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Umdeutung, § 140 BGB

Umdeutung
Aktualisiert vor 8 Tagen

Was ist unter einer Umdeutung zu verstehen? Wann ist eine Willenserklärung umzudeuten und wann nicht?

Die Umdeutung nach § 140 BGB ist ein Mechanismus, der es ermöglicht, ein nichtiges Rechtsgeschäft unter bestimmten Voraussetzungen in ein anderes, wirksames Rechtsgeschäft umzudeuten. Doch was genau bedeutet das, und wann kommt eine solche Umdeutung in Betracht?

Die Umdeutung setzt voraus, dass das ursprüngliche gemeinte Geschäft z.B. wegen eines Formfehlers oder aus einem anderen Grund nichtig ist. Dieses nichtige Geschäft muss die Voraussetzungen eines anderen Rechtsgeschäfts erfüllen, das seinerseits wirksam wäre. Dabei ist entscheidend, ob der mutmaßliche Wille des Erklärenden auch dieses andere Geschäft umfasst hätte. Der Gesetzgeber möchte mit dieser Regelung verhindern, dass ein Rechtsgeschäft allein aufgrund eines Formmangels oder eines anderen Fehlers vollständig scheitert, obwohl der Erklärende einen rechtlichen Erfolg erzielen wollte, der möglicherweise auf anderem Weg erreicht werden kann.

Ein klassisches Beispiel dafür ist ein formnichtiger Erbvertrag, der jedoch sämtliche Voraussetzungen eines Ehegattentestaments erfüllt. Hier kann der Erbvertrag in ein Ehegattentestament umgedeutet werden, wenn anzunehmen ist, dass die Beteiligten auch ein Ehegattentestament errichtet hätten, wenn sie von der Unwirksamkeit des Erbvertrags gewusst hätten. Ein weiteres Beispiel ist die unwirksame außerordentliche fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Wenn diese die Voraussetzungen einer ordentlichen fristgerechten Kündigung erfüllt, kann sie in eine solche umgedeutet werden, da dies eher dem Interesse des Kündigenden entspricht, als gar keine Kündigung.

Wichtig ist jedoch, dass die Umdeutung nicht zu einer Rechtswirkung führen darf, die über das ursprüngliche, nichtige Geschäft hinausgeht. Sie darf lediglich dahinter zurückbleiben. Das bedeutet, dass beispielsweise eine nichtige Anfechtung in eine Kündigung oder einen Rücktritt umgedeutet werden kann, aber nicht umgekehrt. Denn die Rechtsfolgen der Anfechtung gehen weiter, sie bewirkt eine ex tunc Nichtigkeit, während Rücktritt oder Kündigung das Rechtsverhältnis lediglich für die Zukunft beenden.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Auslegung einer Willenserklärung der Umdeutung stets vorgeht. Das heißt, bevor geprüft wird, ob eine Umdeutung möglich ist, muss zunächst untersucht werden, ob das ursprüngliche Geschäft nicht durch Auslegung zum Beispiel bereits als ein anderes, wirksames Geschäft verstanden werden kann. Die Umdeutung ist also ein Hilfsmittel, das erst dann zum Einsatz kommt, wenn die Auslegung nicht ausreicht, um das Ziel des Erklärenden zu erreichen.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Umdeutung nach ermöglicht es, ein nichtiges Rechtsgeschäft in ein anderes, wirksames Geschäft umzuwandeln. Sie dient dazu, den mutmaßlichen Willen des Erklärenden zu wahren, darf aber nicht über die Grenzen des ursprünglichen Rechtsgeschäfts hinausgehen.

Merke

Umdeutung, § 140 BGB: Ein nichtiges Geschäft, welches aber die Voraussetzungen eines anderen erfüllen würde, ist in dieses umzudeuten, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Erklärenden entspricht; z.B. formnichtiger „Erbvertrag“ erfüllt Voraussetzungen des Ehegattentestaments; z.B. unwirksame fristlose außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses erfüllt Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung

  • Darf in Rechtswirkung nicht weitergehen, als nichtiges Geschäft, aber dahinter zurückbleiben (z.B. nichtige Anfechtung in Kündigung oder Rücktritt umzudeuten, aber nicht umgekehrt)
  • Auslegung geht Umdeutung vor
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