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Verbrauchsgüterkauf, §§ 474 ff. BGB
Was versteht man unter einem Verbrauchsgüterkauf? Zählt dazu auch der Erwerb eines Grundstücks durch einen Verbraucher?
Ein Verbrauchsgüterkauf nach § 474 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn ein Unternehmer als Verkäufer eine Ware an einen Verbraucher als Käufer verkauft.
Ein Unternehmer ist jemand, der gewerblich oder selbstständig beruflich tätig ist, so die Definition in § 14 BGB. Auf der anderen Seite steht der Verbraucher, der laut § 13 BGB für private Zwecke handelt und nicht gewerblich oder selbstständig tätig ist.
Wichtig dabei: Als "Ware" im Sinne des Verbrauchsgüterkaufs gilt nur die Lieferung einer bewegliche Sache, wie sich aus der Legaldefinition in § 241a BGB ergibt. Anders verhält es sich dagegen, wenn du als Verbraucher ein Grundstück erwirbst. Bei einem Grundstücksgeschäft gem. § 311b BGB greift der Verbraucherschutz der §§ 474 ff. BGB nicht. Denn beim Erwerb eines Grundstücks durch einen Verbraucher ist dieser bereits durch die notarielle Form nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB geschützt.
In den §§ 474 bis 479 BGB gibt es eine Reihe von verbraucherschützenden Sonderbestimmungen für den Verbrauchsgüterkauf, etwa die Beweislastumkehr des § 477 BGB.
Merk dir also: Ein Verbrauchsgüterkauf setzt voraus, dass ein Unternehmer einem Verbraucher eine bewegliche Sache verkauft.
Verbrauchsgüterkauf, § 474 I 1 BGB: Verkauf einer Ware (Lieferung beweglicher Sache, § 241a BGB) durch einen Unternehmer, § 14 BGB, als Verkäufer an einen Verbraucher, § 13 BGB, als Käufer
- Grundstücksgeschäft, § 311b BGB: Schutz des Verbrauchers bereits gewährleistet durch notarielle Form
- Sonderbestimmungen in §§ 474-479 BGB
Wer muss das Vorliegen eines Mangels beweisen beim Verbrauchsgüterkauf?
Stell dir vor, du kaufst als Verbraucher einen neuen Laptop beim Händler. Bereits wenige Monate nach dem Kauf bemerkst du, dass der Akku plötzlich extrem schnell an Leistung verliert und nach kurzer Zeit gar nicht mehr funktioniert. Jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Musst du als Käufer nachweisen, dass der Laptop schon bei Übergabe mangelhaft war, oder liegt diese Pflicht beim Verkäufer?
Genau für solche Fälle gilt beim Verbrauchsgüterkauf eine spezielle Regelung zur Beweislastumkehr nach § 477 Abs. 1 BGB. Bei beweglichen Sachen wie dem Laptop wird vermutet, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, also der Übergabe der Sache, vorhanden war, sofern er innerhalb eines Jahres danach auftritt. Etwas Rechtsgeschichte: Diese Frist wurde am 01.01.2022 von zuvor sechs Monaten auf ein ganzes Jahr verlängert, um Verbraucher noch besser zu schützen.
Das bedeutet konkret: Tritt der Mangel innerhalb eines Jahres auf, muss gem. § 477 Abs. 1 S. 1 BGB nicht der Käufer beweisen, dass der Laptop bei Übergabe mangelhaft war. Stattdessen liegt die Beweislast beim Verkäufer, der das Gegenteil nachweisen muss. Diese Vermutung gilt allerdings nicht, wenn sie mit der Art der Ware oder des Mangels unvereinbar ist.
Interessant wird es, wenn ein sogenannter Folgemangel durch einen ursprünglichen Grundmangel verursacht wurde: Stell dir vor, beim Laptop war ursprünglich das elektronische Akku-Management defekt, wodurch der Akku später komplett ausfiel. Zwar ist der Akkuausfall einfach nachweisbar, aber er bestand nachweislich nicht schon bei Übergabe, der Akku funktionierte zunächst noch. Ein anderes Beispiel: Der Zahnriemen deines Autos reißt und dadurch entsteht später ein Motorschaden. Hier ist leicht zu beweisen, dass der Motorschaden vorliegt. Aber dieser bestand nachweislich nicht von Anfang an. Der eigentliche Grundmangel, der defekte Zahnriemen, ist für den Verbraucher schwer nachzuweisen.
Früher, zum Beispiel im sogenannten „Zahnriemenfall“, ging der BGH in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass nur eine zeitliche Vermutung gilt. Er verlangte vom Käufer, dass dieser das Vorliegen des Grundmangels beweisen muss. Lediglich dessen Zeitpunkt wurde dann bereits bei Gefahrübergangs vermutet, was den Käufern oft nicht half, wenn sie den Grundmangel nicht beweisen konnten.
Das sahen die herrschende Lehre und der EuGH, dem sich dann später auch der BGH anschließen musste anders. Die frühere Meinung des BGH ist nicht haltbar und abzulehnen. Dagegen spricht, dass nach dem Wortlaut und Zweck der Vorschrift nicht nur der konkrete Mangel, sondern die generelle Mangelhaftigkeit der Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vermutet wird. Denn der Wortlaut des § 477 Abs. 1 S. 1 BGB spricht von der Vermutung der Mangelhaftigkeit, was bedeutet, dass nicht der konkrete Mangel, sondern die generelle Mangelhaftigkeit der Sache vermutet wird. Der Zweck dieser Regelung ist es auch gerade, dem Käufer die Beweisführung zu erleichtern, vor allem da seine Beweis- und Erkenntnismöglichkeiten kurz nach dem Kauf sehr begrenzt sind. Dies wird nur erreicht, wenn auch die Mangelhaftigkeit, also das Vorliegen eines Grundmangels, vermutet wird.
Wichtig ist auch, dass diese Beweislastumkehr grundsätzlich sogar bei gebrauchten Sachen gilt.
Für lebende Tiere gilt allerdings weiterhin die kürzere Frist von sechs Monaten, § 477 Abs. 1 S. 2 BGB.
Bei dauerhaft bereitgestellten Waren mit digitalen Elementen wiederum erstreckt sich die Vermutung sogar auf den gesamten Bereitstellungszeitraum, mindestens jedoch zwei Jahre, § 477 Abs. 2 BGB.
Merk dir: Beim Verbrauchsgüterkauf muss der Verkäufer beweisen, dass die Sache bei Übergabe mangelfrei war, jedenfalls dann, wenn der Mangel innerhalb eines Jahres danach auftritt.
Beweislastumkehr, § 477 I BGB
- Bei beweglichen Sachen
- Wenn innerhalb eines Jahres Mangel auftritt, gilt Beweislastumkehr hinsichtlich des Vorliegens eines Mangels bei Gefahrübergang
- Rechtsgeschichte: Seit 01.01.2022 von sechs Monaten auf ein Jahr ausgedehnt (außer für lebende Tiere)
- Vermutung der Mangelhaftigkeit bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, es sei denn mit Art der Ware oder des Mangels unvereinbar, § 477 I 1 BGB
- Folgemangel durch Grundmangel aufgetreten: z.B. Zahnriemen defekt, später dadurch Motorschaden ⇨ Folgemangel Motorschaden leicht zu beweisen, lag aber nachweislich nicht bei Gefahrübergang vor (Auto fuhr ja); Beweis des Grundmangels kaum möglich
- BGH früher: Nur zeitliche Vermutung, Käufer muss Grundmangel beweisen und nur dessen Vorliegen bei Gefahrübergang ist dann widerleglich vermutet („Zahnriemenfall“)
- Nach Wortlaut wird Mangelhaftigkeit vermutet, also nicht nur konkreter Mangel, sondern dass Sache bei Gefahrübergang generell mangelhaft war (Grundmangel)
- Normzweck Beweiserleichterung des Käufers, da innerhalb kurzer Zeit geringere Beweis- und Erkenntnismöglichkeiten ⇨ nur erreicht, wenn auch Mangelhaftigkeit vermutet
- h.L., EuGH, BGH heute: Mangelhaftigkeit vermutet zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs
- Auch für gebrauchte Sachen
- Bei lebenden Tieren, § 477 I 2 BGB: Vermutung nur sechs Monate
- Bei dauerhaft bereitgestellten Waren mit digitalen Elementen, § 477 II BGB: Vermutung während des gesamten Bereitstellungszeitraums, mind. 2 Jahre
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Unter welchen Umständen ist beim Verbrauchsgüterkauf beim mangelbedingten Rücktritt oder Schadensersatzverlangen die Fristsetzung entbehrlich?
Beim Verbrauchsgüterkauf stellt sich die Frage, wann der Verbraucher beim mangelbedingten Rücktritt oder Schadensersatzverlangen keine Frist zur Nacherfüllung mehr setzen muss. Diese Fristsetzung ist in der Regel erforderlich, damit der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen kann. Seit dem 1. Januar 2022 regelt § 475d BGB abschließend, wann die Fristsetzung beim Verbrauchsgüterkauf entbehrlich ist. Die §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2 und 440 BGB finden nach § 475d Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 BGB keine Anwendung mehr.
Erstens ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn eine angemessene Frist seit der Unterrichtung des Unternehmers über den Mangel abgelaufen ist, § 475d Abs. 1 Nr. 1 BGB. Der Verbraucher muss hier also keine konkrete Frist mit Ablaufdatum setzen, sondern es reicht, wenn eine angemessene Zeit verstrichen ist.
Zweitens ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn die Ware auch nach der Nacherfüllung mangelhaft ist, § 475d Abs. 1 Nr. 2 BGB. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um den ursprünglichen Mangel oder einen neuen Mangel handelt.
Drittens ist die Fristsetzung bei einem besonders schwerwiegenden Mangel entbehrlich, § 475d Abs. 1 Nr. 3 BGB.
Viertens braucht der Verbraucher keine Frist zu setzen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung verweigert, § 475d Abs. 1 Nr. 4 BGB. Im Gegensatz zu den §§ 323 Abs. 2 Nr. 1 und 440 Abs. 1 Var. 1 BGB muss die Verweigerung hier nicht unberechtigt sein. Und im Unterschied zu den §§ 323 Abs. 2 Nr. 1 und 281 Abs. 2 BGB muss die Verweigerung nicht ernsthaft und endgültig sein.
Fünftens ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn aus den Umständen offensichtlich wird, dass der Unternehmer nicht ordnungsgemäß erfüllen wird, § 475d Abs. 1 Nr. 5 BGB.
Zusammengefasst: Beim Verbrauchsgüterkauf ist die Fristsetzung zur Nacherfüllung in den in § 475d BGB geregelten Fällen entbehrlich.
Entbehrlichkeit der Fristsetzung, wenn mangelbedingter Rücktritt oder Schadensersatz, § 475d BGB: Entbehrlichkeit richtet sich ab 01.01.2022 beim Verbrauchsgüterkauf ausschließlich nach § 475d BGB (§§ 323 II, § 281 II und 440 nicht anzuwenden, § 475d I, II 2 BGB)
- Ablauf angemessener Frist nach Unterrichtung über Mangel genügt, § 475d I Nr. 1 BGB (≠ Setzung einer Frist mit Ablaufdatum durch den Verbraucher)
- Mangelhaftigkeit nach Nacherfüllung, § 475d I Nr. 2 BGB: Auch wenn anderer, neuer Mangel auftritt
- Besonders schwerwiegender Mangel, § 475d Nr. 3 BGB
- Verweigerung der Nacherfüllung, § 475d I Nr. 4 BGB: Verweigerung muss nicht unberechtigt sein wie bei § 323 II Nr. 1 BGB und § 440 1 Var. 1 BGB; Verweigerung muss nicht ernsthaft und endgültig sein wie bei § 323 II Nr. 1 BGB und § 281 II BGB
- Aus Umständen offensichtlich, dass Unternehmer nicht ordnungsgemäß erfüllen wird, § 475d I Nr. 5 BGB
Wie wirkt es sich auf den Verkäuferregress aus, wenn das letzte Geschäft ein Verbrauchsgüterkauf ist?
Stell dir vor, ein Händler verkauft einem Verbraucher ein neues Smartphone. Nach wenigen Monaten stellt sich heraus, dass das Gerät einen Herstellungsfehler hat. Der Verbraucher macht daraufhin Gewährleistungsrechte gegenüber dem Händler geltend. Der Händler möchte nun seinerseits Rückgriff auf seinen Lieferanten nehmen, da der Mangel bereits bei Übergabe vorlag.
In diesem Fall greift der sogenannte Verkäuferregress nach §§ 478, 445a BGB. Besonders wichtig ist hierbei, dass die Beweislastumkehr des § 477 BGB auch zugunsten des Verkäufers wirkt, § 478 Abs. 1 BGB. Das bedeutet: Der Verkäufer muss gegenüber seinem Lieferanten nicht beweisen, dass der Mangel bereits beim Gefahrübergang vorlag. Stattdessen wird vermutet, dass die Ware bereits bei Übergabe an den Verbraucher mangelhaft war. Diese Beweiserleichterung schützt nicht nur den direkten Verkäufer, sondern auch die weiteren Glieder in der Lieferkette, wie in § 478 Abs. 3 BGB geregelt.
Wichtig ist auch, dass nach § 476 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verkäufers führen, unzulässig sind. Ein Lieferant kann also vertraglich nicht wirksam vereinbaren, dass der Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf schlechter gestellt wird.
Merk dir: Beim Verkäuferregress nach einem Verbrauchsgüterkauf gilt die Beweislastumkehr auch zugunsten des Verkäufers und seiner Lieferanten.
Verkäuferregress / Regress des Verkäufers ggü. Lieferant, §§ 478, 445a BGB
- Beweislastumkehr des § 477 BGB gilt auch zugunsten des Verkäufers, § 478 III
- Abweichende Vereinbarungen, § 476 I BGB: Unzulässig zum Nachteil des Verkäufers
Kann sich der Käufer beim Verbrauchsgüterkauf auch auf Mängelrechte berufen, wenn er den Mangel kannte?
Beim Verbrauchsgüterkauf stellt sich die Frage, ob der Käufer seine Mängelrechte auch dann geltend machen kann, wenn er den Mangel bereits kannte. Grundsätzlich könnte man meinen, dass der Käufer in einem solchen Fall keine Mängelrechte mehr hat, da er ja wusste, worauf er sich einlässt. Doch der Gesetzgeber hat hier eine Sonderregelung geschaffen.
Gemäß § 475 Abs. 3 S. 2 BGB werden die Mängelrechte des Käufers nicht dadurch ausgeschlossen, dass er den Mangel kannte. Mit anderen Worten: Selbst wenn der Käufer um den Mangel wusste, kann er sich trotzdem auf seine Mängelrechte wie Nacherfüllung, Minderung oder Rücktritt berufen. Der Grund dafür ist, dass der Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf eine gesteigerte Verantwortung für die Mangelfreiheit der Sache trägt.
Stell dir folgende Situation vor: Du kaufst ein gebrauchtes Auto und weißt, dass der Lack an einigen Stellen Kratzer hat. Normalerweise wäre deine Kenntnis des Mangels ein Grund, die Mängelrechte auszuschließen. Beim Verbrauchsgüterkauf ist das aber nicht der Fall. Du kannst dich trotz deiner Kenntnis der Lackschäden auf die Mängelrechte berufen und beispielsweise vom Verkäufer verlangen, dass er den Lack ausbessert.
Die Besonderheit des § 475 Abs. 3 S. 2 BGB liegt also darin, dass die Kenntnis des Mangels durch den Käufer seine Mängelrechte nicht ausschließt. Der Käufer kann sich auf seine Rechte berufen, selbst wenn er den Mangel kannte.
Kein Ausschluss der Mängelrechte wegen Kenntnis der Nichtschuld gem. § 442 BGB, § 475 III 2 BGB
Wie wirkt es sich auf einen Versendungskauf aus, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt?
Stell dir vor, du bestellst online eine neue Kaffeemaschine für die WG-Küche, aber der Paketdienst verliert das Gerät auf dem Transportweg.
Beim Versendungskauf handelt es sich um eine spezielle Form des Kaufs, bei der die Ware auf dem Versandweg zum Käufer gelangt. In solchen Fällen greift im Regelfall § 447 Abs. 1 BGB. Doch wie verändert sich dies, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt? Die Antwort ist in § 475 Abs. 2 und Abs. 3 S. 2 BGB geregelt.
Laut § 475 Abs. 2 BGB bleibt die Preisgefahr im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs bis zur Ablieferung beim Verkäufer. Das bedeutet, auch wenn auf dem Weg zum Käufer etwas mit der Ware passiert, trägt der Unternehmer das Risiko und der Käufer muss nicht zahlen. Dennoch geht die Leistungsgefahr, also die Gefahr, die Ware nicht mehr rechtzeitig zu bekommen, bereits mit der Übergabe an den Versanddienstleister auf den Käufer über. Das bedeutet, der Käufer hat keinen Anspruch auf eine Neulieferung, wenn die Ware bei ihm nicht ankommt, aber er muss auch nichts zahlen.
Dies bedeutet für unser Beispiel: Sollte die verschickte Kaffeemaschine verloren gehen, bleibt das Risiko beim Verkäufer. Du als Käufer brauchst nur dann zu zahlen, wenn die Lieferung tatsächlich bei dir ankommt. Der Verkäufer kann jedoch darauf pochen, dass du die Maschine nicht ein zweites Mal anforderst, falls die erste Lieferung auf dem Weg zu dir verloren geht. Falls du also mit dem Kauf der Maschine dank einer Rabattaktion ein Schnäppchen gemacht hast, musst du jetzt vielleicht nochmal zum Normalpreis kaufen.
§ 447 Abs. 2 BGB, der den Fall regelt, dass der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt, findet keine Anwendung im Verbrauchsgüterkauf, wie aus § 475 Abs. 3 Satz 2 BGB hervorgeht.
Zentral ist also, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf die Preisgefahr bis zur Ablieferung beim Verkäufer bleibt.
Versendungskauf, § 475 II, III 2 BGB
- § 447 I BGB gilt nur ausnahmsweise, § 475 II: Preisgefahr bleibt regelmäßig bis Ablieferung bei Verkäufer, aber Leistungsgefahr geht schon mit Versand an Käufer über (Käufer muss nichts zahlen, kann aber keine Neulieferung verlangen)
- § 447 II BGB gilt nicht, § 475 III 2 BGB
Welche Besonderheiten gelten beim Verbrauchsgüterkauf hinsichtlich der Nacherfüllung?
Beim Verbrauchsgüterkauf hat der Käufer nach § 475 Abs. 3 und Abs. 4 BGB spezielle Rechte hinsichtlich der Nacherfüllung. Insbesondere kann der Käufer vom Verkäufer einen Vorschuss für die Kosten verlangen, die ihm durch die Nacherfüllung entstehen. Das betrifft zum einen die Transportkosten, also die Kosten für den Hin- und Rücktransport der mangelhaften Sache. Zum anderen hat der Käufer Anspruch auf einen Vorschuss für die sogenannten Wegekosten. Das sind die Kosten, die dem Käufer für den Aus- und Einbau der mangelhaften Sache entstehen, wie beispielsweise Lohnkosten für einen Handwerker.
Die Höhe des Vorschussanspruchs richtet sich dabei nach den gesetzlichen Regeln in § 439 Abs. 2 und 3 BGB. Das heißt, der Käufer kann die erforderlichen Aus- und Einbaukosten sowie die Transportkosten für eine Entfernung von bis zu 50 Kilometern als Vorschuss verlangen. Für eine größere Entfernung muss der Käufer nur die Transportkosten für die ersten 50 Kilometer bezahlen. Der Verkäufer muss also für den Rest der Transportkosten aufkommen.
Die Besonderheit beim Verbrauchsgüterkauf ist also, dass der Käufer einen Anspruch auf Vorschusszahlung für die Kosten der Nacherfüllung hat. Das soll sicherstellen, dass der Verbraucher nicht zunächst in Vorleistung treten muss.
Sonderbestimmungen für die Nacherfüllung gem. § 475 III, IV BGB
- Insb. Anspruch des Käufers auf Vorschuss, § 475 IV: Für Transport- und Wegekosten, Aus- und Einbau gem. § 439 II, III BGB
Welche Besonderheiten gelten beim Verbrauchsgüterkauf hinsichtlich der Abdingbarkeit der §§ 433 ff. BGB?
Beim Verbrauchsgüterkauf, also dem Kauf von Waren durch einen Verbraucher, gelten besondere Regelungen hinsichtlich der Abdingbarkeit der von Vorschriften. Hier kommt § 476 BGB ins Spiel, der sich mit abweichenden Vereinbarungen beschäftigt. Dieser Paragraph legt fest, dass Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den Regelungen des Kaufrechts abweichen, unzulässig sind.
Ein Beispiel hierfür ist die Regelung in § 476 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese Vorschrift schränkt die Möglichkeit ein, von den objektiven Anforderungen an das Vorliegen eines Sachmangels gemäß § 434 Abs. 3 BGB abzuweichen. Somit können Verkäufer die Rechte des Verbrauchers bei Sachmängeln nicht einfach durch abweichende Vereinbarungen beschneiden. Der Verbraucherschutz steht hier im Vordergrund.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Beim Verbrauchsgüterkauf sind abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers weitgehend unzulässig, um dessen Rechte zu wahren.
Abweichende Vereinbarungen, § 476 I BGB: Unzulässig zum Nachteil des Verbrauchers
- z.B. § 476 I 2 BGB schränkt die Abweichung von den objektiven Anforderungen beim Sachmangel gem. § 434 III BGB stark ein
Wirkt es sich auf die Verjährungsfrist von Mängelrechten aus, wenn es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt?
Stell dir vor, du kaufst im Dezember 2024 als Verbraucher bei einem Händler einen neuen Kühlschrank. Ende Dezember 2026, kurz bevor die zweijährige Gewährleistungsfrist abläuft, stellst du plötzlich fest, dass das Gerät nicht mehr ausreichend kühlt. Zwischen den Jahren kannst du beim Verkäufer niemanden erreichen. Jetzt fragst du dich natürlich: Verjährt dein Anspruch gegen den Händler bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2026 oder hast du noch länger Zeit, um bequem deine Rechte geltend zu machen?
Genau für solche Fälle sieht der Gesetzgeber beim Verbrauchsgüterkauf eine wichtige Schutzregelung vor: Gemäß § 475e Abs. 3 BGB tritt eine sogenannte Ablaufhemmung ein, wenn sich innerhalb der regulären Verjährungsfrist (zwei Jahre) ein Mangel zeigt. Konkret bedeutet das: In einem solchen Fall endet die Verjährung nicht sofort, sondern frühestens vier Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat.
Auf dein Beispiel angewendet heißt das: Obwohl die reguläre Verjährungsfrist Ende 2026 ablaufen würde, verlängert sie sich aufgrund der Ablaufhemmung, die durch den Ende November 2026 entdeckten Mangel ausgelöst wurde. Konkret kannst du deine Mängelrechte nun bis Ende Januar 2027 geltend machen—also noch zwei Monate länger.
Eine weitere Regelung trifft § 475e Abs. 4 BGB: Wenn dir vom Verkäufer eine mangelhafte Sache zur Nacherfüllung (also Reparatur oder Austausch) übergeben wird, endet die Verjährungsfrist frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt der Übergabe.
Hinsichtlich der Verjährungsfrist von Mängelrechten Ablaufhemmungen, § 475e III, IV BGB: Insb. relevant, wenn Mangel sich erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist zeigt
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Hobbysportler A kauft bei Händler B ein Fahrrad. Zwei Monate nach der Übergabe stellt A fest, dass der Lenker plötzlich verbogen ist. Kann A sich ggü. B auf seine Mängelrechte berufen?
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