

Merke

Rückabwicklung unwirksamer gegenseitiger Verträge führt zu unbilligem Ergebnis, wenn Sache beim Käufer zufällig untergegangen

  • Rspr., Saldotheorie: Einzelne Kondiktionsansprüche sind nur unselbständige Rechnungsposten deren Saldo einen einzigen Kondiktionsanspruch bildet (erst danach § 818 III BGB angewendet)

    1. Schritt: Ansprüche werden automatisch verrechnet (≠ Aufrechnung, die erklärt werden muss)
      • Saldierung von Amts wegen: Es ergibt sich ein einziger Bereicherungsanspruch
      • Erst in einem zweiten Schritt wird auf diesen Bereicherungsanspruch § 818 III BGB angewendet
    2. Schritt: Entreicherung Abzugsposten vom verbleibenden Bereicherungsanspruch
      • Sofern nach erstem Schritt Bereicherungsanspruch gegen den Entreicherten besteht, wird nun dessen Entreicherung vom Anspruch abgezogen
      • Maximal „auf null“: Kein negativer Saldo möglich

    • Im Ergebnis verbleibt regelmäßig ein Anspruch von null, sodass der Verkäufer den Kaufpreis behalten darf
    • Das Risiko des zufälligen Untergangs liegt dadurch richtigerweise beim Käufer
    • Beispielfall zur Saldotheorie s.u.

    • Saldotheorie gilt nur, wenn beide bereits geleistet haben
      • Zweikondiktionenlehre angewendet, wenn eine Partei vorgeleistet hat

    • Da Abweichung von Gesetzeswortlaut darf sich Saldotheorie auch nicht über Wertungen des BGB hinwegsetzen
      • Zweikondiktionenlehre angewendet bei
        • Eigenen nachteilhaften Geschäften von Minderjährigen
        • Arglistige Täuschung, § 123 BGB, und Wucher, § 138 BGB
        • Entreicherung aufgrund Sachmangels, für den bei gültigem Vertrag Verkäufer hätte einstehen müssen, Wertung des § 346 III Nr. 3 BGB
Logo -

Lerne Jura kompakt, verlinkt und interaktiv

Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht online lernen
Tausende interaktive Verknüpfungen zwischen den Inhalten für smartes Lernen
Multiple-Choice-Fallfragen zum Anwendungstraining
Persönlicher Lernfortschritt mit Statistik

In welchen Fällen gelangt die Saldotheorie an ihre Grenzen? Welcher Lösungsansatz wird deshalb stattdessen vertreten?

Merke

Grenzen der Saldotheorie

  • Bei Vorleistung einer Partei versagt Saldotheorie, da es nichts zu saldieren gibt; z.B. Kaufsache bereits übereignet aber noch nicht bezahlt ⇨ Verkäufer trägt Sachgefahr
  • Modifizierte Zweikondiktionentheorie als Lösung
    • h.L.; Modifizierte Zweikondiktionentheorie: Berücksichtigung des Synallagmas durch teleologische Reduktion des § 818 III BGB ⇨ Keine Berufung auf Entreicherung, wenn Untergang ihm zurechenbar (in seiner Risikosphäre)

      • Wegen allgemeinen Wertungen des BGB in selben Fällen nicht anzuwenden wie Saldotheorie (Minderjährigenschutz usw.)

A verkauft B ein Handy im Wert von 500€. A ficht den Kaufvertrag später erfolgreich an. Leider wurde das Handy zu diesem Zeitpunkt bereits ohne Verschulden des B durch die C zerstört. Hat A einen Anspruch aus Bereicherungsrecht?

Merke

Beispiel: A verkauft B ein Handy im Wert von 500€. A ficht den Kaufvertrag später erfolgreich an. Leider wurde das Handy zu diesem Zeitpunkt bereits ohne Verschulden des B durch die C zerstört.

  • Wechselseitige Bereicherungsansprüche stehen sich gegenüber aus allgemeiner Leistungskondiktion
    • B schuldet Wertersatz für Handy im Wert von 500€
    • A schuldet Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 500€
  • Aber weil das Handy aber bereits zerstört ist, könnte sich B auf Entreicherung gem. § 818 III BGB berufen (A dagegen nicht)
  • Zweikondiktionentheorie 
    • B schuldet nichts wegen Entreicherung gem. § 818 III BGB
    • A schuldet Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 500€
  • Saldotheorie
    1. Ansprüche werden verrechnet: 500€ - 500€ = 0€
    2. Entreicherung Abzugsposten vom verbleibenden Bereicherungsanspruch (maximal auf Null): 0€ - 500€ = 0€
    • B schuldet nichts
    • A schuldet nichts

Teste dein Wissen

Frage 1/1

A verkauft B ein Handy im Wert von 500€. A ficht den Kaufvertrag später erfolgreich an. Leider wurde das Handy zu diesem Zeitpunkt bereits ohne Verschulden des B durch die C zerstört. Hat A einen Anspruch aus Bereicherungsrecht?

Ja.
Nein.
B muss Wertersatz leisten.
A muss den Kaufpreis herausgeben.
Logo

Deine Lernplattform für mehr Verständnis im Jurastudium

4.9 von 5 Sternen aus 60+ Google-Bewertungen

Lerne mit weiteren Inhalten aus dem Zivilrecht und zum Thema Gesetzliche Schuldverhältnisse.
Erlebe eine neue Lernerfahrung mit kompakten, verlinkten Inhalten in einer interaktiven Plattform.
Spare wertvolle Zeit
mit kompakten Inhalten im Zivilrecht, Strafrecht & Öffentlichen Recht
Entwickle Systemverständnis
durch interaktive Verlinkungen zwischen allen Themen
Trainiere effizient die Anwendung
mit Multiple-Choice-Fallfragen und Fallbeispielen
Lerne auch unterwegs
mit nahtlosem Wechsel zwischen allen Geräten

Das sagen unsere Nutzer

Die Struktur, das Design und der Inhalt der App sind hervorragend. Während meiner Recherche habe ich viele juristische Seiten besucht und sogar einen Kurs bei Jura Academy absolviert. Ehrlich gesagt gefällt mir deine Seite am besten.

Ziad T.

Jurastudent

Z
Lernkarten
2.000+
Nutzer
1.000+
Übungsfragen
2.800+