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Verbraucherwiderruf B: Verbundene Verträge, §§ 358 ff. BGB
Was versteht man unter verbundenen Verträgen? Welchen Zweck verfolgen die §§ 358 ff. BGB?
Stell dir vor, du möchtest ein neues Auto kaufen und entscheidest dich, dafür zur Finanzierung einen Kredit bei der hauseigenen Bank des Autoherstellers aufzunehmen. Es besteht also eine Verbindung zwischen dem Kaufvertrag und dem Finanzierungsvertrag.
Verbundene Verträge, wie sie in den §§ 358 ff. BGB geregelt sind, sind spezielle Konstellationen, bei denen ein Vertrag über die Erbringung einer Leistung, wie beispielsweise ein Kaufvertrag, mit einem Darlehensvertrag zur Finanzierung dieser Leistung verbunden wird.
Dies setzt gemäß § 358 Abs. 3 BGB voraus, dass die Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Unternehmer, der die Leistung erbring, selbst der Darlehensgeber ist. Wirtschaftliche Einheit liegt aber auch vor, wenn der Darlehensgeber eng mit dem Unternehmer zusammenarbeitet. Ein typisches Beispiel ist, dass der Unternehmer dir das Darlehen vermittelt, indem er dir Visitenkartenkarten oder Werbematerial des Darlehensgebers aushändigt oder gar die Darlehensverträge in seinen Geschäftsräumen unterschriftsfertig bereithält.
Ist dies der Fall, folgt daraus eine rechtliche Verknüpfung zum Schutz des Verbrauchers. Diese Regelungen sollen dich vor den Risiken durch die Trennung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrags in ein Bargeschäft und ein Finanzierungsgeschäft bewahren, also wenn der Kaufvertrag und der Darlehensvertrag als zwei getrennte Geschäfte behandelt würden, obwohl sie wirtschaftlich eine Einheit bilden. Insbesondere dann, wenn der Unternehmer nicht selbst der Darlehensgeber ist, sorgt das Gesetz dafür, dass du rechtlich so gestellt wirst, als hättest du den Darlehensvertrag direkt mit dem Unternehmer abgeschlossen. Dies ist wichtig, um der Gefahr zu entgehen, dass du beispielsweise bei einem Mangel am Fahrzeug den Wagen zwar zurückgeben kannst, aber dennoch weiterhin an den Darlehensvertrag gebunden bleibst.
Zentral ist also, dass die verbundene rechtliche Konstruktion die Risiken für den Verbraucher minimiert, die sich aus der Trennung wirtschaftlich zusammengehörender Geschäfte ergeben.
Verbundene Verträge, §§ 358 ff. BGB: Vertrag über die Erbringung einer Leistung (z.B. Kauf- oder Werkvertrag) wird verbunden mit einem Darlehensvertrag zu dessen Finanzierung
- Wirtschaftliche Einheit, § 358 III BGB
- Unternehmer, der die Leistung erbringt, ist selbst Darlehensgeber
- Oder Darlehensgeber bedient sich Mitwirkung des Unternehmers: z.B. Vermittlung von Darlehen, Visitenkarten oder Darlehensvertrag liegen bei Unternehmer aus, etc.
- Rechtliche Verknüpfung zum Schutz des Verbrauchers vor Risiken, die durch die Trennung eines wirtschaftlich einheitlichen Vertrages in ein Bargeschäft und damit verbundenen Darlehensvertrag: Insb., wenn Unternehmer nicht selbst Darlehensgeber, soll Verbraucher so gestellt werden, als hätte er Darlehensvertrag direkt mit Unternehmer geschlossen
Was sind die Rechtsfolgen von verbundenen Verträgen?
Für verbundene Verträgen sieht das Gesetz besondere Rechtsfolgen vor, um den Verbraucher zu schützen.
Erstens gibt es den sogenannten Widerrufsdurchgriff nach § 358 BGB. Das bedeutet: Wenn der Verbraucher den finanzierten Vertrag widerruft, dann wirkt sich das nach § 358 Abs. 1 BGB auch auf den Finanzierungsvertrag aus. Der Verbraucher ist dann auch an den Darlehensvertrag nicht mehr gebunden. Und umgekehrt: Widerruft der Verbraucher den Darlehensvertrag, erlischt gem. § 358 Abs. 2 BGB auch die Bindung an das finanzierte Geschäft. Außerdem treffen den Darlehensgeber, also zum Beispiel die finanzierende Bank, nach § 358 Abs. 4 S. 5 BGB alle Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem finanzierten Geschäft. Das heißt zum Beispiel, der Verbraucher muss der Bank nach seinem Rücktritt nicht unbedingt die Darlehenssumme zurückzahlen, sondern kann stattdessen auch einfach die finanzierte Sache, zum Beispiel das Auto, zurückgeben. Der Verbraucher muss also nicht erst den Kaufpreis vom Unternehmer zurückfordern, um dann die Darlehenssumme an die Bank zurückzahlen zu können. Er trägt somit auch nicht das Risiko der Insolvenz des Unternehmers.
Zweitens gibt es den Einwendungsdurchgriff nach § 359 I BGB: Einwendungen, die der Verbraucher aus dem finanzierten Vertrag gegen den Unternehmer hat, kann er auch gegen den Finanzierungsvertrag mit der Bank vorbringen. Und umgekehrt kann der Verbraucher Einwendungen aus dem Finanzierungsvertrag auch gegen den Unternehmer aus dem finanzierten Geschäft geltend machen. Die verbundenen Verträge werden also rechtlich eng zusammengezogen, um den Verbraucher zu schützen.
Merk die als Rechtsfolgen verbundener Verträge also Widerrufs- und Einwendungsdurchgriff.
Rechtsfolgen
- Widerrufsdurchgriff, § 358 BGB
- Widerruf des finanzierten Geschäfts auch gegen Finanzierungsgeschäft, § 358 I BGB, und umgekehrt, § 358 II BGB
- Darlehensgeber treffen Rechte und Pflichten des Unternehmers, § 358 IV 5 BGB: z.B. muss Verbraucher nicht Darlehenssumme zurückleisten, sondern finanziertes Auto ⇨ Verbraucher muss nicht erst Kaufpreis zurückfordern, um Darlehenssumme zurückzahlen zu können, trägt nicht Insolvenzrisiko des Unternehmers
- Einwendungsdurchgriff, § 359 I BGB: Einwendungen aus finanziertem Geschäft auch gegen Finanzierungsgeschäft, und umgekehrt
Was gilt, wenn die Verträge zwar einen Bezug zueinander aufweisen, aber keine wirtschaftliche Einheit bilden?
In manchen Fällen sind zwar mehrere Verträge miteinander locker verbunden, aber nicht so eng, dass sie schon eine wirtschaftliche Einheit bilden. Es handelt sich also nicht um verbundene Verträge nach §§ 358 f. BGB, obwohl eine gewisse Verbindung besteht.
Genau hier kommt das Konzept der "zusammenhängenden Verträge" ins Spiel, geregelt in § 360 BGB. Sie haben eine lockerere Verbindung als verbundene Verträge, das heißt, es reicht ein bestimmter Bezug zwischen den Verträgen aus.
Welche rechtlichen Folgen hat das? Hier gibt es nur einen Widerrufsdurchgriff. Das bedeutet, dass der Widerruf eines der zusammenhängenden Verträge auch die Wirkungen für die anderen Verträge nach sich zieht. Ein Einwendungsdurchgriff besteht aber nur bei verbundenen Verträgen.
Zusammenhängende Verträge, § 360 BGB: Lockerere Verbindung als verbundener Vertrag, lediglich Bezug erforderlich
- Nur Widerrufsdurchgriff
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