Logo

Vertretung ohne Vertretungsmacht, §§ 177 ff. BGB

Vertreter ohne VertretungsmachtVertreters ohne Vertretungsmacht
Aktualisiert vor 2 Tagen

Was passiert, wenn ein Rechtsgeschäft ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen abgeschlossen wird?

Stell dir vor, jemand schließt im Namen eines anderen ein Geschäft ab, obwohl er dazu eigentlich nicht berechtigt ist. Dann ist er ein Vertreter ohne Vertretungsmacht – auch bezeichnet als falsus procurator oder falsa procuratrix, je nach Geschlecht. Doch was bedeutet das für das Geschäft und die beteiligten Personen?

Zunächst ist das Geschäft mit dem Vertretenen schwebend unwirksam. Wie es weitergeht, hängt davon ab, ob der Vertretene die Handlung nachträglich genehmigt. Diese Genehmigung kann ausdrücklich oder auch konkludent erfolgen, also durch schlüssiges Verhalten. Im Fall der Genehmigung gem. §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB wird das Geschäft rückwirkend wirksam, so als hätte der Vertreter von Anfang an eine gültige Vollmacht besessen. Verweigert der Vertretene jedoch die Genehmigung, bleibt das Geschäft endgültig unwirksam.

Damit der Geschäftsgegner aber nicht schutzlos bleibt, sieht das Gesetz eine eigene Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht vor. Gemäß § 179 Abs. 1 BGB wird er so behandelt, als wäre er selbst der Vertragspartner. Der Geschäftspartner hat dann die Wahl: Entweder kann er vom Vertreter die Erfüllung des Vertrags verlangen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern. Allerdings kann sich der Vertreter auf alle Einwendungen berufen, die auch dem Vertretenen zugestanden hätten.

Ein Beispiel: A verkauft im Namen von B ein Auto an C, obwohl er gar keine Vollmacht von B hat. C vertraut darauf, dass der Vertrag wirksam ist. Falls B das Geschäft später genehmigt, ist alles in Ordnung. Verweigert B jedoch die Genehmigung, ist der Kaufvertrag endgültig unwirksam. C kann sich dann an A wenden und entweder das Auto oder Schadensersatz verlangen.

Interessant ist auch, dass § 179 Abs. 1 BGB analog angewendet werden, wenn jemand ohne Botenmacht als Bote auftritt oder wenn jemand als Vertreter auftritt im Namen einer nicht existenten Person handelt. In solchen Fällen haftet der Handelnde wie ein Vertreter ohne Vertretungsmacht.

Eine Ausnahme gibt es nach § 179 Abs. 3 BGB, wenn der Vertreter ohne Vertretungsmacht selbst gar nicht wusste, dass er keine Vollmacht hatte. Wenn er also gutgläubig war, muss er nicht für die volle Vertragserfüllung einstehen, sondern schuldet nur den Ersatz des Vertrauensschadens wie bei § 122 BGB.

Merke

Vertreter ohne Vertretungsmacht (lat.: „falsus procurator“, „falsa procuratrix“ (weibliche Form)): „Überschreitung des rechtlichen Könnens“ (nicht nur des „rechtlichen Dürfens“ wie beim Missbrauch der Vertretungsmacht)

  • Geschäft mit Vertretenem schwebend unwirksam
    • Bis Genehmigung (auch konkludent möglich), §§ 177 I, 184 I BGB ⇨ Geschäft mit Vertretenem wirksam
    • Oder Verweigerung der Genehmigung ⇨ Geschäft mit Vertretenem endgültig unwirksam
  • Bei Verweigerung der Genehmigung eigene Haftung des Vertreters, § 179 I BGB: Tatsächlich (≠ rechtlich) behandelt wie Vertragspartner
    • Vertreter ohne Vertretungsmacht schuldet Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung: Nach Wahl des Geschäftsgegners
    • Vertreter stehen Einwendungen des Vertretenen zu

    • Analoge Anwendung des § 179 I BGB für Boten ohne Botenmacht und Vertretung einer nicht existenten Person
  • Wenn Vertreter Mangel der Vertretungsmacht nicht kannte schuldet er nur Ersatz des Vertrauensschadens wie bei § 122 BGB

Teste dein Wissen

Frage 1/2

A täuscht dem B vor, er sei IT-Experte, und bekommt von B den Auftrag ihm die Einrichtung eines Computersystems zu besorgen. Als B herausfindet, dass A ihn über seine Qualifikation belogen hat, ficht er die Bevollmächtigung an. Dennoch kauft A im Namen des B einen Computer bei Händler H. B teilt H mit, dass er nicht bezahlen möchte. Welche Aussagen sind richtig?

H kann von A Zahlung verlangen.
H kann von A Schadensersatz verlangen.
H kann von B Zahlung verlangen.
H kann von B Schadensersatz verlangen.
Logo

Deine Lernplattform für mehr Verständnis im Jurastudium

4.9 von 5 Sternen aus 60+ Google-Bewertungen

Lerne mit weiteren Inhalten aus dem Zivilrecht und zum Thema Allgemeiner Teil des BGB.
Erlebe eine neue Lernerfahrung mit kompakten, verlinkten Inhalten in einer interaktiven Plattform.
Spare wertvolle Zeit
mit kompakten Inhalten im Zivilrecht, Strafrecht & Öffentlichen Recht
Entwickle Systemverständnis
durch interaktive Verlinkungen zwischen allen Themen
Trainiere effizient die Anwendung
mit Multiple-Choice-Fallfragen und Fallbeispielen
Lerne auch unterwegs
mit nahtlosem Wechsel zwischen allen Geräten

Das sagen unsere Nutzer

Die Struktur, das Design und der Inhalt der App sind hervorragend. Während meiner Recherche habe ich viele juristische Seiten besucht und sogar einen Kurs bei Jura Academy absolviert. Ehrlich gesagt gefällt mir deine Seite am besten.

Ziad T.

Jurastudent

Z
Lernkarten
2.000+
Nutzer
1.000+
Übungsfragen
2.800+