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Wahlfeststellung

WahlfeststellungEchte WahlfeststellungUnechte Wahlfeststellung
Aktualisiert vor 7 Tagen

Was versteht man unter einer Wahlfeststellung und unter welchen Voraussetzungen kann sie vorgenommen werden?

Merke

Wahlfeststellung: Fall, in dem feststeht, dass der Täter eine von zwei Taten verwirklicht hat, aber unklar bleibt, welchen Tatbestand genau (echte Wahlfeststellung) oder durch welche konkrete Handlung  genau (unechte Wahlfeststellung)

  • Voraussetzungen der Wahlfeststellung
    1. Unaufklärbarer Sachverhalt: Unklarer Geschehensablauf; nicht auflösbare Zweifel auch bei Ausschöpfung sämtlicher prozessualer Erkenntnismittel
    2. Aber Täter hat sicher eine von zwei Taten begangen: Bei jedem unterstellten Geschehensablauf ist ein Straftatbestand erfüllt
    • Alternative Kausalität, wenn aufgeklärter Sachverhalt, nach dem mehreren Handlungen jede für sich kausal wären (⇨ alle als kausal behandelt)
  • Die Wahlfeststellung ist eine Ausnahme vom in dubio pro reo-Grundsatz: Bei strikter Anwendung des Grundsatzes müsste Täter wechselseitig für beide Taten freigesprochen werden, das wäre aber unbillig; zur Vermeidung dieser Unbilligkeit wird nach h.M. eine Wahlfeststellung vorgenommen
  • Durch Vornahme einer Wahlfeststellung kann Täter ggf. dennoch bestraft werden für eine der beiden Taten
    • Echte Wahlfeststellung: Verurteilung wahlweise nach dem einen oder dem anderen Tatbestand (Tatbestandsalternativität)
    • Unechte Wahlfeststellung: Verurteilung nach dem einen oder dem anderen Sachverhalt (Tatsachenalternativität)
  • Getrennte Prüfung aller Alternativen unter eigenen Überschriften: z.B. zunächst erster Obersatz („Unterstellt dass Tatsache X wahr ist…“, dann zweiter Obersatz („Unterstellt dass Tatsache Y wahr ist…“)

Wie verhält es sich, wenn feststeht, dass der Täter einen Tatbestand verwirklicht hat, aber unklar ist, welcher?

Merke

Echte Wahlfeststellung / ungleichartige Wahlfeststellung: Tatbestandsalternativität, d.h. nachweisbar alternative Verwirklichung unterschiedlicher Tatbestände

  • Wahldeutige Verurteilung nach einem der beiden Tatbestände falls in Betracht kommende Tatbestände rechtsethisch und psychologisch vergleichbar und gleichwertig sind
  • Bei Stufenverhältnis zwischen den Tatbeständen ist kein Raum für eine echte Wahlfeststellung: Verurteilung nach milderem Tatbestand aufgrund des in dubio pro reo-Grundsatzes
    • z.B. wenn Grundtatbestand und Qualifikation in Betracht: Verurteilung nach Grundtatbestand
    • z.B. wenn Grunddelikt und Privilegierung in Betracht: Verurteilung nach Privilegierung
    • z.B. wenn Vorsatz und Fahrlässigkeit in Betracht: Verurteilung nach Fahrlässigkeitsdelikt
    • z.B. wenn Versuch und Vollendung in Betracht: Verurteilung nach Versuchsdelikt
    • z.B. wenn Täterschaft und Teilnahme in Betracht: Verurteilung nach Teilnahmedelikt
    • z.B. wenn aktives Tun und Unterlassen in Betracht: Verurteilung nach Unterlassungsdelikt
  • Beispiele
    • Beispiel für die Anwendung der echten Wahlfeststellung: Wenn bei Täter gestohlene Ware gefunden wird, aber sich nicht aufklären lässt, ob es sich um Diebesgut handelt, das der Täter selbst gestohlen hat oder um Hehlerware, die der Täter durch Hehlerei erworben hat, kann er wahldeutig entweder wegen Diebstahls oder Hehlerei verurteilt werden
    • Beispiel für die Anwendung des in dubio pro reo-Grundsatzes wegen Stufenverhältnis: Wenn nicht zu ermitteln ist, ob Täter bei der Körperverletzung einen Schlagstock (gefährliches Werkzeug) bei sich geführt hat, so ist er nur wegen Körperverletzung gem. § 223 I StGB und nicht wegen gefährlicher Körperverletzung gem. § 224 I Nr. 2 Alt. 2 StGB zu bestrafen
  • Wahldeutiger Schuldspruch im Urteil erfolgt wegen des einen des anderen Delikts und benennt beide 

Wie verhält es sich, wenn feststeht, dass der Täter einen Tatbestand verwirklicht hat, aber unklar ist, durch welche Handlung genau?

Merke

Unechte Wahlfeststellung / gleichartige Wahlfeststellung: Tatsachenalternativität; nach jedem unterstellten Geschehensablauf gleicher Tatbestand verwirklicht

  • Eindeutige Verurteilung auf wahldeutiger Tatsachengrundlage: Da Täter sicher tatbestandlichen Erfolg herbeigeführt hat (offen nur durch welche Handlung genau), verstößt Strafbarkeit nicht gegen in dubio pro reo-Grundsatz
  • Beispiele: z.B. Täter beschwört in zwei Prozessen jeweils sich widersprechende Aussagen (unklar, hinsichtlich welcher Aussage ein Meineid geleistet wurde); z.B. HIV-Infizierter hat mehrfach ungeschützten Geschlechtsverkehr mit Unwissendem, nicht aufzuklären welcher Akt zur Ansteckung (Körperverletzung) führte
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