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Schadensersatz wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung, §§ 280 I, III, 281 BGB

Schadensersatz statt Leistung wegen Nichtleistung oder SchlechtleistungFristsetzungEntbehrlichkeit der FristsetzungAbmahnungKleiner SchadensersatzGroßer SchadensersatzDeckungsgeschäft
Aktualisiert vor etwa 7 Stunden

In welchen Fällen besteht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nicht- bzw. Schlechtleistung?

Der Schadensersatzanspruch wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung ist in den §§ 280 I, III und 281 BGB geregelt. Hier geht es um den Fall, dass der Schuldner seine Leistungspflicht aus dem Vertrag nicht erfüllt oder nur mangelhaft erfüllt. Statt der eigentlich geschuldeten Leistung kann der Gläubiger dann Schadensersatz verlangen.

Voraussetzung dafür ist, dass der Schaden theoretisch noch durch die Leistung oder eine ordnungsgemäße Nacherfüllung behoben werden könnte. Das ist zum Beispiel der Fall bei einem Mangelschaden an der Kaufsache. Außerdem muss der Gläubiger dem Schuldner eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung gesetzt haben, die erfolglos verstrichen ist.

Wichtig ist, dass der Gläubiger selbst vertragsgemäß geleistet haben muss, um den Schadensersatzanspruch geltend machen zu können. Es gilt also das Prinzip der eigenen Vertragstreue.

Der Schadensersatzanspruch steht nach § 281 Abs. 4 BGB in elektiver Konkurrenz zum Erfüllungsanspruch. Das bedeutet, wenn der Gläubiger Schadensersatz verlangt, kann er nicht mehr die Leistung verlangen. Er muss sich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden.

Merke

Schadensersatz wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung, §§ 280 I, III, 281 BGB: Schadensersatz statt der Leistung; wenn Schaden theoretisch noch durch Leistung oder ordnungsgemäße Nacherfüllung behebbar (z.B. Mangelschaden) bei erfolgloser angemessener Fristsetzung zur Leistung / Nacherfüllung

  • Nur bei eigener Vertragstreue des Gläubigers
  • Mit Erfüllungsanspruch elektive Konkurrenz, § 281 IV BGB: Schadensersatzverlangen schließt Leistung aus

Kann der Gläubiger Schadensersatz verlangen, wenn die geschuldete Leistung noch nicht fällig ist?

Grundsätzlich ist der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung nur möglich, wenn die Leistung fällig ist. Das regelt § 281 Absatz 1 Satz 1 BGB. Die Fälligkeit der Leistung ist also Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch.

Allerdings gibt es eine Ausnahme: Auch vor Fälligkeit der Leistung kann Schadensersatz verlangt werden, wenn bereits offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für den Schadensersatz eintreten werden. Das ergibt sich aus einer Analogie zu § 323 Absatz 4 BGB. Diese Vorschrift regelt die Fälligkeit für den Rücktritt vom Vertrag. Hier ist ein Rücktritt ausnahmsweise schon vor Fälligkeit möglich, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für den Rücktritt eintreten werden. Diese Regelung lässt sich im Wege der Analogie auch auf den Schadensersatzanspruch übertragen. Es gibt keinen sachlichen Grund, die Fälligkeit für Rücktritt und Schadensersatz unterschiedlich zu behandeln. Daher kann in einer vergleichbaren Situation wie in § 323 Absatz 4 BGB ausnahmsweise auch vor Fälligkeit Schadensersatz verlangt werden.

Die zentrale Botschaft ist also: Grundsätzlich ist die Fälligkeit der Leistung Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch nach. Nur ausnahmsweise, wenn bereits offensichtlich ist, dass die Anspruchsvoraussetzungen eintreten werden, kann Schadensersatz schon vor Fälligkeit analog § 323 Absatz 4 BGB verlangt werden.

Merke
  • Nur bei Fälligkeit der Leistung, § 281 I 1 BGB
    • Aber auch vor Fälligkeit möglich, wenn bereits offensichtlich, dass Voraussetzungen des Schadensersatzes eintreten werden, analog § 323 IV BGB: Parallele Regelung zur Fälligkeit beim Rücktritt im Wege der Analogie auch auf Schadensersatz anwendbar, da kein sachlicher Grund für unterschiedliche Behandlung
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Welche besonderen Voraussetzungen hat der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nicht- bzw. Schlechtleistung?

Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung hat besondere Voraussetzungen.

Erstens ist eine Fristsetzung oder die Entbehrlichkeit der Fristsetzung erforderlich. Nach einer Fristsetzung muss der erfolglose Ablauf einer angemessenen Frist abgewartet werden.

Die Fristsetzung erfolgt wie bei § 323 I BGB durch ein Verlangen nach umgehender Leistung nach Eintritt der Fälligkeit. Formulierungen wie "sofort", "unverzüglich", "demnächst", "bitte schnell beheben" oder ähnliche sind dafür ausreichend. Es muss die Pflichtverletzung angegeben werden, an die die Frist knüpft. Die Fristsetzung ist eine einseitige, empfangsbedürftige und rechtsgeschäftsähnliche Handlung.

Die Fristsetzung ist entbehrlich gemäß § 281 II BGB, wenn der Schuldner die Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigert oder besondere Umstände unter Abwägung beiderseitiger Interessen vorliegen. Beim Kaufvertrag beim mangelbedingten Schadensersatz ist die Fristsetzung auch gemäß § 440 BGB entbehrlich. Beim Verbrauchsgüterkauf beim mangelbedingten Schadensersatz richtet sich die Entbehrlichkeit der Fristsetzung ausschließlich nach § 475d I BGB.

Eine Abmahnung anstelle einer Fristsetzung ist erforderlich, wenn diese nicht in Betracht kommt, zum Beispiel bei Unterlassungspflichten gemäß § 281 III BGB.

Zweitens muss die Frist angemessen sein. Eine angefangene Leistung muss beendet (nicht neu begonnen) oder die Nacherfüllung bewirkt werden können. Eine unangemessene Frist verlängert sich automatisch auf eine angemessene, da die Warnfunktion trotzdem erfüllt ist.

Drittens muss die Frist erfolglos abgelaufen sein. Der erfolglose Ablauf der Frist ist abhängig von einer fristgerechten Leistungshandlung. Ein nachfristiger Leistungserfolg ist unerheblich.

Zusammengefasst sind die besonderen Voraussetzungen für den Schadensersatzanspruch wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung die Fristsetzung oder ihre Entbehrlichkeit, die Angemessenheit der Frist und ihr erfolgloser Ablauf.

Merke

Besondere Voraussetzungen

  1. Fristsetzung bzw. Entbehrlichkeit der Fristsetzung
    • Nach Fristsetzung: Erfolgloser Ablauf angemessener Frist

      • Fristsetzung wie bei § 323 I BGB: Verlangen nach umgehender Leistung nach Eintritt der Fälligkeit
        • Formulierungen wie „sofort“, „unverzüglich“, „demnächst“, „bitte schnell beheben“ o.ä. ausreichend
        • Erfordert Angabe von Pflichtverletzung, an die Frist knüpft
        • Einseitiges Rechtsgeschäft
        • Empfangsbedürftige Willenserklärung
        • Rechtsgeschäftsähnlich: Vorschriften über Rechtsgeschäfte darauf analog angewendet

    • Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 281 II BGB: Ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Schuldners oder besondere Umstände unter Abwägung beiderseitiger Interessen
      • Beim Kaufvertrag Entbehrlichkeit der Fristsetzung auch gem. § 440 BGB: Beim mangelbedingten Schadensersatz
      • Beim Verbrauchsgüterkauf Entbehrlichkeit der Fristsetzung ausschließlich gem. § 475d I BGB: Beim mangelbedingten Schadensersatz
    • Abmahnung anstelle Fristsetzung, wenn diese nicht in Betracht, § 281 III BGB: z.B. bei Unterlassungspflichten

  2. Angemessenheit der Frist: Angefangene Leistung kann beendet werden (nicht neu begonnen) oder Nacherfüllung bewirkt; unangemessene Frist automatisch auf angemessene verlängert, da Warnfunktion trotzdem erfüllt
  3. Erfolgloser Ablauf: Abhängig von fristgerechter Leistungshandlung (nachfristiger Leistungserfolg unerheblich)

Was versteht man unter „kleinem“ und „großem“ Schadensersatz? Welche besondere Voraussetzung hat der „große“?

Man unterscheidet zwischen dem sogenannten "kleinen" und dem "großen" Schadensersatz.

Lass uns zunächst den kleinen Schadensersatz betrachten: Hier behält der Käufer die mangelhafte Sache und erhält als Ausgleich den Wertunterschied zu einer mangelfreien Sache. Ein Beispiel: Du kaufst einen gebrauchten Laptop, bei dem sich später ein kleiner Pixelfehler im Display zeigt. Statt den Laptop zurückzugeben, behältst du ihn und verlangst vom Verkäufer eine Entschädigung in Höhe des Wertunterschieds zwischen dem defekten Laptop und einem einwandfreien Gerät.

Beim großen Schadensersatz, auch "statt der ganzen Leistung" genannt, gibt der Käufer die mangelhafte Sache hingegen zurück und verlangt Schadensersatz für die Nichterfüllung des gesamten Vertrages. Stell dir vor, du bist Grafiker und kaufst einen Laptop, der von Anfang an gravierende Bildstörungen im gesamten Display aufweist. Da er nicht deinen Erwartungen entspricht, gibst du ihn zurück und forderst vom Verkäufer Schadensersatz für den entgangenen Gewinn, weil du mehrere Tage nicht arbeiten konntest. Der große Schadensersatz hat jedoch eine besondere Voraussetzung: Er kann gemäß § 281 Absatz 3 BGB nur bei einer erheblichen Pflichtverletzung verlangt werden. Ist die Pflichtverletzung unerheblich, ist der große Schadensersatz ausgeschlossen. Der Käufer müsste sich dann mit dem kleinen Schadensersatz begnügen.

Kleiner Schadensersatz bedeutet also Wertausgleich bei Behalten der Sache, großer Schadensersatz ist die Rückgabe der mangelhaften Sache bei erheblicher Pflichtverletzung mit Schadensersatz für die Nichterfüllung des ganzen Vertrags.

Merke

Kleiner und großer Schadensersatz

  • Kleiner Schadensersatz: z.B. Käufer behält mangelhafte Sache und erhält als Ausgleich den Wertunterschied zu mangelfreier Sache
  • Großer Schadensersatz / „statt der ganzen Leistung“: z.B. Käufer gibt mangelhafte Sache zurück und verlangt Schadensersatz für die Nichterfüllung des ganzen Vertrages
    • Nur bei erheblicher Pflichtverletzung, § 281 3 BGB: Ausgeschlossen, wenn Pflichtverletzung unerheblich

Wenn der Gläubiger sich bei einem anderen Lieferanten zu einem höheren Preis eindeckt, bevor sein Leistungsanspruch erloschen ist, muss der Schuldner die Mehrkosten ersetzen? Wenn ja, nach welcher Anspruchsgrundlage?

Lass uns zunächst ein Beispiel betrachten: Stell dir vor, du hast für eine Geburtstagsfeier 100 Kuchen bei einer Bäckerei bestellt. Am Tag vor der Feier erfährst du, dass die Bäckerei die Kuchen nicht rechtzeitig liefern kann. Da du die Kuchen dringend brauchst und das Risiko nicht in Kauf nehmen möchtest, bestellst du ohne Absprache mit der Bäckerei kurzerhand bei einer anderen Bäckerei 100 Kuchen, musst dort aber aufgrund der Dringlichkeit einen deutlich höheren Preis bezahlen. Die Frage ist nun, ob dein ursprünglicher Lieferant für die entstehenden Mehrkosten haftet, obwohl du den Ersatzkauf getätigt hast, bevor dein Leistungsanspruch gegen den ursprünglichen Lieferanten erloschen ist.

Es handelt sich um ein sogenanntes verfrühtes Deckungsgeschäft. Hier tätigt der Gläubiger, in dem Fall also du, ein Ersatzgeschäft mit Mehrkosten, da ein Vertragsbruch durch den ursprünglichen Lieferanten droht. Dies geschieht allerdings verfrüht, also bevor die rechtlichen Voraussetzungen dafür vollständig erfüllt sind, etwa wie hier nach Fristablauf, aber bevor der Leistungsanspruch durch Rücktritt gemäß § 346 Abs. 1 BGB oder durch das Verlangen nach Schadensersatz gemäß § 281 Abs. 4 BGB erlischt.

Die zentrale Frage hierbei ist, ob der Schuldner, also der ursprüngliche Lieferant, die Mehrkosten ersetzen muss, auch wenn sie streng genommen nicht wegen des endgültigen Ausbleibens der Leistung angefallen sind. Tatsächlich sind diese Mehrkosten als Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB ersatzfähig. Allerdings ist umstritten, ob es sich dabei um Schadensersatz statt der Leistung oder um Schadensersatz neben der Leistung handelt.

Eine Meinung sieht die Mehrkosten als Verzugsschaden neben der Leistung gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 BGB. Nach dieser Ansicht würden die Kosten auch durch eine spätere Nacherfüllung nicht vermeidbar sein, da sie adäquat kausal auf einem Schuldnerverzug beruhen. Eine andere Sichtweise betrachtet die Mehrkosten als Schadensersatz statt der Leistung wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB. Sie ist vorzugswürdig, weil für den Gläubiger kein Interesse mehr an der ursprünglichen Leistung besteht, da das Deckungsgeschäft funktional die mangelhafte oder nicht erbrachte Leistung ersetzt.

Kurz gesagt: Der Gläubiger kann die Mehrkosten eines vorzeitigen Ersatzkaufs von dem ursprünglichen Lieferanten als Schadensersatz statt Leistung verlangen.

Merke

Verfrühtes Deckungsgeschäft / Vorzeitiger Deckungskauf: Gläubiger tätigt Ersatzgeschäft mit Mehrkosten (z.B. deckt sich zu einem höheren Preis bei anderem Lieferanten ein) wegen drohendem Vertragsbruch des Schuldners, bevor die rechtlichen Voraussetzungen dafür vollständig gegeben sind; z.B. nach Fristablauf, aber vor Erlöschen des Leistungsanspruchs durch Rücktritt gem. § 346 I BGB oder Schadensersatzverlangen gem. § 281 IV BGB

  • Mehrkosten zu ersetzen obwohl bereits vor Erlöschen des Leistungsanspruchs angefallen und deshalb strenggenommen nicht wegen endgültigem Ausbleiben der Leistung
  • Ersatzfähig als Schadensersatz statt Leistung, §§ 280 I, III, 281 BGB: Aber Umstritten ob Schadensersatz statt Leistung oder Schadensersatz neben der Leistung
    • Verzugsschaden neben der Leistung, §§ 286 I, II, 286 BGB: Kosten wären durch spätere Nacherfüllung nicht vermeidbar und beruhen damit adäquat kausal auf einem Schuldnerverzug
    • Schadensersatz statt Leistung wegen Nichtleistung oder Schlechtleistung, §§ 280 I, III, 281 BGB
      • Es besteht beim Gläubiger kein Interesse mehr an der Leistung, da das Deckungsgeschäft funktional die Leistung ersetzt

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Frage 1/3

Einzelhändler E mietet bei V für einen Tag einen Motorroller für eine besondere Verkaufsaktion. Da V genau diesen Roller an diesem Tag spontan privat nutzen möchte, weigert sie sich, Roller zur Verfügung zu stellen. E entgeht deshalb ein Gewinn i.H.v. 1.000€. Kann er vertraglichen Schadensersatz verlangen?

Ja, da V die Leistung verweigert hat.
Ja, gem. § 280 I BGB.
Ja, gem. §§ 280 I, III, 281 BGB.
Nein, er hat keine Frist gesetzt.
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