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Schadensersatz wegen Pflichtverletzung, §§ 280-286 BGB

Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
Aktualisiert vor 7 Tagen

Was musst du über die geschichtliche Entwicklung der §§ 280 ff. wissen? Stand sie schon immer im Gesetz?

Vielleicht ist dir der Begriff "positive Vertragsverletzung" schon einmal begegnet. Doch was hat es damit auf sich, und wie kam es zu den heutigen Regelungen in den §§ 280 ff. BGB? Zunächst ein kleiner Ausflug in die Rechtsgeschichte: Ursprünglich gab es die Regelungen über Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzung, wie wir sie heute kennen, nicht im BGB. Vielmehr entwickelte sich das Konzept der "positiven Vertragsverletzung" richterrechtlich, also durch die Rechtsprechung, außerhalb der gesetzlichen Regelungen, man spricht hier von praeter legem.

Die Richter mussten auf Fälle reagieren, in denen Vertragsparteien ihre Pflichten verletzten und dadurch Schäden verursachten, obwohl keine ausdrücklichen Regelungen im BGB vorhanden waren, die genau diese Konstellationen abdeckten.

Diese richterrechtliche Entwicklung, die sich über viele Jahre hinweg etablierte, wurde schließlich mit der Schuldrechtsmodernisierung im Jahr 2002 in das BGB aufgenommen und in den §§ 280 ff. kodifiziert. Seitdem gibt es eine klare gesetzliche Grundlage, die Schadensersatzansprüche bei Pflichtverletzungen regelt.

Merke

Rechtsgeschichte: Praeter legem richterrechtlich als „positive Vertragsverletzung (pVV)“ entwickelt; durch Schuldrechtsmodernisierungsgesetz seit 2002 im BGB kodifiziert

Wie formuliert man einen Obersatz zu §§ 280 ff. BGB inkl. korrektem Zitat der betreffenden Normen?

Wenn du einen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung prüfen möchtest, ist die korrekte Formulierung des Obersatzes wichtig. Als Formulierungsbeispiel kannst du dir folgendes Beispiel merken: "A könnte einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber B wegen der Verletzung einer Schutzpflicht aus einem Auftragsvertrag haben, §§ 280 Abs. 1, 662, 241 Abs. 2 BGB."

Bei dieser Formulierung ist besonders wichtig, dass du zunächst die konkrete Anspruchsgrundlage innerhalb der §§ 280 ff. BGB wählst, in diesem Fall § 280 Abs. 1 BGB. Danach folgst du mit den Normen, die das Schuldverhältnis begründen - in unserem Beispiel § 662 BGB für den Auftragsvertrag. Schließlich zitierst du noch § 241 Abs. 2 BGB, wenn es sich um eine Schutzpflichtverletzung handelt.

Die genaue Normenkette kann natürlich variieren. Handelt es sich um eine Leistungspflichtverletzung, entfällt der Verweis auf § 241 Abs. 2 BGB. Geht es um einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, müssen zum Beispiel zusätzlich § 280 Abs. 3 BGB und § 281 BGB zitiert werden. Bei Verzugsschäden wären §§ 280 Abs. 1, 280 Abs. 2, 286 BGB relevant.

Merke
  • Formulierungsbeispiel: „[A] könnte einen Anspruch auf Schadensersatz ggü. [B] wegen der Verletzung [einer Schutzpflicht] aus einem [Auftragsvertrag] haben, §§ 280 I, [662, 241 II] BGB.
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Welche Voraussetzungen haben die Ansprüche aus §§ 280 ff. BGB?

Die §§ 280 ff. BGB bieten die zentrale Grundlage für Schadensersatzansprüche wegen Pflichtverletzungen in Schuldverhältnissen. Lass uns gemeinsam die Voraussetzungen dieser wichtigen Ansprüche durchgehen.

Erstens benötigst du ein Schuldverhältnis, also eine rechtliche Sonderverbindung zwischen dir und dem Schuldner. Das kann insbesondere ein Vertrag sein - denk etwa an einen Kaufvertrag mit einem Händler oder einen Dienstvertrag mit einem Handwerker. Aber auch ein vorvertragliches Schuldverhältnis im Rahmen der Haftung aus culpa in contrahendo (c.i.c.) reicht aus. Stell dir vor, ein Verkäufer verletzt seine Aufklärungspflichten während der Vertragsverhandlungen. Auch einseitige Leistungsverpflichtungen können ein solches Schuldverhältnis begründen, beispielsweise die Pflicht eines Vermächtnisnehmers gegenüber dem Erben. Sogar gesetzliche Schuldverhältnisse wie dingliche oder deliktische Ansprüche können die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB bilden.

Zweitens muss eine Pflichtverletzung des Schuldners vorliegen. Wenn du beispielsweise einen Tisch im Möbelhaus bestellst und der Händler liefert nicht zum vereinbarten Termin, dann verletzt er seine Pflicht zur rechtzeitigen Lieferung. Wichtig ist aber: Es liegt keine Pflichtverletzung vor, wenn ein Rechtfertigungsgrund besteht. Wenn der Tisch nicht geliefert werden kann, weil ein Unwetter die Straßen unpassierbar gemacht hat, könnte dies unter Umständen die Pflichtverletzung rechtfertigen.

Drittens können je nach Art des Schadensersatzes zusätzliche Voraussetzungen gemäß §§ 280 Abs. 2, Abs. 3 BGB erforderlich sein. Beim einfachen Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB benötigst du keine zusätzlichen Voraussetzungen. Willst du hingegen Ersatz des Verzögerungsschadens nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB verlangen, müssen zusätzlich die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs vorliegen, also eine Mahnung oder Entbehrlichkeit der Mahnung und der Anspruch muss fällig und durchsetzbar sein. Wenn der Händler deinen Tisch nicht liefert und du deshalb einen Ersatztisch mieten musstest, kannst du diese Kosten also nur ersetzt verlangen, wenn der Händler sich im Schuldnerverzug befindet, zum Beispiel nicht zu einem vereinbarten Termin geliefert hat.

Bei Schadensersatz statt der Leistung nach § 280 Abs. 3 BGB gibt es verschiedene Konstellationen mit jeweils eigenen zusätzlichen Voraussetzungen. Bei Nicht- oder Schlechtleistung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 BGB musst du eine Frist gesetzt haben, und der Anspruch muss fällig und durchsetzbar sein. Bei Schutzpflichtverletzung nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 282 BGB muss dir die Leistung unzumutbar sein. Und bei Unmöglichkeit nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 283 BGB muss die Leistung nach § 275 BGB unmöglich sein.

Viertens muss der Schuldner die Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten haben. Das bedeutet, er muss für die Pflichtverletzung verantwortlich sein, insbesondere durch Verschulden in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit. Interessanterweise wird dieses Vertretenmüssen im Gesetz widerleglich vermutet - der Schuldner muss also beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Wenn der Händler den Tisch nicht liefert, wird zunächst vermutet, dass er dies zu verantworten hat. Er müsste dann beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Beachte auch, dass dem Schuldner unter Umständen im Rahmen der Verantwortlichkeit für Dritte das Verschulden Dritter zugerechnet werden kann, etwa nach §§ 278, 31 BGB. Wenn also der Lieferant des Händlers den Tisch beschädigt, kann der Händler sich also nicht einfach damit herausreden, dass ja nicht er selbst, sondern sein Lieferant den Schaden verursacht hat.

Fünftens muss ein kausal verursachter Schaden nach §§ 249 ff. BGB vorliegen. Der Schaden muss also objektiv zurechenbar durch die Pflichtverletzung verursacht worden sein. Wenn der Händler den Tisch nicht rechtzeitig liefert und du deshalb einen Gast nicht bewirten kannst, ist der entgangene Gewinn ein Schaden, der kausal auf der Pflichtverletzung des Händlers beruht.

Merk dir: Bei Schadensersatzansprüchen nach § 280 BGB brauchst du immer ein Schuldverhältnis, eine Pflichtverletzung, das Vertretenmüssen und einen kausal verursachten Schaden - plus gegebenenfalls zusätzliche Voraussetzungen je nach Art des Schadensersatzes.

Merke

Voraussetzungen

  1. Schuldverhältnis: Rechtliche Sonderverbindung
    • Insb. Vertrag
    • Auch vorvertragliches Schuldverhältnis im Rahmen der Haftung aus c.i.c.
    • Auch einseitige Leistungsverpflichtung: z.B. des Vermächtnisnehmers ggü. Erbe
    • Auch gesetzliche Schuldverhältnisse: z.B. dingliche oder deliktische Ansprüche

  2. Pflichtverletzung des Schuldners
    • Keine Pflichtverletzung, wenn Rechtfertigungsgrund (rechtswidrige Handlung vorausgesetzt)

  3. Ggf. zusätzliche Voraussetzungen, §§ 280 II, III BGB
    • Keine zusätzlichen Voraussetzungen bei einfachem Schadensersatz, § 280 I
    • Zusätzliche Voraussetzungen gem. § 280 II BGB bei Ersatz des Verzögerungsschadens, §§ 280 I, II, 286 BGB: Mahnung, Fälligkeit, Durchsetzbarkeit des Anspruchs
    • Zusätzliche Voraussetzungen gem. § 280 III BGB bei Schadensersatz statt Leistung
      • Nichtleistung / Schlechtleistung, §§ 280 I, III, 281 BGB: Fristsetzung, Fälligkeit, Durchsetzbarkeit des Anspruchs
      • Schutzpflichtverletzung, §§ 280 I, III, 282 BGB: Unzumutbarkeit der Leistung
      • Unmöglichkeit, §§ 280 I, III, 283 BGB: Unmöglichkeit, § 275 BGB

  4. Vertretenmüssen, § 280 I 2 BGB: Verantwortlichkeit des Schuldners für die Pflichtverletzung; insb. Verschulden (Vorsatz und Fahrlässigkeit); widerleglich vermutet durch negative Formulierung des § 280 I 2 BGB
    • Verantwortlichkeit für Dritte, §§ 278, 31 BGB: Ggf. Verschulden Dritter zugerechnet

  5. Kausal verursachter Schaden, §§ 249 ff. BGB: Objektiv zurechenbar durch Pflichtverletzung verursacht

Was sind die Rechtsfolgen eines Schadensersatzanspruchs?

Wenn wir von Schadensersatzansprüchen im BGB sprechen, interessiert uns natürlich vor allem: Was bekommt der Geschädigte am Ende wirklich? Diese Frage führt uns zu den Rechtsfolgen der Schadensersatzansprüche.

Die zentrale Rechtsfolge eines jeden Schadensersatzanspruchs ist der Schadensersatz, der sich nach den §§ 249 ff. BGB richtet. Diese Vorschriften regeln die allgemeine Rechtsfolge eines Schadensersatzanspruchs und gelten grundsätzlich für alle Schadensersatzansprüche.

Bei der Prüfung von Schadensersatzansprüchen müssen wir daher immer zwei Aspekte unterscheiden: Zum einen den Anspruch dem Grunde nach und zum anderen den Anspruch der Höhe nach.

Der Anspruch dem Grunde nach richtet sich beim Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach den §§ 280 ff. BGB. Diese Normen beantworten die Frage, ob überhaupt ein Schadensersatzanspruch besteht. Hier prüfen wir also, ob alle Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch erfüllt sind, etwa ob ein Schuldverhältnis, eine Pflichtverletzung und Vertretenmüssen vorliegen.

Der Anspruch der Höhe nach dagegen richtet sich nach den §§ 249 ff. BGB. Diese Vorschriften bestimmen, was der genaue Inhalt des Anspruchs ist, also vor allem, wie hoch die zu zahlende Summe sein soll. Sie regeln also den Umfang des Schadensersatzanspruchs. Es geht hier um die Bestimmung konkreter Schadenspositionen.

Stell dir vor, du leihst einem Freund dein teures Fahrrad, und er bringt es mit einem verbogenen Rahmen zurück. Die §§ 280 ff. BGB würden nun bestimmen, ob dein Freund dir überhaupt Schadensersatz schuldet (Anspruch dem Grunde nach). Die §§ 249 ff. BGB würden dann festlegen, ob dein Freund es reparieren musst oder du Ersatz der Reparaturkosten für eine Werkstatt verlangen kannst oder vielleicht sogar entgangenen Gewinn, weil du keine Zeitungen austragen konntest (Anspruch der Höhe nach).

Merk dir: Der Schadensersatzanspruch wird in zwei Schritten geprüft – die §§ 280 ff. BGB entscheiden über das "Ob", die §§ 249 ff. BGB über das "wie viel".

Merke

Rechtsfolgen

  • Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB: Allgemeine Rechtsfolge jedes Schadensersatzanspruchs
    • Anspruch dem Grunde nach richtet sich nach §§ 280 ff. BGB: Ob ein Anspruch besteht
    • Anspruch der Höhe nach richtet sich nach §§ 249 ff. BGB: Was der Inhalt des Anspruchs ist, insb. Höhe der Zahlung; Umfang des Schadensersatzanspruchs

Welche Auswirkung hat es, wenn die Schadensursache aus dem alleinigen Gefahren- und Verantwortungsbereich des Schuldners stammt?

Merke

Wenn Schadensursache allein aus Gefahren- und Verantwortungsbereich des Schuldners (z.B. Obhutsfälle, Hausnotruf) und Indizien für Sorgfaltspflichtverletzung vorliegen

  • Pflichtverletzung ausnahmsweise widerleglich vermutet

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Frage 1/4

Vermieter A verursacht trotz Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt pflichtwidrig einen Schaden i.H.v. 300.000€ am Lamborghini seines Mieters B. Hat B gegen A einen Anspruch aus § 280 I BGB?

Ja, da A den Schaden pflichtwidrig verursacht hat.
A hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten.
Ja, da zwischen den beiden ein Schuldverhältnis vorliegt.
Nein, B geht leer aus.
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