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Verträge über digitale Produkte: Digitales Produkt, § 327 II BGB

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Aktualisiert vor 11 Tagen

Was versteht man unter einem „digitalen Produkt“?

Die Definition eines digitalen Produkts findet sich in § 327 Abs. 2 BGB, der zwischen zwei Kategorien unterscheidet: digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen.

Digitale Inhalte im Sinne von § 327 Abs. 2 S. 1 BGB sind Daten, die in digitaler Form bereitgestellt werden. Klassische Beispiele sind E-Books, Musik- oder Audiodateien, Software oder auch digitale Spiele, die zum Download angeboten werden.

Daneben gibt es digitale Dienstleistungen nach § 327 Abs. 2 S. 2 BGB. Das sind Dienstleistungen, die digital bereitgestellt werden. Dazu gehören Streaming-Dienste wie Netflix oder Spotify, bei denen du Filme oder Musik abrufen kannst, aber auch Clouddienste wie Google Drive oder Dropbox, die Speicherplatz in der Cloud anbieten. Ebenso zählen soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram dazu, oder KI-Chatbots wie ChatGPT und Claude. Hier gibt es also keinen einmaligen Download, sondern eine fortlaufende Dienstleistung.

Nicht alles, was mit Computern erstellt wird, ist automatisch ein digitales Produkt im rechtlichen Sinne. Wird ein Computer nur als Hilfsmittel genutzt, um beispielsweise ein Rechtsgutachten oder ein individuell erstelltes Design zu entwerfen, dann liegt kein digitales Produkt im Sinne von § 327 Abs. 2 BGB vor. Ein Anwalt, der eine digitale Rechtsberatung anbietet und das schriftliche Gutachten per E-Mail versendet, erbringt daher keine digitale Dienstleistung im gesetzlichen Sinne.

Kurz gesagt: Digitale Produkte sind entweder digitale Inhalte, die zum Download bereitstehen, oder digitale Dienstleistungen, die online erbracht werden.

Merke
  • Digitales Produkt, § 327 II BGB
  • Digitale Inhalte, § 327 II 1 BGB: z.B. Ebook, Audiodatei oder Software zum Download angeboten
  • Digitale Dienstleistungen, § 327 II 2 BGB: z.B. Streaming (Audio- oder Video), Clouddienste, soziale Netzwerke
  • Nicht zwangsläufig digitales Produkt, wenn Computer zur Herstellung genutzt, z.B. nicht Rechtsgutachten eines Rechtsanwalts

Sind die Regeln über digitale Produkte auch anwendbar, wenn das Produkt speziell für den Verbraucher entwickelt wurde?

Was gilt, wenn ein digitales Produkt speziell für einen Verbraucher entwickelt wird? Fallen solche Verträge auch unter die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB?

Ja, denn § 327 Abs. 4 BGB stellt klar, dass die gesetzlichen Regeln für digitale Produkte auch dann Anwendung finden, wenn das Produkt eigens für den jeweiligen Verbraucher erstellt wurde. Entscheidend ist also nicht, ob es sich um eine Standardsoftware oder ein individualisiertes digitales Produkt handelt, sondern allein, dass ein Vertrag über digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen vorliegt.

Ein Beispiel: Ein Verbraucher lässt sich eine individuelle Softwarelösung programmieren, die genau auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist. Obwohl diese Software speziell für ihn erstellt wurde, gelten dennoch die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB, sodass er zum Beispiel bestimmte Gewährleistungsrechte hat, wenn die Software nicht wie vereinbart funktioniert.

Kurz gesagt: Auch individuell entwickelte digitale Produkte unterfallen den §§ 327 ff. BGB.

Merke
  • Geltung der §§ 327 ff. BGB auch für digitales Produkt, das speziell für Verbraucher entwickelt, § 327 IV BGB

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Sind die Regeln über digitale Produkte auch anwendbar auf Verträge über körperliche Datenträger mit ausschließlich digitalen Inhalten?

Wenn du eine Software auf einem USB-Stick kaufst oder eine Musik-CD erwirbst, stellt sich die Frage, ob hier die Regeln über digitale Produkte gelten. Schließlich handelt es sich um einen körperlichen Datenträger, aber die darauf gespeicherten Inhalte sind rein digital. Genau für solche Fälle hat der Gesetzgeber in § 327 Abs. 5 BGB eine Regelung getroffen.

Danach gelten die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB auch für Verträge über Datenträger mit ausschließlich digitalen Inhalten. Diese Gleichstellung ist sinnvoll, denn der wirtschaftliche Schwerpunkt dieser Verträge liegt nicht in dem physischen Trägermedium selbst, sondern in dem darauf gespeicherten digitalen Inhalt.

Eine Ausnahme besteht jedoch hinsichtlich der §§ 327b und 327c BGB. Diese Vorschriften regeln die Bereitstellungspflichten des Unternehmers.

Merke

Geltung der §§ 327 ff. BGB auch für Datenträger mit ausschließlich digitalen Inhalten, §§ 327 V, 475a I BGB: z.B. Software auf USB-Stick, Musik-CD, Film-DVD

  • Geltung der §§ 327 ff. BGB, §§ 327 V, 475a I BGB: Mit Ausnahme von §§ 327b, 327c BGB

Sind die Regeln über digitale Produkte auch anwendbar, wenn neben einem digitalen Produkt ein analoges Produkt bereitgestellt wird?

Digitale Produkte werden oft nicht isoliert angeboten, sondern in Kombination mit analogen Produkten, beispielsweise wenn du eine Spielekonsole kaufst, die mit einem Code für ein digitales Spiel zum Download geliefert wird. Gelten dann die Regeln für analoge oder digitale Produkte?

Es geht dabei um sogenannte Paketverträge gem. § 327a Abs. 1 S. 1 BGB. Ein Paketvertrag liegt vor, wenn ein Vertrag sowohl ein analoges als auch ein digitales Produkt zum Gegenstand hat.

Entscheidend ist nun, dass für die digitalen Produkte die speziellen Vorschriften der §§ 327 ff. BGB gelten, wie es § 327a Abs. 1 S. 2 BGB bestimmt. Für das analoge Produkt hingegen bleibt es beim allgemeinen Recht. Das bedeutet, dass beispielsweise für die Spielekonsole normales Kaufrecht inkl. der Regeln über Verbrauchsgüterkauf anwendbar ist und für das Downloadspiel die §§ 327 ff. BGB. Diese Trennung stellt sicher, dass jedes Produkt nach den Regeln behandelt wird, die am besten zu seinen Eigenschaften passen.

Merke

Geltung der §§ 327 ff. BGB auch für Paketverträge, § 327a I 1 BGB: Verträge über analoge und digitale Produkte, z.B. Spielekonsole im Bundle mit Spielen zum Download

  • §§ 327 ff. BGB gelten dann für digitale Produkte, § 327a I 2 BGB
  • Für analoges Produkt gilt normales Recht, z.B. Kaufrecht inkl. Regeln über Verbrauchsgüterkauf

Sind die Regeln über digitale Produkte auch anwendbar, wenn eine körperliche Sache mit einem digitalen Produkt verbunden ist?

Stell dir vor, du kaufst einen Kühlschrank, der nicht nur kühlt, sondern auch eine KI-gesteuerte Bestellfunktion für den Nachkauf von Lebensmitteln besitzt. Die Frage, die sich hierbei stellt, lautet: Sind die speziellen Regelungen für digitale Produkte nach den §§ 327 ff. BGB auch anwendbar, wenn eine körperliche Sache, wie dieser Kühlschrank, mit einem digitalen Produkt verbunden ist?

Die §§ 327 ff. BGB sind auch auf Verträge anwendbar, die Sachen mit digitalen Elementen betreffen, wie es in § 327a Abs. 2 S. 1 BGB festgelegt ist. Es geht dabei um Sachen mit „entbehrlichen“ digitalen Elementen. Es geht also um körperliche Sachen, die erstens mit digitalen Produkten verbunden sind, aber zweitens auch ohne diese digitalen Elemente funktionsfähig bleiben. Der smarte Kühlschrank, kann zum Beispiel auch ohne seine digitale Bestellfunktion als normaler Kühlschrank genutzt werden kann.

Anders ist das bei Kaufverträgen über Waren digitalen Elementen. Diese betreffen Sachen mit „unentbehrlichen“ digitalen Elementen. Hierbei handelt es sich um Produkte, die ohne die digitalen Komponenten nicht funktionieren würden. Ein Beispiel wäre ein Smart-TV, der ohne seine Software nicht einsatzfähig wäre. In solchen Fällen gelten nicht die §§ 327 ff. BGB, sondern die Vorschriften der §§ 475a ff. BGB.

Bei „entbehrlichen“ digitalen Elementen gelten aber wie gesagt die §§ 327 ff. BGB, allerdings ausschließlich für die digitalen Produkte. Dies wird ergibt sich aus § 327a Abs. 2 S. 2 und § 475a Abs. 2 BGB. Für die analogen Teile eines solchen Produkts, also die Funktionen, die nicht auf den digitalen Komponenten basieren, gilt weiterhin das normale Recht. Dies umfasst zum Beispiel das Kaufrecht, einschließlich der Regeln über den Verbrauchsgüterkauf.

Zusammengefasst bedeutet das, dass die §§ 327 ff. BGB für die digitalen Elemente von Produkten gelten, wenn diese entbehrlich sind, während die analogen Bestandteile dem üblichen Kaufrecht unterliegen.

Merke

Geltung der §§ 327 ff. BGB auch für Verträge über Sachen mit digitalen Elementen, § 327a II 1 BGB: Sachen mit „entbehrlichen“ digitalen Elementen

  1. Verträge über körperliche Sachen, die mit digitalen Produkten verbunden sind,
  2. die aber auch ohne die digitalen Produkte funktionieren: z.B. smarter Kühlschrank mit Bestellfunktion
  • §§ 327 ff. BGB gelten dann für digitale Produkte, §§ 327a II 2, 475a II BGB
    • Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen, §§ 327a III 1, 475a II BGB: Sachen mit „unentbehrlichen“ digitalen Elementen ⇨ Geltung der §§ 475a ff. BGB, nicht der §§ 327 ff. BGB
  • Für analoges Produkt gilt normales Recht, z.B. Kaufrecht inkl. Regeln über Verbrauchsgüterkauf

Sind die Regeln über digitale Produkte auch anwendbar, wenn eine körperliche Sache mit einem digitalen Produkt verbunden ist, ohne das ihre Funktion nicht erfüllt werden kann? Nach welchen Kriterien bestimmt sich, ob die Funktion ohne das digitale Produkt erfüllbar ist?

Keine Geltung der §§ 327 ff. BGB besteht für Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen, wie in § 327a Abs. 3 S. 1 und § 475a Abs. 2 BGB beschrieben. Dies meint Waren mit „unentbehrlichen“ digitalen Elementen, die ohne das digitale Produkt nicht funktionieren. Ein Beispiel ist etwa eine Drohne, die nur mit einer speziellen App des Herstellers steuerbar ist. In solchen Fällen gelten gem. § 327a Abs. 3 S. 1 BGB nicht die §§ 327 ff. BGB, sondern die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen in §§ 475a ff. BGB, insbesondere die Regelungen in den §§ 475b und 475c BGB.

Die Abgrenzung, ob die Funktion ohne digitales Element erfüllbar ist, ist umstritten. Es gibt zwei Ansätze:

Nach der subjektiven Ansicht kommt es darauf an, was vertraglich geschuldet ist. Wenn etwa ein Auto mit Navigationssystem verkauft wird, dann gehört diese Funktion zum vertraglich vereinbarten Leistungsumfang. Fehlt das Navigationssystem, ist die vertraglich erwartete Funktion nicht erfüllt. Die subjektive Ansicht ist abzulehnen. Dagegen spricht, dass die Frage, ob der Kaufvertrag auch die Bereitstellung digitaler Produkte umfasst, erst im zweiten Schritt folgt, nachdem festgestellt wurde, dass eine Ware mit digitalen Elementen vorliegt. Sie kann auch zu einem Wertungswiderspruch führen, da sie etwa beim Kauf eines PCs ohne Betriebssystem zum paradoxen Ergebnis kommt, dass dieser seine Funktionen ohne Betriebssystem erfüllen kann, weil dieses vertraglich nicht geschuldet ist.

Die objektive Ansicht geht stattdessen danach, welche Funktionen der Ware aus wertender Betrachtung ein erhebliches Gewicht haben. Ein Navigationssystem in einem Auto ist zwar nützlich, aber das Fahrzeug kann seine Kernfunktion – das Fahren – auch ohne Navigation erfüllen. Würde man also ein Auto ohne Navigationssoftware erhalten, wäre das Fahrzeug nicht funktionsunfähig, sondern nur eingeschränkt nutzbar. Das heißt es liegt eine Sache mit digitalen Elementen vor, auf die die §§ 327 ff. BGB anwendbar sind. Entscheidend für eine Ware mit digitalen Elementen sind demnach digitale Funktionen, die so prägend sind, dass ohne sie eine völlig andere Art von Produkt (Aliud) vorliegt. Ein Beispiel wäre eine smarte Lampe, deren erheblicher Funktionsumfang nur per App gesteuert werden kann. Ohne die App wäre sie keine smarte Lampe mehr, sondern eine einfache analoge Leuchte. Daher sind smarte Produkte oft Waren mit digitalen Elementen.

Zentral ist also, dass eine Ware mit digitalen Elementen dann vorliegt, wenn ohne das digitale Produkt eine wesentliche Funktion der Ware nicht erfüllt werden kann.

Merke
  • Keine Geltung der §§ 327 ff. BGB für Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen, §§ 327a III 1, 475a II BGB: Sachen mit „unentbehrlichen“ digitalen Elementen, d.h. Waren, die ohne diese Produkte nicht funktionieren; z.B. Drohne, die ausschließlich mit Handy-App des Herstellers gesteuert werden kann
    • Keine Anwendung der §§ 327 ff. BGB auf Kaufverträge über Waren mit digitalen Elementen, § 327a III 1 BGB
    • Stattdessen gelten die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf von Waren mit digitalen Elementen, §§ 475a ff. BGB: Insb. §§ 475b, 475c BGB

    • Die Abgrenzung, ob die Funktion ohne digitales Element erfüllbar, ist umstritten
      • Subjektive Auslegung: Umfasst sind alle Funktionen, die vertraglich geschuldet
        • z.B. wenn „Kfz mit Navigationssystem“ geschuldet, wird Funktion ohne Navigationssystem nicht erfüllt (⇨ Ware mit digitalen Elementen, Kaufrecht anwendbar)
        • Frage, ob Kaufvertrag auch Bereitstellung digitaler Produkte umfasst, folgt erst im zweiten Schritt nachdem festgestellt ist, dass eine Ware mit digitalen Elementen vorliegt
        • Wertungswiderspruch z.B. beim Kauf eines PC ohne Betriebssystem mit paradoxem Ergebnis, dass PC seine Funktionen ohne Betriebssystem erfüllen kann, weil dieses vertraglich nicht geschuldet
      • Objektive Auslegung: Umfasst sind Funktionen mit hohem Gewicht nach wertender Betrachtungsweise
        • z.B. bei „Kfz mit Navigationssystem“ kommt einem (ggf. nachrüstbaren) Navigationsgerät wohl regelmäßig nicht ein solch hohes Gewicht zu, dass die Funktion des Fahrzeugs nicht mehr erfüllbar (⇨ Sache mit digitalen Elementen
        • Aber z.B. „smarte“ Gegenstände mit Gewicht auf den intelligenten Funktionen werden ohne digitales Element zu analogenGegenständen und somit aufgrund der erheblichen Prägung zu einem Aliud (⇨ Ware mit digitalen Elementen, Kaufrecht anwendbar)

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Frage 1/1

In welchen Fällen gelten die Regeln über digitale Produkte?

Kaufvertrag über eine Spielekonsole im Bundle mit Spielen zum Download.
Abovertrag bei Streaming-Dienst.
Kaufvertrag über Smartphone.
Erwerb eines Ebooks durch das Einlösen von Treuepunkten.
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