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Übereinstimmende Falschbezeichnung / falsa demonstratio
Was passiert, wenn beide Parteien versehentlich etwas anderes erklären, als sie eigentlich meinen?
Manchmal kann es passieren, dass zwei Parteien sich zwar einig sind, aber versehentlich die falschen Worte verwenden. Sie schreiben in ihren Grundstückskaufvertrag etwa unbemerkt, dass das Grundstück "Flurstück 31" statt wie gewollt das "Flurstück 13" verkauft werden soll. Das nennt man übereinstimmende Falschbezeichnung oder auf Latein falsa demonstratio. Entscheidend ist dabei, dass beide wirklich dasselbe meinen, es aber falsch ausdrücken.
Das klassische Beispiel hierfür ist der berühmte Haakjöringsköd-Fall: Zwei Kaufleute einigen sich auf den Kauf von Haakjöringsköd. Beide glauben, dass es sich dabei um Walfleisch handelt. Tatsächlich bedeutet der Begriff im Norwegischen aber Haifischfleisch. Trotzdem kommt der Vertrag über Walfleisch zustande, denn entscheidend ist das wirklich Gewollte und nicht das, was wörtlich gesagt wurde.
Der Grundsatz lautet also: Eine übereinstimmende Falschbezeichnung schadet nicht („falsa demonstratio non nocet“). Wenn beide Parteien dasselbe wollen, aber versehentlich etwas anderes erklären, dann gilt trotzdem das, was sie tatsächlich gemeint haben. Maßgeblich ist der übereinstimmende Wille, nicht der Wortlaut.
Übereinstimmende Falschbezeichnung: Beide Parteien wollten übereinstimmend etwas anderes erklären, als sie versehentlich erklärt haben
- Übereinstimmende Falschbezeichnung schadet nicht (lat.: „falsa demonstratio non nocet“)
- Tatsächlich Gewolltes gilt, nicht das Gesagte („Haakjöringsköd-Fall“)
Was passiert bei formbedürftigen Verträgen, wenn beide Parteien versehentlich etwas anderes erklären, als sie eigentlich meinen?
Stell dir vor, zwei Parteien schließen einen Vertrag, der eigentlich einer bestimmten Form bedarf, etwa die notarielle Beurkundung bei einem Grundstückskaufvertrag. Dabei verwenden sie eine übereinstimmende Falschbezeichnung, verwenden in der Urkunde also versehentlich einen falschen Begriff, meinen aber tatsächlich beide dasselbe. Normalerweise gilt in solchen Fällen der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“, also eine übereinstimmende Falschbezeichnung schadet nicht. Das bedeutet, dass trotz der falschen Bezeichnung im Vertrag das gemeinte, also tatsächlich Gewollte, gelten soll.
Doch wie verhält es sich, wenn ein solcher Vertrag einer bestimmten Form bedarf? Hier kommt die sogenannte Andeutungstheorie ins Spiel. Nach dieser Theorie muss das, was die Parteien wirklich gewollt haben, zumindest ansatzweise in der Urkunde angedeutet werden. Denn der Zweck eines Formzwangs ist es, Rechtssicherheit zu schaffen und sicherzustellen, dass der Vertragsinhalt aus der Urkunde klar hervorgeht. Wenn das in der Urkunde Vermerkte in keiner Weise auf das tatsächlich Gewollte hinweist, könnte man argumentieren, dass das Formerfordernis nicht erfüllt wurde und der Vertrag deshalb nichtig ist.
Kritiker dieser Auffassung wenden ein, dass die Regel zur übereinstimmenden Falschbezeichnung dadurch in vielen Fällen leerlaufen würde. Denn gerade der Sinn dieser Regel ist es ja, dass die Parteien nicht an eine bloße sprachliche Ungenauigkeit gebunden sind, wenn ihr Wille eindeutig übereinstimmte. Die Andeutungstheorie ist daher abzulehnen. Es bleibt also ein Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz der äußeren Form und der wahren Einigung der Parteien.
Bei formbedürftigen Verträgen
- Andeutungstheorie: Grds. muss aus den Umständen ermittelte Wille Ausdruck in Urkunde gefunden haben, da außerhalb der Urkunde liegender Inhalt (eigentlich Gemeintes) nicht Formerfordernis genügt
- „Falsa demonstratio“-Regel würde dann leerlaufen
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A gehören zwei Grundstücke mit der Flurstücknummer 12 und 21. Er möchte B das Grundstück 12 verkaufen. In den Kaufvertrag schreiben die beiden aber unbemerkt „Grundstück 21“. Hat B eines der Grundstücke gekauft?
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