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Verträge über digitale Produkte: Mängelgewährleistung, §§ 327d ff. BGB

Digitales MängelgewährleistungsrechtProduktmangelRechtsmangel
Aktualisiert vor 8 Tagen

Unter welchen Voraussetzungen liegt bei Verträgen über digitale Produkte eine mangelhafte Leistung vor?

Was passiert, wenn ein digitales Produkt fehlerhaft ist oder sich nicht wie erwartet nutzen lässt? Genau hier greifen die Mängelgewährleistungsvorschriften der §§ 327d ff. BGB, die regeln, wann eine mangelhafte Leistung des Unternehmers vorliegt und welche Rechte Verbraucher haben.

Ein Produktmangel liegt vor, wenn das digitale Produkt nicht die vereinbarte oder gesetzlich vorgesehene Beschaffenheit aufweist, § 327e Abs. 1 S. 1 BGB. Stürzt eine gekaufte Software ständig ab oder fehlen zugesicherte Funktionen, liegt ein Produktmangel vor. Dazu später mehr.

Neben dem Produktmangel gibt es auch den Rechtsmangel, geregelt in § 327g BGB. Ein digitales Produkt darf nur dann als vertragsgemäß gelten, wenn es ohne die Verletzung von Rechten Dritter genutzt werden kann. Das bedeutet, dass der Unternehmer dafür einstehen muss, dass der Verbraucher bei der Nutzung beispielsweise nicht gegen Urheberrechte Dritter verstößt. Wenn also eine erworbene Musiksoftware nicht verwendet werden kann, weil der Anbieter nicht die notwendigen Rechte für bestimmte Funktionen besitzt, handelt es sich um einen Rechtsmangel.

Ein entscheidender Punkt ist, dass der Unternehmer für beide Arten von Mängeln haftet, wie § 327d BGB klarstellt. Die Haftung besteht dabei verschuldensunabhängig. Das bedeutet, dass es keine Rolle spielt, ob er den Mangel vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat. Verbraucher haben also auch dann Gewährleistungsrechte, wenn der Unternehmer den Fehler nicht zu verantworten hat.

Das digitale Mängelgewährleistungsrecht ähnelt in vielen Punkten der kaufrechtlichen Gewährleistung nach §§ 434 ff. BGB und überträgt deren Grundprinzipien auf digitale Inhalte und Dienstleistungen. Zentral ist also, dass digitale Produkte sowohl frei von Sach- als auch Rechtsmängeln sein müssen.

Merke

Produkt- und Rechtsmangel, §§ 327d ff. BGB

  • Produktmangel, § 327e I 1 BGB
  • Rechtsmangel, § 327g BGB: Nutzbar, ohne Rechte Dritter zu verletzen (z.B. Urheberrechte)
  • Verschuldensunabhängige Haftung des Unternehmers für Produkt- und Rechtsmängel, § 327d BGB

  • Ähnelt kaufrechtlicher Gewährleistung gem. §§ 434 ff. BGB

Was sind die Voraussetzungen eines Produktmangels bei einem digitalen Produkt?

Digitale Produkte wie Apps, Software oder Streaming-Dienste müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, damit sie als mangelfrei gelten. Nach § 327e Abs. 1 S. 1 BGB liegt ein Produktmangel vor, wenn die subjektiven Anforderungen, die objektiven Anforderungen oder die Anforderungen an die Integration nicht erfüllt sind. Das bedeutet, dass ein digitales Produkt nicht nur das halten muss, was vertraglich vereinbart wurde, sondern auch allgemein übliche Anforderungen erfüllen und korrekt integriert sein muss.

Zunächst sind die subjektiven Anforderungen zu prüfen, die sich unmittelbar aus dem Vertrag ergeben. Nach § 327e Abs. 2 BGB gehören dazu die vereinbarte Beschaffenheit, die Eignung für eine im Vertrag vorausgesetzte Nutzung sowie das vereinbarte Zubehör und vereinbarte Aktualisierungen. Wenn ein Verbraucher beispielsweise ein Videostreaming-Abonnement mit der vertraglichen Zusicherung abschließt, dass Inhalte in 4K-Qualität verfügbar sind, wäre es ein Mangel, wenn die Videos nur in HD abrufbar sind.

Daneben müssen auch die objektiven Anforderungen erfüllt sein, die in § 327e Abs. 3 BGB geregelt sind. Dazu gehört insbesondere, dass das Produkt sich für die gewöhnliche Nutzung eignet und eine erwartbare Beschaffenheit aufweist. Im Beispiel des Videostreaming-Dienstes wäre es heutzutage zum Beispiel ohne vertragliche Regelung erwartbar, dass Videoinhalte zumindest in HD wiedergegeben werden können, weil eine niedrige SD-Auflösung nicht mehr zeitgemäß ist. Zudem muss das Produkt das übliche Zubehör enthalten, die neueste Version und die gemäß § 327f Abs. 1 BGB notwendigen Aktualisierungen bieten, also Updates, Upgrades und Sicherheitsaktualisierungen.

Abweichungen hiervon sind nach § 327h BGB nur zulässig, wenn der Verbraucher vorab ausdrücklich informiert wurde und einer Abweichung gesondert zugestimmt hat, beispielsweise durch das Anklicken einer speziellen Schaltfläche bei Vertragsabschluss. Hat der Verbraucher eine bereitgestellte Aktualisierung nicht installiert, entfällt die Haftung des Unternehmers für daraus resultierende Produktmängel gemäß § 327f Abs. 2 BGB. Ein Beispiel: Wenn ein Anbieter regelmäßig Software-Updates bereitstellt, um Sicherheitslücken zu schließen, der Verbraucher diese jedoch ignoriert und später aufgrund eines Hackerangriffs Daten verliert, kann der Anbieter dafür nicht verantwortlich gemacht werden.

Schließlich müssen nach § 327e Abs. 4 BGB die Anforderungen an die Integration erfüllt sein. wenn die Integration vom Unternehmer durchgeführt wird. Die sachgemäße Integration ist vergleichbar mit den Montageanforderungen im Kaufrecht nach § 434 Abs. 4 BGB. Wenn ein Anbieter beispielsweise eine Software auf einem Gerät vorinstalliert, muss diese fehlerfrei funktionieren und problemlos mit dem Betriebssystem kompatibel sein.

Zusammenfassend gilt: Ein digitales Produkt ist nur dann mangelfrei, wenn es die subjektiven und objektiven Anforderungen sowie die Integrationsanforderungen erfüllt.

Merke

Produktmangel, § 327e I 1 BGB: Frei von Produktmängeln, wenn subjektive Anforderungen, objektive Anforderungen und Anforderungen an die Integration gewahrt

  1. Subjektive Anforderungen aus Vertrag, § 327e II BGB: Vereinbarte Beschaffenheit, geeignet zur im Vertrag vorausgesetzten Verwendung, vereinbartes Zubehör und vereinbarte Aktualisierungen
  2. Objektive Anforderungen, § 327 III BGB: Insb. geeignet zur gewöhnlichen Verwendung, erwartbare Beschaffenheit und Zubehör, neueste Version, Aktualisierungen gem. § 327f I BGB (Updates, Upgrades und Sicherheitsaktualisierungen)
    • Abweichungen gem. § 327h BGB nur möglich, wenn Verbraucher in Kenntnis gesetzt und ausdrückliche und gesonderte Vereinbarung im Vertrag (z.B. durch Anklicken einer gesonderten Schaltfläche)
    • Aktualisierung nicht installiert durch Verbraucher, § 327f II BGB: Unternehmer haftet nicht für daraus entstehende Produktmängel
  3. Anforderungen an die Integration, § 327e IV BGB: Wenn Integration gem. § 327e IV 2 BGB durchzuführen ist, muss diese grds. sachgemäß erfolgen (ähnlich Montageanforderungen im Kaufrecht, § 434 IV BGB)
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In welchem Zeitpunkt muss ein digitales Produkt mangelfrei sein?

Wann muss ein digitales Produkt eigentlich frei von Mängeln sein? Diese Frage ist entscheidend für die Mängelgewährleistung bei digitalen Produkten. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen einmaliger und fortlaufender Bereitstellung.

Bei einer einmaligen Bereitstellung muss das digitale Produkt gemäß § 327e Abs. 1 S. 2 BGB zum Zeitpunkt der Bereitstellung mangelfrei sein. Das bedeutet, dass der Verkäufer oder Anbieter sicherstellen muss, dass das Produkt in dem Moment, in dem es dem Verbraucher zur Verfügung gestellt wird, den vertraglichen Anforderungen entspricht. Ein Beispiel: Wenn du eine Software kaufst und sie einmalig herunterlädst, dann muss sie genau in diesem Moment fehlerfrei funktionieren. Spätere Mängel, die erst nach der Bereitstellung entstehen, etwa in der Interaktion mit einem neuen Betriebssystem, fallen grundsätzlich nicht unter diese Regel.

Anders ist dies gemäß § 327e Abs. 1 S. 3 BGB bei einer fortlaufenden Bereitstellung. Hier muss das digitale Produkt über den gesamten Bereitstellungszeitraum hinweg mangelfrei sein. Dies gilt insbesondere für Abonnement-Modelle oder Cloud-Dienste. Wenn du beispielsweise einen Streaming-Dienst abonnierst, dann muss dieser während der gesamten Laufzeit deines Abonnements einwandfrei funktionieren. Tritt während der Nutzungsdauer ein Mangel auf, kann der Verbraucher Gewährleistungsrechte geltend machen.

Bei einmaliger Bereitstellung kommt es also auf den Zeitpunkt der Bereitstellung an, bei fortlaufender Bereitstellung muss die Mangelfreiheit über die gesamte Laufzeit bestehen.

Merke

Maßgeblicher Zeitpunkt für Mangelfreiheit

  • Bei einmaliger Bereitstellung Zeitpunkt der Bereitstellung, § 327e I 2 BGB
  • Bei fortlaufender Bereitstellung während des gesamten Bereitstellungszeitraums, § 327e I 3 BGB

Welche Rechte hat der Verbraucher bei Verträgen über digitale Produkte, wenn das Produkt mangelhaft ist?

Was gilt, wenn das gekaufte digitale Produkt nicht richtig funktioniert? Dafür gibt es spezielle Mängelrechte in §§ 327i ff. BGB, die den kaufrechtlichen Gewährleistungsrechten nach §§ 437 ff. BGB ähneln. Verbraucher haben dann verschiedene Rechte, um sich gegen mangelhafte digitale Produkte zu wehren.

Zunächst steht ihnen das Recht auf Nacherfüllung gemäß §§ 327i Nr. 1, 327l BGB zu. Der Anbieter muss also den vertragsgemäßen Zustand herstellen und die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen. Das ist vergleichbar mit der Nachbesserung oder Ersatzlieferung beim Kaufvertrag. Wenn beispielsweise ein gekauftes E-Book sich nicht wie versprochen Bücher öffnen lässt, kann der Verbraucher verlangen, dass ein funktionsfähiges Update bereitgestellt wird.

Falls die Nacherfüllung scheitert oder gar nicht erst möglich ist, darf der Verbraucher den Vertrag beenden gem. §§ 327i Nr. 2 Alt. 1, 327m, 327o BGB. Das bedeutet, dass das Vertragsverhältnis rückabgewickelt wird, also der Anbieter das Geld zurückgeben muss. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Musikstreaming-Dienst dauerhaft keine Lieder abspielt und keine Verbesserung in Sicht ist.

Alternativ kann der Verbraucher den Preis mindern (§§ 327i Nr. 2 Alt. 2, 327n BGB). Statt einer vollständigen Rückabwicklung wird dabei der Preis herabgesetzt. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn das Produkt zwar nutzbar ist, aber nicht wie vereinbart funktioniert. Ein Beispiel: Ein Videospiel enthält zwar alle versprochenen Inhalte, läuft aber nur mit Einschränkungen, etwa mit häufigen Abstürzen. In diesem Fall kann der Verbraucher eine angemessene Preisminderung verlangen.

Daneben kann dem Verbraucher auch ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen gem. §§ 327i Nr. 3 Alt. 1, 280 Abs. 1 BGB. Schadensersatz kommt zum Beispiel in Betracht, wenn eine fehlerhafte Software auf dem Computer des Verbrauchers Schäden anrichtet und eine kostenpflichtige Problemlösung beim IT-Experten in Anspruch nehmen muss.

Auch Aufwendungsersatz gem. §§ 327i Nr. 3 Alt. 2, 284 BGB kommt in Betracht. Aufwendungsersatz kann zum Beispiel verlangt werden, wenn der Verbraucher für das Produkt zusätzliche Aufwendungen getätigt hat, die sich als vergeblich herausstellen. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn er eine neue Grafikkarte angeschafft hat, um das gekaufte Videospiel auf seinem Rechner spielen zu können.

Um Verbrauchern den Nachweis zu erleichtern, enthält § 327k BGB eine Beweislastumkehr. Tritt der Mangel innerhalb eines Jahres nach Bereitstellung des digitalen Produkts auf, wird vermutet, dass er von Anfang an vorlag. Der Anbieter muss dann beweisen, dass das Produkt bei Bereitstellung mangelfrei war. Das erleichtert es dem Verbraucher erheblich, seine Rechte durchzusetzen. Diese Regelung ähnelt § 477 BGB zum Verbrauchsgüterkauf im Kaufrecht.

Für die Verjährung der Mängelrechte gilt eine verkürzte Verjährungsfrist von zwei Jahren nach § 327j Abs. 1 S. 1 BGB.

Verbraucher haben bei mangelhaften digitalen Produkten also umfassende Rechte, die von Nachbesserung über Vertragsbeendigung bis hin zu Schadensersatz reichen.

Merke

Mängelrechte, §§ 327i ff. BGB: Ähnelt kaufrechtlicher Gewährleistung gem. §§ 434 ff. BGB

  • Nacherfüllung, §§ 327i Nr. 1, 327l BGB
  • Vertragsbeendigung, §§ 327i Nr. 2 Alt. 1, 327m, 327o BGB
  • Minderung, §§ 327i Nr. 2 Alt. 2, 327n BGB
  • Schadensersatz, §§ 327i Nr. 3 Alt. 1, 280 I BGB
  • Aufwendungsersatz, §§ 327i Nr. 3 Alt. 2, 284 BGB

  • Beweislastumkehr, § 327k BGB: Wenn Mangel innerhalb eines Jahres auftritt, gilt Vermutung der Mangelhaftigkeit bereits zum Zeitpunkt des Bereitstellung; ähnlich wie § 477 BGB
  • Verjährung grds. nach zwei Jahren, § 327j I 1 BGB

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Frage 1/1

A erwirbt eine Software zum Download. Wegen eines Fehlers im Code, lässt sie sich nicht starten. Eine Beschwerdemail des A bleibt unbeantwortet. Welche Rechte stehen ihm zu?

Nacherfüllung.
Vertragsbeendigung und Schadensersatz.
Minderung.
Selbstvornahme der Mängelbeseitigung durch einen Informatiker und Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen.
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