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Verbotsgesetz B: Schwarzarbeit, § 1 II SchwArbG
Was versteht man unter Schwarzarbeit?
Schwarzarbeit ist ein alltägliches Phänomen, das vor allem im Handwerks- und Dienstleistungsbereich vorkommt. Doch was genau versteht man darunter? Eine klassische Form der Schwarzarbeit ist die sogenannte „Ohne-Rechnung-Abrede“ mit Bezahlung in bar. Hierbei vereinbaren die Vertragsparteien, dass eine Dienstleistung oder ein Werk ohne Ausstellung einer Rechnung erbracht wird, damit sie für das Finanzamt nicht nachweisbar ist. Ziel ist es, Steuern zu hinterziehen, insbesondere die Einkommensteuer und Umsatzsteuer.
Ein typisches Beispiel: Ein Handwerker bietet einem Kunden an, eine Renovierung zu einem günstigen Stundenlohn durchzuführen. Allerdings stellt er keine Rechnung aus und meldet die Bezahlung nicht beim Finanzamt. Dadurch kann der Handwerker seine Leistung günstiger anbieten, was einen Wettbewerbsvorteil für ihn gegenüber Konkurrenten darstellt, und auch der Kunde profitiert, weil ihm die Mehrwertsteuer nicht zusätzlich in Rechnung gestellt wird. Dieses Verhalten ist durch das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung verboten.
Kurz gesagt: Schwarzarbeit liegt insbesondere dann vor, wenn Leistungen ohne Rechnung erbracht werden, um Steuern zu hinterziehen.
Schwarzarbeit: Insb. „ohne-Rechnung-Abrede“ (Schwarzgeldabrede) zur Hinterziehung von Einkommen- und Umsatzsteuer; z.B. Handwerker bietet günstigen Stundenlohn, stellt keine Rechnung, meldet Bezahlung nicht beim Finanzamt
Welchen Schutzzweck verfolgt das Verbot der Schwarzarbeit? Welche Auswirkungen hat eine Schwarzgeldabrede auf den zugrunde liegenden Vertrag?
Schwarzarbeit ist nicht nur ein Kavaliersdelikt, sondern ein ernstzunehmendes Problem, das der Gesetzgeber mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz entschieden angeht. Der Normzweck von § 1 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz liegt unter anderem im Schutz des redlichen Handwerks. Denn wer ohne ordnungsgemäße Rechnungen und Steuerabgaben arbeitet, verschafft sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber legal tätigen Unternehmen. Zudem soll durch das Verbot der Schwarzarbeit die Arbeitslosigkeit bekämpft werden, da reguläre Arbeitsverhältnisse durch Schwarzarbeit unterlaufen werden können. Ein weiterer wesentlicher Schutzzweck ist die Verhinderung von Steuer- und Sozialversicherungsbeitragsausfällen, denn wenn keine ordnungsgemäße Abrechnung erfolgt, entgehen dem Staat und den Sozialkassen erhebliche Einnahmen. Sekundär schützt das Verbot auch den Auftraggeber, wenn er schutzwürdig ist. Denn ohne eine ordnungsgemäße Rechnung und eine saubere Vertragsgrundlage könnte er im Streitfall Schwierigkeiten haben, seine Gewährleistungsrechte durchzusetzen.
§ 1 Abs. 2 SchwArbG stellt ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB dar. Das bedeutet, dass ein Verstoß gegen dieses Gesetz nicht nur Sanktionen nach sich ziehen kann, sondern auch das gesamte zivilrechtliche Rechtsgeschäft, das auf Schwarzarbeit basiert, als verboten anzusehen ist.
Die Konsequenz dieses gesetzlichen Verbots ist, dass ein auf Schwarzarbeit basierender Arbeitsvertrag oder Werkvertrag gemäß § 134 BGB von Anfang an unwirksam ist. Das bedeutet, dass keine vertraglichen Ansprüche daraus hergeleitet werden können. Damit soll die Schwarzarbeit effektiv bekämpft werden, indem den Beteiligten die Möglichkeit genommen wird, aus solchen Geschäften rechtliche Vorteile zu ziehen.
Verbot der Schwarzarbeit, § 1 II SchwArbG
- Schutzzweck: Schutz des redlichen Handwerks, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit; Schutz vor Steuer- und Sozialversicherungsbeitragsausfällen; Sekundär auch Auftraggeber (in seinen Gewährleistungsrechten) geschützt, wenn schutzwürdig
- § 1 II SchwArbG ist Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB, das auch Rechtsgeschäft selbst ergreift: Zur effektiven Bekämpfung der Schwarzarbeit
- Rechtsgeschäft (z.B. Arbeitsvertrag, Werkvertrag) nichtig, § 134 BGB
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Hat derjenige, der auf einen Vertrag mit Schwarzgeldabrede leistet, einen Anspruch auf Gegenleistung oder Erstattung?
Stell dir vor, du beauftragst einen Handwerker, deine Küche zu renovieren, vereinbarst aber, dass die Zahlung ohne Rechnung erfolgt, um Steuern zu sparen. Nachdem die Arbeiten erledigt sind, zahlst du jedoch nicht. Hat der Handwerker jetzt einen Anspruch auf die Vergütung oder eine Erstattung für seine Aufwendungen?
Zunächst könnte man an einen vertraglichen Anspruch denken, hier zum Beispiel der Vergütungsanspruch auf Werklohn aus dem Werkvertrag gem. § 631 Abs. 1 BGB. Doch gesamte Vertrag ist nach § 134 BGB nichtig, wenn beide Parteien gegen das Verbot der Schwarzarbeit aus § 1 Abs. 2 SchwarzArbG verstoßen. Ein nichtiger Vertrag kann keine Ansprüche begründen.
Eine andere Möglichkeit wäre ein Ersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683, 670 BGB in Verbindung mit § 1835 Abs. 3 BGB analog. Dabei könnte argumentiert werden, dass der Handwerker das Geschäft des Bestellers besorgt hat und seine Aufwendungen daher ersetzt verlangen kann. Doch sowohl die herrschende Lehre als auch der Bundesgerichtshof (BGH) lehnen diese Möglichkeit ab. Der BGH begründet dies damit, dass eine Erstattung von Aufwendungen wegen der Vertragsnichtigkeit nicht als erforderlich angesehen werden kann. Da beide Auffassungen zum gleichen Ergebnis kommen, ist eine weitere Diskussion dieses Streitpunkts letztlich überflüssig.
Ein weiterer denkbarer Anspruch wäre eine Kondiktion nach § 817 S. 1 BGB, also eine Rückforderung wegen der Gesetzwidrigkeit des empfangenen Geldes. Allerdings wird dies durch § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, wenn beide Parteien gegen das Gesetz verstoßen haben, was bei Schwarzarbeit regelmäßig der Fall ist.
Der BGH hatte früher eine Ausnahme gemacht und argumentiert, dass § 817 S. 2 BGB durch den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB durchbrochen wird, der Anspruch trotzdem bestehen soll. Seine Begründung: Wenn der Besteller die Leistung behalten darf, ohne zu zahlen, führt das zu einer ungerechtfertigten Vermögensverschiebung, die das Schwarzarbeitsgesetz gerade verhindern will. Zudem sei es unbillig, wenn allein der Schwarzarbeiter das Risiko der Nichtigkeit trägt. Der Ausschluss der vertraglichen Ansprüche sei bereits ausreichend, um Schwarzarbeit zu sanktionieren.
Diese Ansicht ist abzulehnen und wurde inzwischen aufgegeben. Sie würde dem gesetzgeberischen Zweck der präventiven Abschreckung widersprechen. Denn wenn ein Bereicherungsanspruch vor Gericht durchsetzbar wäre, würde das Risiko für den Anbieter von Schwarzarbeit teilweise entfallen. Wer bewusst gegen das Gesetz verstößt, soll jedoch nicht nachträglich rechtlichen Schutz genießen, er muss schutzlos dastehen. Das Risiko liegt auch nicht einseitig beim Schwarzarbeiter, sondern trifft stets den Vorleistenden. Außerdem hat auch der Besteller in solchen Fällen jedenfalls immer keinen Gewährleistungsanspruch.
Heute vertreten der BGH und die herrschende Lehre deshalb, dass eine effektive Bekämpfung der Schwarzarbeit eine strikte Anwendung des § 817 S. 2 BGB erfordert. Nicht nur der Vertragsschluss, sondern auch dessn Vollzug, also die Durchführung des verbotenen Geschäfts, verstoßen gegen § 1 Abs. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz.
Schließlich ist auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, also eine Rückforderung aus allgemeiner Leistungskondiktion, zwar grundsätzlich denkbar. Allerdings gilt § 817 S. 2 BGB als allgemeiner Rechtsgedanke für alle Leistungskondiktionen, sodass auch hier eine Rückforderung ausgeschlossen bleibt.
Kurz gesagt: Wer eine Leistung im Rahmen eines nichtigen Schwarzarbeitsvertrags erbringt, kann keine Vergütung oder Erstattung verlangen, da sämtliche denkbaren Ansprüche ausgeschlossen sind.
In Betracht kommende Anspruchsgrundlagen
- Vertraglicher Anspruch (z.B. Vergütung aus Werkvertrag, § 631 I BGB)
- Kein Anspruch, da Vertrag gem. § 134 BGB nichtig (wenn beiderseitiger Verstoß)
- Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683, 670 BGB i.V.m. § 1835 III BGB analog: Auch fremdes Geschäft
- h.L.: Bei nichtigem Vertrag von vornherein nicht einschlägig
- BGH: Durfte Aufwendungen wegen Nichtigkeit gem. § 134 BGB nicht für erforderlich halten
- Streitentscheid entbehrlich: Im Ergebnis von beiden abgelehnt
- Kondiktion wegen Gesetzwidrigkeit des Empfangs, § 817 1 BGB
- Ausschluss gem. § 817 2 BGB: Bei beiderseitigem Verstoß kein Anspruch
- BGH früher: § 817 2 BGB wird nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB durchbrochen; Entlohnungsanspruch für Schwarzarbeiter um nicht Vermögensverschiebung aufrecht zu erhalten, die von SchwArbG verhindert werden soll (niedrigerer Wert als redliche Arbeit mit Gewährleistungsanspruch); zudem müsste vorleistungspflichtiger Schwarzarbeiter Risiko unbilligerweise immer allein tragen; Ausschluss vertraglicher Ansprüche ausreichend präventiv
- Schadet Gesetzeszweck der präventiven Abschreckung, da Schwarzarbeit Risiko teilweise verliert, wenn Bereicherungsanspruch vor Gericht geltend gemacht werden kann ⇨ wer bewusst gegen Gesetz verstößt soll schutzlos sein; Risiko nicht einseitig bei Schwarzarbeiter, sondern immer bei Vorleistendem und Besteller ohne Gewährleistungsanspruch
- BGH, h.L.: Effektive Bekämpfung der Schwarzarbeit erfordert strikte Anwendung des § 817 2 BGB; nicht nur Vertragsschluss, sondern auch dessen Vollzug verstoßen gegen § 1 II SchwarzArbG
- § 812 I 1 Alt. 1 BGB daneben zwar grds. möglich, jedoch § 817 2 BGB auch zu berücksichtigen, da allgemeiner Rechtsgedanke, der für alle Leistungskondiktionen gilt
Welche Auswirkungen hat eine nachträgliche Schwarzgeldabrede auf den zugrunde liegenden Vertrag?
Stell dir vor, du hast mit einem Handwerker einen ganz normalen Werkvertrag abgeschlossen. Nachträglich einigt ihr euch aber darauf, dass ein Teil des Werklohns am Finanzamt vorbei gezahlt wird, also ohne Rechnung und ohne Steuerabgaben.
Eine solche nachträgliche Schwarzgeldabrede stellt eine nachträgliche Vertragsänderung dar. Das bedeutet, der ursprüngliche Vertrag wird durch die neue Abrede inhaltlich verändert. Da Schwarzarbeit jedoch gesetzlich verboten ist, führt diese Änderung dazu, dass der Vertrag insgesamt nichtig wird. Würde nur die nachträgliche Änderung für nichtig erklärt, bliebe der ursprüngliche Vertrag bestehen und man könnte auf diese Weise das Verbot umgehen.
Eine nachträgliche Schwarzgeldabrede macht also den ganzen Vertrag nichtig.
Nachträgliche Vereinbarung der Schwarzarbeit: Nach Vertragsschluss wird vereinbart, z.B. dass Schwarzarbeit und dafür Kaufpreis reduziert
- Vertragsänderung des ursprünglichen Vertrags
- Insgesamt nichtig: Erforderlich zur effektiven Bekämpfung, sonst Umgehungsgefahr
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