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Rücktritt C: Gesetzliche Rücktrittsgründe, §§ 323, 324, 326 V BGB

RücktrittsgrundRücktrittsgründeGesetzliche RücktrittsgründeGesetzlicher RücktrittsgrundRelatives FixgeschäftFälligkeit beim Rücktritt
Aktualisiert vor 2 Tagen

Welche gesetzlichen Rücktrittsgründe berechtigen zum Rücktritt?

Das Gesetz sieht verschiedene Gründe vor, die einem Vertragspartner das Recht geben, vom Vertrag zurückzutreten. Diese sogenannten gesetzlichen Rücktrittsgründe sind in den §§ 323, 324 und 326 V BGB geregelt.

Beginnen wir mit dem Rücktritt wegen Nicht- oder Schlechtleistung gemäß § 323 BGB. Stell dir vor, du kaufst ein neues Handy, das jedoch nicht funktioniert, wie es sollte. In diesem Fall hast du das Recht, dem Verkäufer eine Frist zu setzen, innerhalb derer er die Leistung erbringen oder die Mängel beheben muss. Sollte der Verkäufer diese Frist verstreichen lassen, ohne die Leistung zu erbringen oder die Mängel zu beheben, kannst du vom Vertrag zurücktreten.

Ein weiterer Rücktrittsgrund ist die Schutzpflichtverletzung nach § 324 BGB. Dies greift, wenn das Festhalten am Vertrag für dich nicht mehr zumutbar ist. Stell dir vor, du beauftragst eine Firma mit der Renovierung deines Hauses. Während der Arbeiten beschädigen die Handwerker fahrlässig wertvolle Möbelstücke und gehen grob unachtsam mit deinem Eigentum um. Trotz mehrfacher Beschwerden bessert die Firma ihr Verhalten nicht nach, und die Belästigungen sowie Beschädigungen setzen sich fort. In diesem Fall ist das Festhalten am Vertrag für dich nicht mehr zumutbar. Du kannst daher vom Vertrag zurücktreten, da das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Vertragsdurchführung nachhaltig erschüttert wurde.

Der dritte Rücktrittsgrund betrifft die Unmöglichkeit der Leistungserbringung, geregelt in §§ 326 Abs. 5, 323 BGB. Hierbei ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn die Leistung aufgrund von Umständen, die der Schuldner zu vertreten hat, unmöglich geworden ist. Stell dir vor, du hast ein Konzertticket gekauft, das Konzert wird jedoch abgesagt, weil der Künstler sich in eine Drogenentzugsklinik begibt. In diesem Fall kannst du direkt vom Vertrag zurücktreten, ohne zunächst eine Frist setzen zu müssen.

Schließlich gibt es den Rücktritt wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 BGB. Er kommt in Betracht, wenn sich wesentliche Umstände, die für den Vertragsabschluss maßgeblich waren, geändert haben und eine Anpassung des Vertrags nicht möglich ist. Ein Beispiel wäre ein Bauvertrag, bei dem sich die Kosten aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse drastisch erhöhen und der Vertragspartner diese Erhöhung nicht tragen kann.

Ein wichtiger Hinweis: Viele der Rücktrittsgründe weisen Ähnlichkeiten mit den Regelungen zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung in §§ 280 ff. BGB auf. So besteht etwa eine parallele Regelung zur Erfordernis der Fristsetzung sowohl in § 281 BGB als auch in § 323 BGB.

Merke

Gesetzliche Rücktrittsgründe, §§ 323, 324, 326 V BGB

  • Wegen Nicht- oder Schlechtleistung, § 323 BGB: Nach Fristsetzung
  • Wegen Schutzpflichtverletzung, § 324 BGB: Wenn Festhalten an Vertrag nicht zumutbar
  • Wegen Unmöglichkeit, §§ 326 V, 323 BGB: Unter Voraussetzung des § 323 BGB wobei Fristsetzung entbehrlich
  • Wegen Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 III BGB: Wenn Vertragsanpassung nicht möglich

  • Viele Ähnlichkeiten zu den Regeln zum Schadensersatz wegen Pflichtverletzung in §§ 280 ff. BGB: z.B. parallele Regelung zur Erfordernis der Fristsetzung in § 281 BGB und 323 BGB

Welche besonderen Voraussetzungen hat der Rücktritt wegen Nicht- oder Schlechtleistung?

Beim Rücktritt wegen Nicht- oder Schlechtleistung ist die besondere Voraussetzung nach § 323 BGB die Fristsetzung beziehungsweise die Entbehrlichkeit der Fristsetzung.

Zuerst einmal zur Fristsetzung: Gemäß § 323 Abs. 1 BGB muss vor dem Rücktritt eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt werden, die erfolglos verstrichen sein muss. Dies bedeutet, dass du dem Vertragspartner nach Fälligkeit der Leistung eine Aufforderung zur umgehenden Leistung geben musst. Formulierungen wie „sofort“, „unverzüglich“ oder „bitte schnell beheben“ sind dabei ausreichend. Dabei ist es wichtig, dass du die Pflichtverletzung angibst, auf die sich die Fristsetzung bezieht. Die Fristsetzung selbst ist ein einseitig und empfangsbedürftig, das heißt, sie muss dem Vertragspartner zugehen. Sie ist rechtsgeschäftsähnlich, weshalb die Vorschriften über Rechtsgeschäfte analog auf sie angewendet werden.

In vielen Fällen liegt aber auch eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 BGB vor, ähnlich wie in § 281 Abs. 2 BGB. Eine Fristsetzung ist entbehrlich bei einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung des Schuldners, was in § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB normiert wird. Ebenso ist sie gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich bei einem relativen Fixgeschäft. Hier handelt es sich um Leistungen, die zu einem bestimmten Termin erbracht werden müssen, wobei der Gläubiger bereits bei Vertragsschluss klargestellt hat, dass eine verspätete Leistung für ihn uninteressant ist. Das relative unterscheidet sich vom absoluten Fixgeschäft gemäß § 275 Abs. 1 BGB, bei dem das Leistungsinteresse des Gläubigers aufgrund der verspäteten Leistung komplett entfällt, was zur Unmöglichkeit führt. Es ist auch vom Fixhandelskauf unter Kaufleuten nach § 376 HGB zu unterscheiden. Beim relativen Fixgeschäft kannst du im Gutachten zusätzlich auch an den Ersatz des Verzögerungsschadens denken mit Entbehrlichkeit der Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Besondere Umstände können unter Abwägung der beiderseitiger Interessen ebenfalls zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung führen, wie § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB regelt.

Ein konkludenter Verzicht, also ein Verhalten, das als Verzicht gewertet werden kann, kann ebenfalls die Fristsetzung entbehrlich machen, beispielsweise wenn der Gegner sofort zurückgewährt.

Eine Sonderregelung für die Entbehrlichkeit der Fristsetzung beim mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag gibt es in § 440 BGB. Beim mangelbedingten Rücktritt vom Verbrauchsgüterkauf ist die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ausschließlich nach § 475d Abs. 1 BGB zu prüfen.

Merke

Rücktritt wegen Nicht- oder Schlechtleistung, § 323 BGB: Fristsetzung bzw. Entbehrlichkeit der Fristsetzung

  • Nach Fristsetzung, § 323 I BGB: Erfolgloser Ablauf angemessener Frist

    • Fristsetzung wie bei § 281 I BGB: Verlangen nach umgehender Leistung nach Eintritt der Fälligkeit
      • Formulierungen wie „sofort“, „unverzüglich“, „demnächst“, „bitte schnell beheben“ o.ä. ausreichend
      • Erfordert Angabe von Pflichtverletzung, an die Frist anknüpft
      • Einseitiges Rechtsgeschäft
      • Empfangsbedürftige Willenserklärung
      • Rechtsgeschäftsähnlich: Vorschriften über Rechtsgeschäfte darauf analog angewendet

  • Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 323 II BGB: Ähnlich wie bei § 281 II BGB
    • Ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Schuldners, § 323 II Nr. 1 BGB
    • Relatives Fixgeschäft, § 323 II Nr. 2 BGB: Leistung zu bestimmtem Termin, Gläubiger bei Vertragsschluss deutlich gemacht, dass kein Interesse an (noch möglicher) verspäteter Leistung
      • Absolutes Fixgeschäft, § 275 I BGB: Leistungsinteresse des Gläubigers entfälltUnmöglichkeit
      • Fixhandelskauf unter Kaufleuten, § 376 HGB
      • Ggf. zusätzlich an Ersatz des Verzögerungsschaden denken mit Entbehrlichkeit der Mahnung gem. § 286 II Nr. 1 BGB
    • Besondere Umstände unter Abwägung beiderseitiger Interessen, § 323 II Nr. 2 BGB
    • Auch bei (konkludentem) Verzicht, z.B. wenn Gegner gleich zurückgewährt

    • Beim mangelbedingten Rücktritt vom Kaufvertrag Entbehrlichkeit der Fristsetzung auch gem. § 440 BGB
    • Beim mangelbedingten Rücktritt vom Verbrauchsgüterkauf Entbehrlichkeit der Fristsetzung ausschließlich gem. § 475d I BGB
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Kann der Gläubiger zurücktreten, wenn die geschuldete Leistung noch nicht fällig ist?

Stell dir vor, du hast eine Skulptur in Auftrag gegeben und der Liefertermin rückt näher. Der Liefertermin rückt näher und es zeichnet sich ab, dass der Künstler nicht rechtzeitig wird liefern können. Kannst du an diesem Punkt einfach vom Vertrag zurücktreten?

Ein Rücktritt vom Vertrag setzt nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich voraus, dass die geschuldete Leistung fällig ist. Das bedeutet, die von den Parteien vereinbarte oder gesetzlich bestimmte Leistungszeit oder der Zeitpunkt muss erreicht sein.

Doch es gibt auch eine Ausnahme von dieser Regel: Der Rücktritt kann ausnahmsweise auch schon vor der Fälligkeit der Leistung erklärt werden, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für einen Rücktritt eintreten werden. Dies ist in § 323 Abs. 4 BGB geregelt. Das bedeutet, wenn bereits vor dem Fälligkeitstermin klar ist, dass die geschuldete Leistung nicht rechtzeitig oder nicht vertragsgemäß erbracht wird, kann der Gläubiger den Rücktritt erklären. Ein Beispiel dafür wäre, wenn der Künstler, der deine Skulptur fertigt, dir mitteilt, dass es Probleme mit der Materialbeschaffung gibt und erst Monate später geliefert werden kann.

Zentral ist also, dass der Rücktritt grundsätzlich die Fälligkeit voraussetzt, es aber auch Ausnahmen gibt, wenn die Unmöglichkeit der Leistungserbringung schon vorher erkennbar ist.

Merke
  • Nur bei Fälligkeit der Leistung, § 323 I BGB
    • Aber auch vor Fälligkeit möglich, wenn bereits offensichtlich, dass Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden, § 323 IV BGB

In welchen Fällen ist der Rücktritt ausgeschlossen?

Lass uns die Fälle anschauen, in denen der Rücktritt ausgeschlossen ist. Der Rücktritt ist ein wichtiges Rechtsinstitut, das es dem Gläubiger erlaubt, sich von einem Vertrag zu lösen, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen. Allerdings gibt es Situationen, in denen der Rücktritt nicht möglich ist, auch wenn eigentlich ein Rücktrittsgrund gegeben wäre.

Diese Fälle des Rücktrittsausschlusses regelt § 323 Abs. 6 BGB. Dieser Ausschluss gilt nicht nur für den Rücktritt wegen Pflichtverletzung nach § 323 BGB, sondern über den Verweis in § 326 Abs. 5 BGB auch für den Rücktritt wegen Unmöglichkeit nach § 326 BGB. Es gibt also zwei Konstellationen, in denen der Rücktritt ausgeschlossen ist: Erstens, wenn der Gläubiger für den Rücktrittsgrund allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, § 323 Abs. 6 Alt. 1 BGB. Zweitens, wenn der Gläubiger im Annahmeverzug nach den §§ 293 ff. BGB ist und der Schuldner den Rücktrittsgrund nicht zu vertreten hat, § 323 Abs. 6 Alt. 2 BGB.

Nehmen wir ein Beispiel: Du mietest ein Auto und vereinbarst mit dem Vermieter, dass du es in zwei Wochen abholen wirst. Nach einer Woche stellt sich heraus, dass der Wagen einen Getriebeschaden hat. Du willst deshalb vom Kaufvertrag zurücktreten. Allerdings warst du es selbst, der den Getriebeschaden verursacht hat, als du den Wagen vor dem Vertragsschluss Probe gefahren bist. In diesem Fall wäre ein Rücktritt nach § 323 Abs. 6 Alt. 1 BGB ausgeschlossen, da du als Gläubiger für den Rücktrittsgrund allein verantwortlich bist.

Kurz gesagt: Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger selbst den Rücktrittsgrund zu vertreten hat oder wenn er im Annahmeverzug ist und der Schuldner den Grund nicht zu vertreten hat.

Merke
  • Ausschluss des Rücktritts, § 323 VI BGB: Gilt über den Verweis in § 326 V BGB auf § 323 BGB auch für Rücktritt wegen Unmöglichkeit
    • Wenn Gläubiger für Rücktrittsgrund allein oder weit überwiegend verantwortlich, § 323 VI Alt. 1 BGB
    • Wenn Gläubiger im Annahmeverzug gem. §§ 293 ff. BGB und Schuldner Rücktrittsgrund nicht zu vertreten hat, § 323 VI Alt. 2 BGB

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Frage 1/4

Nachdem Schreiner S beim geschuldeten Einbau eines Unterschranks geschusselt hat, schreibt ihm sein Kunde K: „Sehr geehrter S, ich bitte Sie, den [näher bezeichneten] Mangel unverzüglich zu beseitigen.“ Nach sechs Wochen Untätigkeit des S tritt K vom Vertrag zurück. Ist er dazu gem. §§ 634 Nr. 3, 323 I BGB berechtigt?

Ja.
Nein, in der Bitte ist kein ernsthaftes Verlangen zur Nacherfüllung zu sehen.
Nein, es wurde kein Zeitraum oder Endtermin für die Frist genannt.
Nein, die Frist war unangemessen kurz.
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Ziad T.

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