Neu: Kostenlose Jura Crashkurse!Top Problemfelder in nur 3 Stunden erklärt

Logo

Vorteilsanrechnung, § 242 BGB

VorteilsanrechnungVorteilsausgleichBereicherungsverbot
Aktualisiert vor etwa 2 Monaten

Wie wirkt es sich aus, wenn dem Geschädigten durch das schädigende Ereignis gleichzeitig auch ein Vorteil erwächst? Ist sein Ersatzanspruch dadurch zu mindern?

Die Vorteilsanrechnung, auch Vorteilsausgleich oder Bereicherungsverbot genannt, ist ein Rechtsgrundsatz, der sich aus dem Gebot von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergibt. Normativer Anknüpfungspunkt dafür ist insbesondere auch § 843 Abs. 4 BGB, ein seltener Fall, in dem der Gesetzgeber die Vorteilsanrechnung explizit im Blick hatte. Daraus wird ein allgemeiner Grundsatz hergeleitet: Wenn dem Geschädigten durch das schädigende Ereignis gleichzeitig auch ein Vorteil erwächst, ist dieser Vorteil schadensmindernd anzurechnen.

Stell dir folgende Situation vor: Durch einen Wasserschaden in deiner Mietwohnung werden die Möbel beschädigt. Du musst neue Möbel anschaffen und hast Anspruch auf Ersatz der Kosten. Allerdings waren deine alten Möbel schon ziemlich abgenutzt. Der Vorteil, dass du jetzt neue, hochwertigere Möbel hast, wird dann von deinem Ersatzanspruch abgezogen.

Der Grundsatz der Vorteilsanrechnung soll also eine unzulässige Bereicherung des Geschädigten verhindern.

Merke

Vorteilsanrechnung / Vorteilsausgleich / Bereicherungsverbot, nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB: Aus § 843 IV BGB (seltener Fall, dass Gesetzgeber Vorteilsausgleich im Blick hatte) wird allgemeiner Grundsatz hergeleitet

  • Durch schädigendes Ereignis gleichzeitig entstandener Vorteil schadensmindernd anzurechnen

Unter welchen Voraussetzungen sind Vorteile anzurechnen? In welchen Fällen wäre die Anrechnung unbillig?

Unter welchen Voraussetzungen sind Vorteile, die der Geschädigte im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis erlangt hat, auf seinen Schadensersatzanspruch anzurechnen sind?

Erstens muss eine Kausalität zwischen der Schadensentstehung und dem Vorteil bestehen. Das heißt, der Vorteil muss gerade durch das schädigende Ereignis verursacht worden sein.

Zweitens darf die Anrechnung des Vorteils nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen und muss für den Anspruchsberechtigten zumutbar sein. Die Anrechnung darf also nicht dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes zuwiderlaufen.

In bestimmten Fällen ist die Anrechnung von Vorteilen aus Billigkeitsgründen abzulehnen. Wenn der Geschädigte den Vorteil ohnehin erhalten hätte, wie zum Beispiel eine Erbschaft, die er nur etwas früher vorzeitig erlangt hat, dann ist keine Vorteilsanrechnung vorzunehmen. Auch erkaufte Vorteile wie Versicherungsleistungen, für die der Geschädigte Prämien gezahlt hat, werden nicht angerechnet. Dasselbe gilt für freiwillige Zuwendungen Dritter und überobligatorische Eigenleistungen des Geschädigten, die über seine Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens aus § 254 BGB hinausgehen. In all diesen Fällen wäre eine Vorteilsanrechnung unbillig und daher ausgeschlossen.

Merke

Voraussetzungen

  1. Kausalität zwischen Schadensentstehung und Vorteil
  2. Keine unbillige Entlastung des Schädigers und Zumutbarkeit bei Anspruchsberechtigtem: Anrechnung darf Sinn und Zweck des Schadensersatzes nicht zuwiderlaufen
    • Kein Vorteilsausgleich aus Billigkeitsgründen in folgenden Fällen
      • Geschädigter hätte Vorteil ohnehin erhalten: z.B. Erbschaft vorzeitig erlangt
      • Erkaufte Vorteile: z.B. Versicherungsleistungen
      • Freiwillige Zuwendungen Dritter
      • Überobligatorische Eigenleistungen des Geschädigten über Verpflichtung zur Geringhaltung von Schaden aus § 254 BGB, hinaus

In welchen typischen Fällen findet eine Anrechnung von Vorteilen statt?

Typische Fälle der Vorteilsanrechnung sind etwa die sogenannten "Sowieso-Kosten". Hier werden Kosten angerechnet, die auch ohne das schädigende Ereignis ohnehin angefallen wären. Wird etwa ein altes Gebäude beschädigt, das ohnehin saniert werden sollte, und betragen die Reparaturkosten 70.000 €, während die geplante Sanierung 50.000 € gekostet hätte, sind diese 50.000 € als "Sowieso-Kosten" anzurechnen. Der Schadensersatz beschränkt sich daher auf 20.000 €.

Relevant ist auch der Abzug "neu für alt". Dieser Fall greift, wenn der Geschädigte durch den Schadensersatz eine Sache erhält, die neuwertiger ist als die zuvor beschädigte. Der Schadensersatz ist dann auf die erlittene Einbuße beschränkt. Wenn du also nach einem Verkehrsunfall einen Neuwagen anschaffst, wird der Wertunterschied zu deinem Altfahrzeug vom Schadensersatz abgezogen.

Ein weiteres typisches Beispiel ist die Baukostenüberschreitung. Stell dir vor, ein Architekt wählt entgegen den vertraglichen Vereinbarungen eine höherwertige und teurere Ausführung eines Gebäudes. Die Mehrkosten, die dadurch entstehen, sind der Mehrwert, den du durch die aufwendigere Bauweise erhältst. Der Vorteil, den du durch diese Bauweise hast, wird gegen die Mehrkosten aufgerechnet.

In all diesen Fällen soll der Geschädigte durch die Vorteilsanrechnung nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Das Bereicherungsverbot soll eine übermäßige Kompensation verhindern.

Merke

Fallgruppen des Vorteilsausgleichs

  • Sowieso-Kosten“: Wären auch ohne schädigendes Ereignis entstanden
  • Abzug „neu für alt“: Umfang von Schadensersatz auf erlittene Einbuße beschränkt; z.B. nach Verkehrsunfall Neuwagen angeschafft
  • Baukostenüberschreitung: z.B. Architekt wählt vertragswidrig höherwertige, teurere Ausführung eines Gebäudes
    • Mehrkosten steht Mehrwert entgegen

Teste dein Wissen

Frage 1/1

A verursacht schuldhaft einen Unfall, bei dem das Auto des B vollständig und irreparabel zerstört wird. B ersetzt seinen Gebrauchtwagen daher durch ein Neufahrzeug des gleichen Modells. Worin besteht sein Schaden?

Im Wert eines Gebrauchtwagens.
Im Preis des Neuwagens.
Im Preis des Neuwagens abzüglich des Wertvorteils ggü. dem Gebrauchtwagen.
Im Restwert des zerstörten Fahrzeugs.
Logo

Deine Lernplattform für mehr Verständnis im Jurastudium

4.9 von 5 Sternen aus 60+ Google-Bewertungen

Lerne mit weiteren Inhalten aus dem Zivilrecht und zum Thema Schuldrecht Allgemeiner Teil.
Erlebe eine neue Lernerfahrung mit kompakten, verlinkten Inhalten in einer interaktiven Plattform.
Spare wertvolle Zeit
mit kompakten Inhalten im Zivilrecht, Strafrecht & Öffentlichen Recht
Entwickle Systemverständnis
durch interaktive Verlinkungen zwischen allen Themen
Trainiere effizient die Anwendung
mit Multiple-Choice-Fallfragen und Fallbeispielen
Lerne auch unterwegs
mit nahtlosem Wechsel zwischen allen Geräten

Das sagen unsere Nutzer

Die Struktur, das Design und der Inhalt der App sind hervorragend. Während meiner Recherche habe ich viele juristische Seiten besucht und sogar einen Kurs bei Jura Academy absolviert. Ehrlich gesagt gefällt mir deine Seite am besten.

Ziad T.

Jurastudent

Z
Lernkarten
2.000+
Nutzer
1.000+
Übungsfragen
2.800+