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Verjährung, §§ 194 ff. BGB

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Aktualisiert vor 8 Tagen

Was versteht man unter Verjährung? Welchem Zweck dient sie?

Stell dir vor, du hast jemandem Geld geliehen, aber erst nach vielen Jahren entscheidest du dich, es zurückzufordern. Der Schuldner weigert sich zu zahlen und beruft sich darauf, dass der Anspruch verjährt ist. Doch was bedeutet das genau?

Die Verjährung führt dazu, dass ein Anspruch nach Ablauf einer bestimmten Zeit nicht mehr durchsetzbar ist. Das bedeutet nicht, dass der Anspruch erlischt – er besteht rechtlich weiterhin. Jedoch kann der Schuldner sich auf die Verjährung berufen und die Erfüllung verweigern. Das Gesetz gibt damit dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn die gesetzliche Frist abgelaufen ist.

Der Sinn und Zweck der Verjährung liegt vor allem im Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit. Niemand soll unbegrenzt mit alten Forderungen konfrontiert werden, bei denen es nach langer Zeit schwierig sein kann, Beweise zu erbringen oder sich zu erinnern.

Merke

Verjährung: Anspruch nach Zeitablauf nicht mehr durchsetzbar, um Rechtsfrieden zu schaffen

Welche Rechtsfolgen hat die Verjährung?

Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann der Schuldner die Leistung verweigern, er kann sich auf die sogenannte rechtshemmende Einrede der Verjährung berufen. Das bedeutet, dass der Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann. Geregelt ist das in § 214 Abs. 1 BGB.

Wichtig ist aber, dass der Anspruch dadurch nicht erlischt. Das zeigt sich insbesondere daran, dass der Schuldner eine bereits erbrachte Leistung nicht zurückfordern kann. Wenn er also trotz eingetretener Verjährung zahlt, etwa weil er nicht wusste, dass er die Einrede erheben könnte, dann kann er das Geld nicht nachträglich zurückverlangen. Das ist in § 214 Abs. 2 BGB normiert. Die Verjährung schützt also vor Zwang, aber nicht bei freiwilliger Erfüllung.

Kurz gesagt: Die Verjährung führt dazu, dass der Schuldner nicht mehr leisten muss, aber wenn er es doch tut, kann er das Geleistete nicht zurückfordern.

Merke

Rechtsfolge der Verjährung

  • Dauerhafte rechtshemmende Einrede, § 214 I BGB

  • Aber kein Erlöschen des Anspruchs
    • Wer auf eine verjährte Forderung leistet, kann Leistung nicht zurückfordern, § 214 II BGB
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Wann beginnt eine Verjährungsfrist zu laufen?

Wann beginnt eine Verjährungsfrist eigentlich zu laufen? Diese Frage ist zentral, denn mit Ablauf der Verjährung kann ein Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger davon Kenntnis hatte oder grob fahrlässig nicht wusste, dass ihm ein Anspruch zusteht.

Ein Beispiel: Du leihst einem Freund im Mai 2020 Geld. Der Rückzahlungsanspruch entsteht direkt, sobald das Geld verliehen wird. Die Verjährungsfrist beginnt jedoch nicht sofort im Mai, sondern erst mit dem Jahresende also mit Ablauf des 31. Dezember 2020 und läuft dann drei Jahre, also bis zum 31. Dezember 2023. Bis zu diesem Zeitpunkt musst du die Rückzahlung gerichtlich einfordern, danach kann sich dein Freund auf Verjährung berufen und muss nicht mehr zahlen, wenn er es tut.

Allerdings gibt es eine absolute Grenze für die Verjährung, unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers. Nach § 199 Abs. 4 BGB verjähren Ansprüche spätestens zehn Jahre nach ihrer Entstehung, selbst wenn der Gläubiger gar nichts von seinem Anspruch wusste. Diese Regel soll verhindern, dass Ansprüche unbegrenzt lange geltend gemacht werden können. Es gibt aber eine wichtige Ausnahme: Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit oder Freiheit verjähren nach § 199 Abs. 2 BGB erst nach 30 Jahren, wenn der Gläubiger nichts von seinem Anspruch wusste. Der Gesetzgeber schützt hier besonders schwerwiegende Rechtsgüter, indem er für diese Fälle eine längere Frist vorsieht.

Kurz gesagt: Die Verjährung beginnt grundsätzlich am Jahresende nach Entstehung des Anspruchs und Kenntnis des Gläubigers.

Merke

Beginn, § 199 I BGB: Ab Schluss des Jahres in dem Anspruch entstanden und Gläubiger Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis

  • Aber kenntnisunabhängig Verjährung nach maximal 10 Jahren, § 199 IV BGB: Ab ihrer Entstehung
    • Schadensersatzansprüche bzgl. Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit kenntnisunabhängig maximal 30 Jahre, § 199 II BGB

Wie lange dauern die relevantesten Verjährungsfristen?

Nach einer bestimmten Zeit kann sich der Schuldner auf Verjährung berufen und muss dann nicht mehr leisten. Doch wie lange dauert es, bis ein Anspruch verjährt?

Grundsätzlich gilt die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB. Sie beträgt drei Jahre. Angenommen, du kaufst am 15. März 2025 ein Fahrrad und der Verkäufer liefert es nicht. Dein Anspruch auf Lieferung entsteht sofort. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst am 31. Dezember 2025 und endet nach drei Jahren mit dem Ablauf des 31. Dezember 2028.

Daneben gibt es Sonderregelungen für bestimmte Ansprüche. Ansprüche, die sich auf Rechte an einem Grundstück beziehen, verjähren nach § 196 BGB erst nach zehn Jahren. Das betrifft beispielsweise Kaufpreisforderungen aus einem Grundstückskaufvertrag. Auch bei Gewährleistungsrechten gibt es abweichende Fristen, geregelt in §§ 438 und 634a BGB. So verjähren Mängelansprüche bei einem normalen Kaufvertrag über bewegliche Sachen nach nur zwei Jahren gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Eine besondere Vorschrift gilt auch im Mietrecht: Nach § 548 BGB verjähren Ansprüche des Vermieters auf Schadensersatz wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache bereits sechs Monate nach Rückgabe der Mietsache.

Merk dir: Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, aber es gibt davon abweichend spezielle gesetzliche Regelungen.

Merke

Dauer von Verjährungsfristen

  • Regelmäßige Verjährungsfrist, § 195 BGB: 3 Jahre
  • Rechte an Grundstück, § 196 BGB: 10 Jahre
  • Spezielle Verjährungsregelungen: Insb. für Gewährleistungsansprüche, §§ 438, 634a BGB und mietrechtliche Ansprüche, § 548 BGB

Welche Rechte unterliegen der Verjährung?

Nicht alle Rechte unterliegen der Verjährung. Entscheidend ist, ob es sich um einen Anspruch handelt. Nach § 194 Abs. 1 BGB verjähren nur Ansprüche. Ein Anspruch ist nach der Legaldefinition in diesem Paragraphen das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen. Das bedeutet, dass Forderungen, wie zum Beispiel der Anspruch auf Kaufpreiszahlung oder Schadensersatz, der Verjährung unterliegen. Sobald die Verjährung eingetreten ist, kann der Schuldner die Leistung verweigern.

Anders verhält es sich bei Gestaltungsrechten. Diese verjähren grundsätzlich nicht. Gestaltungsrechte sind Rechte, mit denen man ein bestehendes Rechtsverhältnis einseitig verändern kann. Dazu gehören beispielsweise die Anfechtung eines Vertrages der Widerruf durch einen Verbraucher. Diese Rechte muss man zwar oft innerhalb bestimmter Fristen ausüben, aber sie unterliegen nicht der Verjährung, sondern erlöschen, wenn die jeweiligen Fristen abgelaufen sind.

Zentral ist also, dass nur Ansprüche verjähren, während Gestaltungsrechte durch besondere Fristen begrenzt werden.

Merke

Gegenstand der Verjährung, § 194 I BGB

  • Nur Ansprüche verjähren, § 194 I BGB
  • Gestaltungsrechte z.B. Anfechtung, Verbraucherwiderruf

Können Verjährungsfristen beeinflusst werden, z.B. in Form einer Verlängerung oder eines Neubeginns?

Das Gesetz sieht in den §§ 203 ff. BGB verschiedene Möglichkeiten vor, wie Verjährungsfristen gehemmt, unterbrochen oder sogar neu begonnen werden können.

Eine der wichtigsten Hemmungen tritt durch die Erhebung einer Klage ein. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB wird die Verjährung gehemmt, wenn der Gläubiger Klage erhebt. Das bedeutet, dass die Frist nicht weiterläuft, solange das Gerichtsverfahren andauert. Erst wenn der Rechtsstreit rechtskräftig entschieden wurde oder auf andere Weise beendet wird, beginnt nach § 204 Abs. 2 BGB eine sechsmonatige Nachfrist, in der die Verjährung weiterhin gehemmt bleibt.

Ein Beispiel verdeutlicht das: Angenommen, ein Kaufpreisanspruch soll eingeklagt werden und die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren würde am 31. Dezember 2024 ablaufen. Reicht der Gläubiger jedoch am 1. Dezember 2024 eine Klage ein, wird die Verjährung gehemmt. Sollte das Verfahren am 30. Juni 2026 mit einem rechtskräftigen Urteil enden, beginnt die Verjährung nicht sofort weiterzulaufen. Vielmehr bleibt sie für weitere sechs Monate gehemmt, also bis zum 31. Dezember 2026. Erst danach läuft die verbleibende Restfrist weiter.

Darüber hinaus gibt es eine Regelung in § 167 ZPO, die dem Kläger zugutekommt. Danach tritt die hemmende Wirkung bereits mit der Einreichung der Klage ein, sofern die Zustellung an den Beklagten „demnächst“ erfolgt. In der Praxis bedeutet das, dass Verzögerungen bei der Zustellung, die auf interne gerichtliche Abläufe zurückzuführen sind, nicht zu Lasten des Klägers gehen. Innerhalb eines Zeitraums von etwa zwei Wochen nach Klageeinreichung wird eine Zustellung in der Regel noch als „demnächst“ angesehen. Besonders relevant ist diese Regelung für das Assessorexamen, also das zweite Staatsexamen, da sie in Klausuren zur Verjährungshemmung oft eine wichtige Rolle spielt.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Verjährung kann durch Klageerhebung gehemmt werden, sodass die Frist nicht weiterläuft, solange der Prozess andauert.

Merke

Verjährungshemmung, -unterbrechung und -neubeginn, §§ 203 ff. BGB

  • Insb. Verjährungshemmung durch Klageerhebung, § 204 II BGB: Verjährungsfrist des streitigen Anspruchs läuft nicht weiter, wenn wirksame Klage bis Prozess rechtskräftig entschieden und sechs Monate vergangen
  • Gem. § 167 ZPO hemmende Wirkung auch bereits mit Einreichung, wenn Zustellung „demnächst“ (bis zu zwei Wochen oder wenn Verzögern gerichtsintern bedingt)

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Frage 1/6

A nimmt bei Bank B ein Darlehen auf, wobei eine kurze Verjährungsfrist für den Rückzahlungsanspruch von sechs Monaten vereinbart wird. Der Anspruch ist mit einer Hypothek besichert. A zahlt das Darlehen nicht zurück. Kann B nach 13 Monaten aus der Hypothek gegen A vorgehen?

Nein, da der gesicherte Anspruch verjährt ist.
Nein, da der Anspruch aus der Hypothek verjährt ist.
Ja, da die Hypothek vom Anspruch unabhängig ist.
Ja, da die Verjährung des gesicherten Anspruchs nicht die Durchsetzung des Sicherungsmittels hindert.
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