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- Besonderheiten im Schuldverhältnis
Verträge über digitale Produkte, §§ 327 ff. BGB
Gibt es besondere Regelungen für Verträge über digitale Produkte?
Digitale Produkte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch welche besonderen Regelungen gelten eigentlich, wenn du eine Software kaufst, einen Streaming-Dienst abonnierst oder Cloud-Speicher mietest? Genau hier greifen die §§ 327 ff. BGB, die Sonderregeln für Verträge über digitale Produkte enthalten.
Diese Vorschriften bilden keinen eigenen Vertragstyp, sondern enthalten allgemeine typenübergreifende Regeln, die sich auf alle Verträge beziehen, die digitale Produkte zum Gegenstand haben. Sie regeln den Inhalt des Vertrags, die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, und Vorgaben zur Vertragsbeendigung.
Zusätzlich gibt es für bestimmte Vertragstypen speziellere Vorschriften gibt. Diese speziellen Vorschriften verdrängen eigentlich das allgemeine Schuldrecht als lex specialis. Doch sie ordnen ausdrücklich die Anwendung der §§ 327 ff. BGB an und enthalten in einigen Fällen zusätzlich eigene Spezialregelungen. Das trifft beispielsweise auf Kaufverträge über digitale Produkte zu, wofür die §§ 475a, 445c, 453 BGB maßgeblich sind. Ebenso gibt es Regeln für den Schenkungsvertrag über digitale Produkte in § 516a BGB, für Mietverhältnisse über digitale Produkte in §§ 548a, 578b BGB und für den Werkvertrag über digitale Produkte in § 650 BGB, etwa wenn ein Programmierer eine spezielle Software für dich entwickelt.
Es handelt sich bei den §§ 327 ff. BGB um kleinteilige Regelungen. Ein Vorteil ist ihre Detailgenauigkeit. Im Gesetz steht ist fast alles für klausurrelevanten Wissen enthalten, sodass du dir nicht viel zu den einzelnen Normen auswendig merken musst.
Sonderregeln für Verträge über digitale Produkte, §§ 327 ff. BGB
- Kein eigener Vertragstyp, sondern allgemeine typenübergreifende Sonderregeln für alle Verträge, die digitale Produkte zum Gegenstand haben: Regeln über Inhalt, Rechte, Pflichten und Beendigung solcher Verträge
- Speziellere Regelungen für besondere Vertragstypen verdrängen eigentlich allgemeines Schuldrecht, aber ordnen Anwendbarkeit der §§ 327 ff. BGB ausdrücklich an, teilweise mit Spezialregelungen
- Kaufvertrag über digitale Produkte, §§ 475a, 445c, 453 BGB
- Schenkungsvertrag über digitale Produkte, § 516a BGB
- Mietvertrag über digitale Produkte, §§ 548a, 578b BGB
- Werkvertrag über digitale Produkte, § 650 BGB
- Kleinteilige Regelungen: Es steht eigentlich alles im Gesetz und muss nicht auswendig gelernt werden
Was musst du über die geschichtliche Entwicklung der Verträge über digitale Produkte wissen?
Bis vor wenigen Jahren gab es in Deutschland keine speziellen Vorschriften für Verträge über digitale Produkte. Um diese Besonderheiten einheitlich in der Europäischen Union zu regeln, hat der europäische Gesetzgeber die sogenannte Digitalisierungs-Richtlinie erlassen. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte zum 1. Januar 2022 mit den neuen Vorschriften in §§ 327 ff. BGB.
Digitalisierungs-Richtlinie wurde zusammen mit der Warenkauf-Richtlinie umgesetzt und ist vollharmonisierend. Das bedeutet, dass die Mitgliedstaaten keine strengeren oder abweichenden Regelungen treffen dürfen – alle Verbraucher sollen in der EU denselben Schutz genießen.
Rechtsgeschichte: Seit 01.01.2022 neu geregelt in Umsetzung der europäischen Digitalisierungs-Richtlinie (gemeinsam mit Warenkauf-Richtlinie); vollharmonisierend
Unter welchen Voraussetzungen gelten die Regeln für Verträge über digitale Produkte?
Unter welchen Voraussetzungen greifen die Regelungen der §§ 327 ff. BGB über digitale Produkte?
Erstens: Zunächst muss es sich um einen Verbrauchervertrag gem. § 310 Abs. 3 BGB handeln. Das bedeutet, dass ein Unternehmer und ein Verbraucher den Vertrag schließen.
Zweitens: Der Vertragsgegenstand muss ein digitales Produkt sein. Das können digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen sein. Digitale Inhalte gemäß § 327 Abs. 2 S. 1 BGB sind beispielsweise E-Books, Musik-Downloads oder Computersoftware, die du auf dein Gerät herunterlädst. Digitale Dienstleistungen § 327 Abs. 2 S. 2 BGB sind hingegen Angebote wie cloudbasierte Streaming-Plattformen oder Software-as-a-Service-Lösungen, bei denen nicht zum Beispiel eine Datei der Vertragsgegenstand ist, sondern ein digitaler Dienst genutzt wird.
Drittens: Die Bereitstellung des digitalen Produkts muss vom Unternehmer geschuldet werden, § 327b Abs. 3, Abs. 4 BGB.
Viertens: Dazu kommt die Voraussetzung, dass der Verbraucher eine Gegenleistung erbringt. Klassischerweise geschieht das durch eine Geldzahlung. Doch auch andere Formen der Gegenleistung sind erfasst. Wenn ein digitales Produkt etwa in Form von Wertdarstellungen wie Geschenkgutscheine, Bitcoins, Paybackpunkte, Treuepunkte oder Rabattmarken bezahlt wird, ist dies gemäß § 327 Abs. 1 S. 2 BGB ebenfalls umfasst. Selbst wenn keine Zahlung erfolgt, sondern der Verbraucher seine personenbezogenen Daten zur Verfügung stellt, kann dies als Gegenleistung gelten gemäß § 327 Abs. 3 BGB. Ein Beispiel dafür ist eine App, die kostenlos nutzbar ist, jedoch umfangreiche Nutzerdaten sammelt und auswertet.
Fünftens: Es darf keine Ausnahme nach § 327 Abs. 6 BGB vorliegen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die §§ 327 ff. BGB nur bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte gelten, für die eine Gegenleistung erbracht wird.
Anwendungsbereich, §§ 327, 327a BGB: Grundvoraussetzungen in § 327 I 1 BGB
- Verbrauchervertrag gem. § 310 III BGB: Verträge zwischen Unternehmer und Verbraucher
- Digitales Produkt, § 327 II BGB: Digitale Inhalte, § 327 II 1 BGB (z.B. Ebook) und digitale Dienstleistungen, § 327 II 2 BGB (z.B. Streaming)
- Bereitstellung geschuldet durch den Unternehmer, § 327b III, IV BGB
- Gegen Zahlung eines Preises: z.B. Geldzahlung
- Auch Wertdarstellungen, § 327 I 2 BGB: z.B. Geschenkgutscheine, Bitcoins, Paybackpunkte, Treuepunkte, Rabattmarken
- Auch durch Bereitstellung personenbezogener Daten, § 327 III BGB
- Keine Ausnahme gem. § 327 VI BGB
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