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Vertragsstrafe, §§ 339 ff. BGB

Vertragsstrafe
Aktualisiert vor 7 Tagen

Was versteht man unter einer Vertragsstrafe?

Verträge sollen eingehalten werden, das besagt der Vertragstreuegrundsatz. Doch was passiert, wenn eine Partei ihre Verpflichtungen nicht erfüllt? Eine Möglichkeit, die Vertragstreue zu sichern, ist die Vertragsstrafe nach den §§ 339 ff. BGB. Dabei vereinbaren die Parteien, dass im Falle einer Nichterfüllung oder nicht ordnungsgemäßen Erfüllung eine bestimmte Geldsumme gezahlt werden muss. Ein typisches Beispiel ist das erhöhte Beförderungsentgelt von zum Beispiel 60 Euro für Schwarzfahrer im öffentlichen Nahverkehr. Hier sichert die Vertragsstrafe die ordnungsgemäße Zahlung des Fahrpreises ab und stellt eine Sanktion dar, falls jemand ohne gültiges Ticket fährt.

Wichtig ist, dass die Vertragsstrafe akzessorisch ist, wie § 344 BGB festlegt. Das bedeutet, sie ist an das Bestehen der Hauptverbindlichkeit gebunden. Die Strafe kann nur verlangt werden, wenn auch die zugrundeliegende Verpflichtung wirksam ist. Daher wird die Vertragsstrafe auch als „unselbständiges Strafversprechen“ oder „unselbständiges Strafgedinge“ bezeichnet. Erlischt die Hauptverpflichtung, entfällt auch der Anspruch auf die Vertragsstrafe.

Kurz gesagt: Die Vertragsstrafe ist eine vertraglich vereinbarte Sanktion für Pflichtverstöße, die untrennbar mit der Hauptverbindlichkeit verknüpft ist.

Merke

Vertragsstrafe, §§ 339 ff. BGB: Verbindlich zugesagte Geldsumme für den Fall, dass vertragliche Verpflichtungen nicht oder nicht wie geschuldet erfüllt, z.B. „erhöhtes Fahrtentgelt“ von 60€ für Schwarzfahrer im öffentlichen Nah- und Fernverkehr

  • Akzessorietät zu Wirksamkeit der Hauptverbindlichkeit, § 344 BGB: Auch bezeichnet als „unselbständiges Strafversprechen“ / „unselbständiges Strafgedinge“, da Strafe von Verpflichtung abhängt

Wie verhält es sich, wenn eine Strafe vereinbart wird, bzgl. eines Verhaltens, zu dem gar keine vertragliche Verpflichtung besteht?

Von der Vertragsstrafe zu unterscheiden ist das sogenannte selbständige Strafversprechen, auch selbständiges Strafgedinge genannt. Dabei wird eine Strafe vereinbart, die fällig wird, wenn eine bestimmte Handlung vorgenommen oder unterlassen wird – allerdings ohne dass der Verpflichtete überhaupt rechtlich dazu verpflichtet ist, diese Handlung vorzunehmen oder zu unterlassen. Es fehlt also an einer Hauptschuld. Damit handelt es sich nicht um eine Vertragsstrafe im Sinne der §§ 339 ff. BGB. Diese Vorschriften finden auf das selbständige Strafversprechen daher keine Anwendung, mit einer Ausnahme: Nach § 343 Abs. 2 BGB kann eine Herabsetzung der Strafe erfolgen, wenn sie unverhältnismäßig hoch angesetzt ist.

Der Zweck eines solchen Strafversprechens liegt häufig darin, außerrechtliche Versprechen abzusichern, die nicht als echte Verpflichtung durchsetzbar wären. In geschäftlichen oder privaten Absprachen kann dies eine Rolle spielen, wenn jemand sich freiwillig an eine bestimmte Verhaltensweise binden möchte, ohne dass eine eigentliche Leistungspflicht besteht.

Ein Beispiel: Angenommen, jemand verspricht, sein Haus nicht an einen bestimmten Käufer zu verkaufen, obwohl er vertraglich überhaupt nicht dazu verpflichtet ist. Falls er sich dennoch dazu entschließt, den Verkauf vorzunehmen, könnte eine vertraglich vereinbarte Zahlungspflicht greifen. Diese ist dann jedoch kein Fall der Vertragsstrafe nach §§ 339 ff. BGB, sondern ein selbständiges Strafversprechen.

Merke
  • Selbständiges Strafversprechen / selbständiges Strafgedinge, §§ 341 I, 241 I BGB: Strafe muss gezahlt werden, wenn Handlung vorgenommen oder unterlassen wird, ohne dass direkte Verpflichtung zur Vornahme oder Unterlassung, d.h. es fehlt an einer Hauptschuld
    • Keine Vertragsstrafe: Keine Anwendung der §§ 339 ff. BGB (Ausnahme: § 343 II BGB)
    • Sicherung außerrechtlicher Versprechen, zu denen keine rechtliche Verpflichtung besteht

Wozu dienen Vertragsstrafen?

Vertragsstrafen erfüllen zwei wesentliche Funktionen.

Zum einen üben sie Druck auf die Parteien aus, ihre vertraglichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Wer weiß, dass er bei einer Pflichtverletzung eine Vertragsstrafe zahlen muss, wird sich genau überlegen, ob er gegen den Vertrag verstößt. Zum Beispiel Bauverträgen ist das zu sehen: Ein Bauunternehmer verpflichtet sich, ein Gebäude bis zu einem bestimmten Datum fertigzustellen. Wird die Frist überschritten, muss er eine Vertragsstrafe zahlen – das motiviert ihn, den Zeitplan einzuhalten.

Zum anderen ermöglichen Vertragsstrafen dem Gläubiger eine einfachere Kompensation, weil er keinen konkreten Schaden nachweisen muss. Normalerweise müsste bei einem Vertragsverstoß genau dargelegt werden, welcher Schaden entstanden ist und in welcher Höhe. Mit einer Vertragsstrafe wird das umgangen, da die Strafe unabhängig vom tatsächlichen Schaden fällig wird. Der Vorteil: Der geschädigte Vertragspartner muss nicht umständlich beweisen, dass und in welchem Umfang er einen Nachteil erlitten hat.

Vertragsstrafen sorgen also für Druck bei der Vertragserfüllung und ersparen dem Gläubiger den Nachweis eines konkreten Schadens.

Merke

Funktionen

  • Druck ordnungsgemäß zu leisten
  • Schadenskompensation ohne konkreten Schaden nachweisen zu müssen
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