Logo

Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff. BGB

Vertrag zugunsten Dritter VzDEchter Vertrag zugunsten DritterUnechter Vertrag zugunsten DritterGrundverhältnisDeckungsverhältnisZuwendungsverhältnisValutaverhältnis
Aktualisiert vor 13 Tagen

Kann man einen Vertrag so schließen, bei dem die Leistung nicht ein Vertragspartner, sondern ein Dritter fordern darf?

Kann man einen Vertrag so gestalten, dass nicht nur der Vertragspartner, sondern auch ein Dritter die Leistung verlangen kann?

Normalerweise wirken schuldrechtliche Verträge ja nur zwischen den Vertragsparteien, auf Latein sagt man inter partes. Nur die Personen, die den Vertrag geschlossen haben, können Rechte und Pflichten daraus herleiten. Man spricht hier von der Relativität der Schuldverhältnisse.

Allerdings gibt es eine Ausnahme: den Vertrag zugunsten Dritter. Ein Vertrag zugunsten Dritter ist eine Abrede, die besagt, dass der Schuldner nicht oder nicht nur gegenüber seinem Vertragspartner, sondern gegenüber einem Dritten zur Leistung verpflichtet wird.

Merke

Vertrag zugunsten Dritter (VzD): Schuldner hat Leistung ggü. Drittem und nicht gegenüber Vertragspartner (Gläubiger) zu erbringen

  • Relativität der Schuldverhältnisse: Schuldrechtliche Verträge wirken grds. nur inter partes (zwischen den Parteien)
  • Aber durch Abrede ausnahmsweise Vertrag zugunsten Dritter möglich

Was versteht man unter einem echten und einem unechten Vertrag zugunsten Dritter?

Beim Vertrag zugunsten Dritter unterscheidet man zwischen einem echten und einem unechten Vertrag zugunsten Dritter.

Beim echten Vertrag zugunsten Dritter nach den §§ 328 ff. BGB erhält der Dritte einen eigenen Anspruch auf die Leistung. Das bedeutet, dass er selbst die Erfüllung verlangen kann, ohne dass der Vertragspartner ihn dazu ermächtigen muss. Solche Konstellationen finden sich zum Beispiel beim Sparbuch, das zugunsten eines Enkels angelegt wird, oder bei einer Lebensversicherung, bei der die Ehefrau im Todesfall die Versicherungsleistung erhält. Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Mäklerklausel in einem Grundstückskaufvertrag, bei der ein Makler unmittelbar berechtigt wird, seine Provision vom Käufer zu fordern. Ebenso kann bei einem Beherbergungs- oder Reisevertrag die Vereinbarung getroffen werden, dass Mitreisende direkt Ansprüche gegen den Veranstalter oder das Hotel haben.

Beim unechten Vertrag zugunsten Dritter, der gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, hat der Dritte hingegen keinen eigenen Anspruch auf die Leistung. Hier kann der Schuldner zwar mit befreiender Wirkung an den Dritten leisten, aber ausschließlich der Versprechungsempfänger bleibt anspruchsberechtigt. Ein wichtiges praktisches Beispiel ist die verkürzte Lieferung: Wenn ein Zwischenhändler bei einem Großhändler Waren bestellt und diese direkt an seinen Kunden liefern lässt, ist dies ein unechter Vertrag zugunsten Dritter. Der Kunde erhält die Ware, hat aber keinen eigenen Anspruch gegen den Großhändler – nur der Zwischenhändler kann die Lieferung verlangen.

Die Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Vertrag zugunsten Dritter erfolgt nach § 328 Abs. 2 BGB durch Auslegung der Umstände, insbesondere durch die Betrachtung des Vertragszwecks. Zentral ist also, ob der Dritte nach dem Willen der Vertragsparteien selbst einen Anspruch erhalten soll oder nicht.

Merke

Echter und unechter Vertrag zugunsten Dritter

  • Echter Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff. BGB: Eigener Anspruch des Dritten (primärer Erfüllungsanspruch); z.B. Sparbuch zugunsten des Enkels, z.B. Lebensversicherung zugunsten der Ehefrau, z.B. Mäklerklausel in Grundstückskaufvertrag zugunsten des Maklers, z.B. Beherbungs- oder Reisevertrag zugunsten der Mitreisenden
  • Unechter Vertrag zugunsten Dritter, nicht normiert: Versprechender kann mit befreiender Wirkung an Dritten leisten, aber nur Versprechungsempfänger hat Anspruch (Dritter hat keinen eigenen Anspruch); insb. verkürzte Lieferung (z.B. Zwischenhändler kauft bei Großhändler und lässt direkt an Kunden liefern)
  • Abgrenzung durch Auslegung der Umstände, insb. Vertragszweck, § 328 II BGB
Logo -

Lerne Jura kompakt, verlinkt und interaktiv

Zivilrecht, Strafrecht, Öffentliches Recht online lernen
Tausende interaktive Verknüpfungen zwischen den Inhalten für smartes Lernen
Multiple-Choice-Fallfragen zum Anwendungstraining
Persönlicher Lernfortschritt mit Statistik

Wie bezeichnet man die einzelnen Verhältnisse zwischen Versprechendem, Versprechungsempfänger und Drittem? Hängen sie voneinander ab?

Beim Vertrag zugunsten Dritter gemäß den §§ 328 ff. BGB bestehen drei einzelne rechtliche Verhältnisse zwischen den beteiligten Parteien: dem Versprechenden, dem Versprechungsempfänger und dem Dritten. Ein Beispiel ist der Fall, dass ein Vater seiner Tochter 5.000 Euro schenken möchte und dafür bei einer Bank ein Sparbuch auf ihren Namen anlegt. Die Bank verspricht ihm als Versprechungsempfänger, das Geld an seine Tochter als Dritte auszuzahlen.

Zunächst ist da das Grundverhältnis oder Deckungsverhältnis, das zwischen dem Versprechenden und dem Versprechungsempfänger besteht. In unserem Beispiel ist das die Beziehung zwischen der Bank als Schuldnerin und dem Vater als Gläubiger. Durch diesen Vertrag verpflichtet sich die Bank, das Geld an die Tochter auszuzahlen.

Zweitens besteht das Zuwendungsverhältnis oder Valutaverhältnis zwischen dem Versprechungsempfänger und dem Dritten. Das ist die rechtliche Grundlage, aus der sich die Zuwendung an den Dritten ergibt. In unserem Beispiel handelt es sich um den Schenkungsvertrag zwischen Vater und Tochter nach § 516 BGB.

Drittens gibt es das Drittverhältnis oder Vollzugsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Dritten. Dieses Verhältnis ist die Berechtigung des Dritten aus dem Vertrag zugunsten Dritter und begründet ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis mit den Schutzpflichten aus § 241 Abs. 2 BGB.

Die drei Verhältnisse sind grundsätzlich unabhängig voneinander. Das bedeutet, dass das Deckungsverhältnis auch dann bestehen bleibt, wenn das Valutaverhältnis wegfällt. Beispielsweise könnte der Vater seine Schenkung widerrufen, ohne dass die Bank deshalb automatisch von ihrer Verpflichtung der Tochter gegenüber aus dem Vertrag mit dem Vater entbunden wäre. Allerdings können sich Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis auch auf das Vollzugsverhältnis auswirken. Nach § 334 BGB kann die Bank der Tochter dieselben Einwendungen entgegenhalten, die sie auch dem Vater gegenüber hätte. Wenn der Vater etwa die Bank nicht ordnungsgemäß bezahlt hat, könnte sich die Bank weigern, die 5.000 Euro an die Tochter auszuzahlen.

Merke dir: Die drei Verhältnisse sind unabhängig, doch Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis können im Vollzugsverhältnis durchschlagen.

Merke

Einzelne Verhältnisse: z.B. Vater schenkt Tochter Sparbuch und schließt dafür bei einer Bank (Dritte) Sparvertrag zu ihren Gunsten ab; Gegenstand der Schenkung ist Anspruch auf Auszahlung der 5.000€ durch die Bank; die Bank als Schuldnerin (Versprechende) verspricht dem Vater als Gläubiger (Versprechungsempfänger) das Geld an die Tochter (Dritte) auszuzahlen

  • Grundverhältnis / Deckungsverhältnis: Zwischen Versprechendem und Versprechungsempfänger; z.B. hier zwischen Bank und Vater
  • Zuwendungsverhältnis / Valutaverhältnis: Zwischen Versprechungsempfänger und Drittem; z.B. Schenkungsvertrag, § 516 BGB; z.B. hier zwischen Vater und Tochter
  • Drittverhältnis / Vollzugsverhältnis: Zwischen Versprechendem und Drittem; vertragsähnliches Vertrauensverhältnis mit Pflichten aus § 241 II BGB; z.B. hier zwischen Bank und Tochter

  • Verhältnisse unabhängig: z.B. Deckungsverhältnis auch bei Wegfall von Valutaverhältnis
  • Aber Einwendungen aus Deckungsverhältnis können auch im Vollzugsverhältnis geltend gemacht werden, § 334 BGB

Welche besondere Konstellation eines Vertrags zugunsten Dritter ist im Erbrecht relevant?

Ein Vertrag zugunsten Dritter ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der eine Leistung nicht an den Vertragspartner, sondern an einen Dritten erbracht werden soll. Dabei gibt es eine besondere erbrechtliche Konstellation: den Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall nach § 331 BGB. Er wird im Erbrecht näher betrachtet.

Diese besondere Form des Vertrags zugunsten Dritter hat den Zweck, dass eine Leistung erst nach dem Tod des Versprechensempfängers an den Dritten erbracht wird. Das Besondere daran ist, dass der Dritte erst mit dem Tod des Versprechensempfängers das Recht auf die Leistung erwirbt. Der Anspruch auf die Leistung entsteht also erst zu diesem Zeitpunkt und nicht bereits mit Vertragsabschluss.

Ein klassisches Beispiel dafür ist ein Lebensversicherungsvertrag. Der Versicherungsnehmer schließt den Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft ab und bestimmt, dass im Todesfall die Versicherungssumme an eine bestimmte Person, beispielsweise seinen Ehepartner oder sein Kind, ausgezahlt wird. Der Begünstigte erhält das Recht auf die Leistung der Versicherung erst mit dem Eintritt des Todesfalls.

Merk dir: Beim Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall entsteht der Anspruch des Dritten erst mit dem Tod des Versprechensempfängers.

Merke

Besonderheiten bei Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, § 331 BGB

Ist auch das Abschließen eines Vertrags zulasten Dritter möglich?

Kann ein Vertrag nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten eines Dritten abgeschlossen werden? Die Antwort ist klar: Ein sogenannter Vertrag zulasten Dritter ist nicht möglich. Das liegt daran, dass ein solcher Vertrag gegen ein grundlegendes Prinzip des Zivilrechts verstößt – die Privatautonomie.

Privatautonomie bedeutet, dass jeder selbst darüber bestimmen kann, ob und welche vertraglichen Verpflichtungen er eingeht. Wenn nun zwei Personen einen Vertrag schließen würden, durch den ein Dritter ohne dessen Zustimmung belastet wird, würde das seine Privatautonomie verletzen. Deshalb erkennt das BGB einen solchen Vertrag nicht an.

Ein Beispiel verdeutlicht das: Angenommen, A und B schließen einen Vertrag, in dem A verspricht, dass C dem B 1000 Euro zahlen wird. C ist aber gar nicht beteiligt und hat dem nicht zugestimmt. Eine solche Verpflichtung wäre unwirksam, weil C nicht einfach gegen seinen Willen zu einer Leistung gezwungen werden kann.

Kurz gesagt: Ein Vertrag zulasten Dritter ist unwirksam, weil er gegen die Privatautonomie verstößt.

Merke
  • Kein Vertrag zulasten Dritter möglich: Unwirksam, da Verstoß gegen Privatautonomie

Teste dein Wissen

Frage 1/6

Vater V schenkt seiner Tochter T ein Sparbuch und schließt dafür bei Bank B einen Sparvertrag zu ihren Gunsten ab. Welche Aussagen sind richtig?

Es handelt sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter.
Es handelt sich um einen unechten Vertrag zugunsten Dritter.
Es handelt sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.
T ist Vertragspartei.
Logo

Deine Lernplattform für mehr Verständnis im Jurastudium

4.9 von 5 Sternen aus 60+ Google-Bewertungen

Lerne mit weiteren Inhalten aus dem Zivilrecht und zum Thema Schuldrecht Allgemeiner Teil.
Erlebe eine neue Lernerfahrung mit kompakten, verlinkten Inhalten in einer interaktiven Plattform.
Spare wertvolle Zeit
mit kompakten Inhalten im Zivilrecht, Strafrecht & Öffentlichen Recht
Entwickle Systemverständnis
durch interaktive Verlinkungen zwischen allen Themen
Trainiere effizient die Anwendung
mit Multiple-Choice-Fallfragen und Fallbeispielen
Lerne auch unterwegs
mit nahtlosem Wechsel zwischen allen Geräten

Das sagen unsere Nutzer

Die Struktur, das Design und der Inhalt der App sind hervorragend. Während meiner Recherche habe ich viele juristische Seiten besucht und sogar einen Kurs bei Jura Academy absolviert. Ehrlich gesagt gefällt mir deine Seite am besten.

Ziad T.

Jurastudent

Z
Lernkarten
2.000+
Nutzer
1.000+
Übungsfragen
2.800+