- Zivilrecht
- Allgemeiner Teil des BGB
- Anfechtung
Widerrechtliche Drohung als Anfechtungsgrund, § 123 I Alt. 2 BGB
Unter welchen Voraussetzungen ist die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung begründet?
Niemand soll zu einer Willenserklärung gezwungen werden. Deshalb erlaubt § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB die Anfechtung, wenn jemand durch eine widerrechtliche Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bewegt wurde. Eine Drohung liegt vor, wenn jemand ein zukünftiges Übel in Aussicht stellt, also einen Nachteil ankündigt. Dabei muss der Drohende zumindest vorgeben, Einfluss auf den Eintritt dieses Nachteils zu haben. Es reicht also, dass er den Anschein erweckt, das angedrohte Übel herbeiführen oder abwenden zu können. Ein Beispiel wäre, wenn jemand sagt: „Wenn du mir dein Fahrrad nicht schenkst, erzähle ich der Polizei von deiner Steuerhinterziehung.“ Hier wird die negative Folge – die Anzeige – als Druckmittel genutzt, um eine Willenserklärung zu erzwingen.
Entscheidend ist aber nicht nur, dass gedroht wird, sondern dass die Drohung widerrechtlich ist. Eine Drohung ist widerrechtlich, wenn entweder der verfolgte Zweck oder das eingesetzte Mittel verboten oder sittenwidrig ist. Zusätzlich kann auch die Zweck-Mittel-Relation widerrechtlich sein. Das bedeutet, dass auch dann eine widerrechtliche Drohung vorliegt, wenn zwar sowohl der Zweck als auch das Mittel für sich genommen erlaubt sind, die Verbindung zwischen beiden aber als unzulässig anzusehen ist. Das zeigt sich im Beispiel mit der Steuerhinterziehung: Die Anzeige bei der Polizei ist für sich genommen zulässig und auch das Ziel, ein Fahrrad geschenkt zu bekommen, ist nicht von vornherein verboten. Aber beides zu verknüpfen, also die Anzeige nur dann zu unterlassen, wenn das Fahrrad geschenkt wird, ist rechtswidrig und erfüllt den Tatbestand der widerrechtlichen Drohung.
Wichtig ist, dass § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht mit § 138 BGB verwechselt wird. Während § 138 BGB sich mit dem sittenwidrigen Inhalt eines Rechtsgeschäfts befasst, geht es bei § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB um einen sittenwidrigen Weg, auf dem eine Willenserklärung erlangt wurde. Die Vorschrift würde leerlaufen, wenn man hier auf die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB abstellen würde.
Schließlich muss die abgegebene Willenserklärung auch kausal auf der Drohung beruhen, also durch diese veranlasst worden sein. Die bedrohte Person muss sich aufgrund der Drohung zur Erklärung gedrängt gefühlt haben. Es genügt, dass die Bedrohung einen entscheidenden Einfluss auf die Willensbildung hatte.
Präge dir ein: Eine Drohung ist widerrechtlich, wenn entweder ihr Zweck, ihr Mittel oder die Verbindung beider unzulässig ist.
Voraussetzungen einer widerrechtlichen Drohung, § 123 I Alt. 2 BGB
- Drohung: Ankündigung zukünftigen Übels (jeder Nachteil), auf dessen Eintritt Drohender zumindest Einfluss zu haben vorgibt
- Widerrechtlich: Zweck, Mittel oder Zweck-Mittel-Relation verboten oder sittenwidrig; z.B. Drohung Straftat Polizei zu verraten, um Fahrrad geschenkt zu bekommen ist widerrechtliche Zweck-Mittel-Relation obwohl Zweck und Mittel rechtmäßig
- Kein Fall der Sittenwidrigkeit, § 138 BGB: § 138 BGB regelt nur den sittenwidrigen Inhalt, § 123 I Alt. 2 BGB dagegen sittenwidriges Zustandekommen; § 123 I Alt. 2 BGB würde außerdem leerlaufen, wenn das Geschäft schon wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB nichtig wäre
- Kausale Abgabe einer Willenserklärung
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